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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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und ging ihm nach.
    Die Tür des Busses ging ächzend auf, und alle drei – Norm, Marco und Star – kletterten auf die Straße zu Ronnie und Mendocino Bill hinaus, während der Studebaker mit angeschalteten Scheinwerfern in einer Auspuffwolke bullerte. Sanfter Regen spritzte vom Himmel und ließ den Asphalt schimmern.Irgendwer hatte eine Flasche fallen lassen, und Star mußte aufpassen, wo sie hintrat. »Aber was willst du dann tun?« fragte Norm. »Zu Fuß rübergehen? Damit würdest du wohl nicht so sehr auffallen, oder was?«
    »Wenn die mich schnappen, wandere ich in den Knast.«
    »Locker, Mann, niemand wird dich schnappen. Das ist doch bloß Kanada. Ein Haufen Bauerntrottel, stimmt’s, Pan? Hab ich recht, Star?«
    Das Licht des Studebaker warf einen kalten Mondglanz über Marcos Gesicht. Er duckte den Kopf, als hätten ihn die Mounties schon in die Enge getrieben und knallten ihre Peitschen. »Was ist mit Pans Wagen? Im Kofferraum, meine ich.«
    Norm schüttelte sehr langsam den Kopf. Sein Blick hüpfte hinter der geflickten Brille hin und her. »Auf die Weise haben wir uns oft ins Autokino gemogelt. Einmal steckten zwei Freaks und eine Braut hinten drin, und dann hab ich die Haube nicht mehr aufgekriegt.« Er lachte. »Das war echt eine Schau. Ist ’ne ziemlich irre Nacht gewesen damals, das kann ich euch sagen.«
    Ronnie sagte: »Also, ich bin dagegen. Wenn die den Kofferraum aufmachen, dann sitz ich tief in der Scheiße, oder? Wegen Menschenschmuggel, ja?«
    Niemand sagte etwas. Star ergriff Marco am Arm. »Komm jetzt«, sagte sie. »Steigen wir wieder in den Bus. Bringen wir’s hinter uns.«
    »Und außerdem hab ich mein ganzes Dope dahinten drin – unser Dope. Im Ersatzreifen. Und das wäre echt eine Riesenkacke. Ich meine, wenn sie das finden.«
    Lesters Lincoln rollte heran, und kurz danach folgte unter Gedröhn Dale Murray auf seiner Maschine. Plötzlich herrschte ein Höllenlärm von Motoren, und es stank nach Abgasen. Lester kurbelte das Fenster runter. »Und, was jetzt?« fragte er. »Fahren wir rüber, oder wie?«
    »Scheiße, ich erfriere gleich«, sagte Dale Murray. Er war völlig durchnäßt, das Haar klebte an seinem Kopf wie aufgemalt. »Wir müssen unbedingt bald irgendwo anhalten und übernachten oder so, sonst sterbe ich demnächst, verflucht!«
    »Wir überqueren die Grenze getrennt«, sagte Norm, »denn wir wollen ihnen ja nicht gleich eine komplette Hippie-Freakshow präsentieren. Ronnie, du als erster. Dann du, Lester. Und Dale, du kannst rüber, wann du willst, tu nur einfach so, als ob du uns nicht kennst – keiner kennt irgendwen, klar? –, und wenn wir dann auf der anderen Seite sind, probieren wir mal, ob die Maschine irgendwie in den Bus reinpaßt. Wie hört sich das an? Ist das ein Plan?«
    Star war die einzige, die darauf antwortete. »Allerdings«, sagte sie. »Das ist ein Plan.«
    Vor dem Bus erblühte die Nacht in künstlichem Licht, der ferne Schein von Vancouver wirkte wie ein außerirdisches Raumschiff, das auf einem dunklen Weizenfeld gelandet war. Man sah graue Metallbuden mit leuchtenden Fenstern, Gestalten in irgendwelchen Uniformen huschten wie Rollschuhläufer über den glitzernden Asphalt. Ronnies Wagen scherte hinter dem Bus aus und nahm die linke Abfertigungsspur, und alle drückten die Gesichter gegen die Scheibe. Sie sahen zu, wie die Hecklichter des Studebaker hinter einem Vorhang aus Auspuffqualm rot aufblitzten und wie aus dem nächstgelegenen Häuschen eine Gestalt heraustrat. Der Regen prasselte jetzt mit Nachdruck auf das Dach des Busses und ließ zinnfarbene Fontänen auf der Straße und auf den Karosserien der Autos entspringen. Der Zöllner bückte sich kurz und sah in Ronnies Seitenfenster – fünfzehn Sekunden, länger dauerte es nicht –, dann richtete er sich wieder auf, um ihn durchzuwinken. Star sah den Studebaker anfahren und in der Nacht verschwinden.
    Norm stand hinter einem Lastwagen, und der Lastwagen ließ sich Zeit. Niemand wußte so recht, woran es lag, weil der Laster ihnen die Sicht verstellte, aber sie schrummelten munter auf ihren Gitarren, und ein halbes Dutzend Leute sang jetzt ein paar Sachen von den Beatles – zuerst »Rocky Raccoon« und dann »Everybody’s Got Something to Hide Except Me and My Monkey«, in Stars Augen eine wirklich originelle Wahl, wenn nicht Marco gewesen wäre. Armer Marco. Er saß gegen das Fenster gepreßt auf dem Sitz neben ihr und hatte sich in den aufgestellten Kragen seiner Jeansjacke

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