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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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verkrochen. Seine Haare erinnerten an gefrorenes Gestrüpp auf einem verlassenen Grundstück. Sein Blick hatte sich ins Leere zurückgezogen. »Das hier tue ich für dich«, sagte er. »Ich hoffe, du weißt das.«
    Dann war Lesters Wagen dran, der sich auf den von Ronnie soeben geräumten Platz vorschob. Dieselbe Gestalt kam aus dem Postenhäuschen, nur hatte sie jetzt ein Regencape übergestreift, und sie – er – zog eine Taschenlampe heraus und leuchtete Lester damit ins Gesicht. Im nächsten Moment rollte der Lastwagen mit eingeschalteten Blinkern weiter, und Norm erreichte das Häuschen genau in dem Moment, als der Mann mit der Taschenlampe den Lincoln auf eine Spur ganz am Rand dirigierte – die Spur zum Durchsuchen und Beschlagnahmen – und Lester, Franklin und Sky Dog aus dem Wagen in den Regen hinauskletterten.
    Aber noch ehe irgendwer sich deshalb sorgen konnte, kam der Bus ruckend zum Stillstand, die Tür öffnete sich mit einem Pfeifen, und ein Mann in gelber Regenjacke stieg die Stufen empor. »Gott zum Gruß«, rief Norm. »Echt lausiges Wetter da draußen, was?«
    Der Mann nickte und sagte etwas mit leiser Stimme zu Norm und Premstar. Von ihrem Platz aus sah ihn Star nur als fahlgelbes Leuchten, wie ein Schimmelpilz im dunklen Keller. Hinter ihr sangen einige »I Want to Hold Your Hand«.
    »Amerikaner«, sagte Norm, und dann klappte Premstar den Mund auf, ihre Stimme trieb zu Star wie eine Haarschuppe auf einer ansonsten keimfreien Brise, um ihm mit »und Amerikanerin« beizupflichten.
    Der Mann im Regenmantel sagte etwas, was Star wieder nicht verstand.
    »Nur auf der Durchreise«, sagte Norm mit dröhnender Stimme. »Wir sind eine Rock-Band. Große Tournee oben in Alaska, die stehen da volles Rohr auf uns – also, nicht daß wir nicht auch gern mal für euch Kanadier spielen würden, aber das muß bis zum nächstenmal warten. Wir sind ausgebucht, verstehst du, was ich meine?«
    Einer nach dem anderen hörten die Leute auf zu singen, weil sie gemerkt hatten, daß vorn irgend etwas los war. Star beugte sich vor. Marco versank in seinem Sitz.
    » Was für eine Band?« rief Norm ungläubig aus. »Du meinst, du kennst uns nicht?«
    Der Mann im Regenmantel schüttelte den Kopf. Jetzt konnte Star sein Gesicht sehen – er grinste. Sie sah seine Zähne aufblitzen, und sein Gesicht war so rot, als hätte er schon die ganze Zeit über die Luft angehalten.
    »O Mann, ich pack das nicht«, sagte Norm, dabei warf er einen Blick den Mittelgang entlang und grinste sie an, »ich pack das einfach nicht. Aber ich geb dir einen Tip«, sagte er. »›Sugar Magnolia‹?, ›Truckin‹?, ›Friend of the Devil‹? Sagt dir alles nichts? O Mann, ich pack das nicht. Na schön, Premstar, dann sag du’s ihm ...«
    Ihr dünnes Flötenstimmchen: »The Grateful Dead.«
    Der Mann in der gelben Jacke grinste immer noch, und jetzt grinste Norm zurück, als wäre es eine Art Wettbewerb. »Du hast doch schon von uns gehört, stimmt’s?«
    »O ja«, sagte der Mann, etwas gedämpft durch den gelben Regenhut, »sicher doch, ja, ich hab von euch gehört.«
    »Also, ich geb dir gern ein Autogramm, Mann. Kein Problem«, sagte Norm, streckte die Hand aus, und der Mann schlug ein.
    Dann sagte er etwas, was Star nicht verstand, worauf Norm sich umdrehte und nach hinten blickte. »Okay, Leute, würdet ihr bitte diesem Herrn hier eine Minute lang eure Aufmerksamkeit widmen? Er möchte nur jeden fragen, ob ihr alle die amerikanische Staatsangehörigkeit habt, ja? Ist das okay?«
    Und nun kam der Mann im Regenmantel den Gang entlang, rotgesichtig und grinsend, und Star sah, daß er schon älter war – graue Haare an den Schläfen –, sogar älter als Norm. Er wollte keinen Ärger. Er wollte gar nichts, außer vielleicht möglichst rasch wieder aus dem Bus raus und zurück in sein Häuschen. »Amerikanischer Staatsbürger?« fragte er. »Amerikanerin?« Jeder sagte dazu ja, und dann fragte er, nur der Abwechslung halber, auch mal: »Geburtsort?«, und die Leute antworteten Buffalo, San Diego, Charleston, Staten Island, Kansas City, Hornell. Sie beobachteten sein Gesicht, als er den Gang entlangkam, und sie beobachteten seine Schultern, als er wieder zurückging. Che und Sunshine schliefen weiter. Auch die Hunde hoben nicht mal die Köpfe.
    Als er die Stufen hinabstieg, gab es verhaltenes nervöses Gelächter, das sich zu einem unbezähmbaren Sturm von Juchzern und Jubelrufen und wieherndem Kreischen steigerte, sobald die Tür zuflappte

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