Grün war die Hoffnung
dünne, schmale Matratze, die er vor zwei Jahren im Kanu den Fluß hinaufgebracht hatte, und ließ sich in den Schlafsack fallen, den er aus den Pelzen von rund hundert Erdhörnchen genäht hatte. Schon nach wenigen Minuten hatte der Ofen die Kälte vertrieben und die leisen Gerüche von Feuchte und Schimmel bezwungen.
Er setzte sich auf die andere Seite des Betts und hielt seine Kaffeetasse mit beiden Händen fest. »Es ist ein gemütlicher Ort«, sagte er, um die Vorteile seines Blockhauses zu preisen, »sogar bei minus fünfzig Grad. Du wirst dich wundern. Ich meine, du würdest dich wundern.«
Sie rekelte sich jetzt wohlig in dem Stapel von Pelzen – Luchs, Fuchs, Wolf –, die er um sie aufgeschichtet hatte. »Das ist ja gut zu wissen«, sagte sie. »Aber mit all diesen Pelzen und diesem wunderschönen Schlafsack – echt gute Näharbeit übrigens, Sess, ich bin beeindruckt – hättest du es ja wohl sogar ohne Ofen warm.«
Er fand, er hätte es sogar noch wärmer, wenn er jemanden mit im Schlafsack hätte, und ehe er sich bremsen konnte, sprach er den Gedanken laut aus. Dann senkte er den Blick.
Ihre erste Reaktion darauf war ein Lachen, fröhlich und musikalisch, ein Lachen, das das Haus anwachsen ließ wie einen Konzertsaal. Er hob die Kaffeetasse an die Lippen, um sie unbeobachtet ansehen zu können. Ihre Miene wurde ernst. Sie drückte sich gegen seinen Körper und griff nach seiner Hand. »Ja, das wäre nett«, sagte sie mit etwas kehliger Stimme. »Aber ich möchte nicht, daß du hier auf falsche Gedanken kommst – was ja leicht passieren könnte, glaube ich, immerhin stand in meiner Anzeige, daß ich einen echten Mann suche und so ...«
Er hielt über das Bett hinweg ihre Hand, Haut auf Haut, alle seine Zellen loderten. Er wußte nichts zu sagen.
»Denn ich bin nicht die Sorte Frau, nicht die Sorte, von der man dauernd hört – oder vielleicht in Zeitschriften liest. Ich bin altmodisch, Sess, und tut mir leid, aber so ist das nun mal. Ich habe siebenundzwanzig Jahre auf den richtigen Mann gewartet, und deshalb glaube ich, daß ich auch noch ein paar Wochen länger warten kann. Bis ich verheiratet bin. Verstehst du das? Ja?«
Er dachte an Jill, die sich das Haar mit einer Schere kurzgeschnitten hatte, bis es ihr vom Kopf abstand wie bei einem Clown, an ihre kurzen, muskulösen Beine, an den Zug der Schwerkraft an ihren Brüsten, wenn sie sich nackt in den Schlafsack schwang, immer nackt, selbst in den kältesten Nächten. Jill. Er dachte an Jill. »Ja«, sagte er. »Sicher.«
Als sie schließlich doch ans Schlafengehen dachten, während die Sonne sich schon wieder am Himmel aufbaute und die Nacht so still wie der Traum eines Toten war, da überließ er ihr seinen Platz im Bett und ging hinaus in das bleiche Morgenlicht, um bei den Hunden sein Zelt aufzuschlagen.
8
Am nächsten Vormittag um halb zwölf saß sie auf der Bettkante, kämmte sich die Haare und sah zu, wie seine Schultermuskeln hüpften, während er sich über den Ofen beugte und ihr ein Frühstück machte. Er trug mehrfach geflickte Jeans und ein Arbeitshemd, das einmal blau gewesen sein mochte, vielleicht auch grün. Sein Haar, schwarz wie das eines Filmstars und dicht wie ein Wolfspelz, stand ab, als hätte er die ganze Nacht daran gehangen. Er war barfuß. Der linke Hemdsärmel hatte einen langen Riß, und von den abgewetzten Manschetten hingen fusselige Fäden. »Elchwurst«, sagte er und warf ihr über die Schulter einen Blick zu, »und dazu Extra-Super-Spezial-Pfannkuchen à la Sess Harder mit gezuckerten Heidelbeeren vom letzten Sommer. Was sagst du dazu?«
Durch die beiden Fenster fiel sanft geschichtetes Licht, und beide Türen waren weit geöffnet für die Sonne und den grellen Dunst. Sie sah seine Bienen, die als goldgelbe Pünktchen in den Birken und Espen vor dem Haus umherschwirrten, und sie konnte den noch unvertrauten Duft des Thirtymile riechen, der sich in den Yukon ergoß und dabei an den Felsen nasse Funken zu schlagen schien. Ihr Haar war eine Plage, besonders wenn sie in der Wildnis war, und eigentlich hatte sie es als Zopf lassen wollen – aber als sie aufgewacht war und sah, wie er am Ofen werkelte, Holz nachlegte und am Abzug herumfummelte, da hatte sie beschlossen, es doch lieber auszukämmen und offen zu lassen, wie eine Kapitulationsflagge. Oder ein Fähnchen der Verlockung. Denn auch sie war schließlich auf Probe hier, da wollte sie ihm zeigen, was sie zu bieten hatte, und zwar nicht nur geistig,
Weitere Kostenlose Bücher