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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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ihre ausführliche Begrüßung hervorgebelfert hatten, hielt Howard eine Ansprache. Sie bestand zu etwa gleichen Teilen aus Enthüllung, aufmunternden Worten und Vertretermasche, und er sah sie kein einziges Mal an, während er sie abspulte, und er spulte sie im Laufe der drei Tage und zwei Nächte, die sie in seiner Gesellschaft verbrachte, noch ziemlich oft ab. Er erzählte ihr von seinem Boot, seinem Flugzeug und seinem Haus, von seiner Goldwäscherlizenz und davon, daß er ein großes Stück Elchfell in die Goldwaschrinne gelegt hatte, in dessen Haaren sich selbst die feinsten Stäubchen fangen ließen, er zeigte ihr ein Mayonnaiseglas voller Goldpartikel im Wert von zweiunddreißigtausend Dollar, forderte sie auf, das Glas hochzuheben, und lachte, als ihr das nur mit Mühe gelang. Er redete während des Abendessens – geschmorter Schwarzbär mit einem Brei aus getrockneten Äpfeln und Pflaumen, dazu Räucherlachs und Bratkartoffeln aus der Pfanne –, er redete, bis sie auf dem Sofa gähnte, und er redete immer noch, als er eine Decke über sie breitete und ihr die Augen zufielen.
    Am Morgen weckte er sie und redete schon wieder, Gerede über seinen Gesundheitszustand – er hatte sich erst vor zwei Jahren das Bein gleich an drei Stellen gebrochen, wußte sie das schon? –, Gerede über seine Hunde, die Eigenheiten und Futtervorlieben jedes einzelnen Tiers, obwohl er ja eigentlich nicht mehr wirklich mit dem Hundeschlitten herumdüste wie Sess Harder und ein paar andere rückständige Typen, denn so ein Schneemobil war doch echt ein Knaller, fand sie das nicht auch? Beim Frühstück ging es dann um seine Mutter in Minneapolis, um alle Autos, die er je besessen hatte, um das boshafte und falsche Gehabe seiner Exfrau Irene, um das Versicherungsgeschäft – zwei Jahre seines Lebens waren den Bach runtergegangen wegen so einer idiotischen Betrügerei von Schwindelprojekt, und ob sie sich etwa vorstellen konnte, daß man allen Ernstes eine Risikolebensversicherung abschließen sollte, also auf den eigenen Tod wetten? –, dann folgte eine stundenlange Tirade gegen die US-Regierung und den Landklau, den sie an der Prudhoe Bay im Namen des schwarzen Goldes angeblich an sämtlichen Bürgern Alaskas vornahm.
    Er war ein Langweiler. Ein langatmiger, ignoranter Dummkopf von Langweiler, aber mit echtem Durchhaltevermögen und mit den Lungen eines Packpferds. Und attraktiv war er auch nicht, jetzt wo sie ihn aus der Nähe betrachten konnte, mit seinen fahrigen rotgefleckten Augen, dem schütteren Haar, das unter der Kappe hervorlugte, und den Händen, die immer auf dem Tisch vor ihm lagen wie gekochte Fleischlappen. Na schön, sie fügte sich in ihr Schicksal, in drei Tage und zwei Nächte voller Langeweile, und bereits nach zwei Stunden am ersten Tag hatte sie begonnen, das Ganze als eine Art Läuterungsritual zu betrachten, eine Geißelung von Fleisch und Geist gleichermaßen, die sie wert machen würde für Sess Harder, der ihr nun wie eine leuchtende Verheißung vor Augen stand. Sie aß, was ihr Howard servierte. Sie sah sich seine Hunde an, seine Schneemobile, sein Wasserflugzeug, sein Boot, sein Proviantlager, seine Räucherkammer. Sie antwortete, wenn er ihr am Ende eines Absatzes eine rhetorische Frage stellte, und sie wehrte seine Avancen ab. »Sex«, begann er nach dem ersten Abendessen, und soweit sie sich erinnern konnte, hatten sie bis kurz davor noch über Zweitaktmotoren gesprochen, »stehst du auf Sex? Ich nämlich schon. Und das vermisse ich hier draußen am allermeisten – sonst nichts, nur Sex.« Er legte eine Pause ein, und seine Blicke flitzten durch den Raum wie Schrotschüsse. »Und ich bin enorm sexuell, wenn du weißt, was ich meine.«
    Am letzten Tag, nicht einmal eine Stunde bevor es daranging, den Fluß zurückzudonnern, damit sie endlich ihr Leben weiterleben konnte, da stand er auf einmal in der Tür des Wohnzimmers, wo sie im Lehnstuhl versunken war und zum x-tenmal in einer alten Ausgabe von Argosy schmökerte und vor allem die kurze Pause vom Klang seiner Stimme genoß. »Pamela«, sagte er mit leisem, kehligem Keuchen, »Pamela, sieh mich an.« Sie blickte auf und sah, daß er nackt war, bis auf die Socken und die speckige Kappe, nackt und erigiert, und er bearbeitete sein Organ wie ein Milchbauer die fleckige Zitze einer Kuh. Der Schock dieses Anblicks ließ sie fast ohnmächtig werden, aber dann sprang sie auf und packte einen Feuerhaken. Sie sagte nichts weiter als: »Steck das Ding

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