Grün war die Hoffnung
es Zeitverschwendung, ihm ab hier weiter zu folgen. Joe passierte den Fluß bei Stevens Village und flog landeinwärts, um ihn erst bei Boynton wieder zu erreichen, und Pan dachte sich nichts dabei, als der Yukon hinter ihnen verschwand und wieder nichts als die dunklen Hügel zu sehen war – es war der direkte Weg, das schnellste Ticket zum Ofen, zum Schlafsack, zum Elchburger auf einem aufgetauten Brötchen, mit Bratkartoffeln und warmem Kohl dazu. In zwei Tagen würden er und Joe wieder nach Boynton fliegen, für seine Abschiedsparty im Nougat, und danach ging’s nach Hause, zurück nach Peterskill, rechtzeitig zu Weihnachten, und das würde vielleicht was werden: was für Geschichten er da erzählen konnte, und das Wetter wäre phantastisch – er würde im T-Shirt herumlaufen, in Unterhemd und Shorts (»Was, das nennst du kalt , Alter?«). Und die Konzerte, das Fillmore, dieser neue Laden in Portchester, John Mayall, B.B. King, Taj Mahal. Scheiß doch auf Star, Scheiß auf Drop City. Scheiß auf sie alle. Er war leicht weggetreten, zitterte und träumte zugleich. Er nahm noch einen Schluck aus der Flasche – nur weil es gemütlicher war.
Dann aber, ganz allmählich, dämmerte ihm, daß sie nicht geradewegs nach Hause flogen – sie überquerten den Woodchopper Creek, jedenfalls war er ziemlich sicher, daß es der Woodchopper war, und näherten sich im Tiefflug dem Gewirr aus Bächen und zerklüfteten Hügeln des Thirtymile-Einzugsgebiets. Der Vollmond hatte es sich inzwischen am Himmel bequem gemacht, fett und kalt hing er dort, und der Schnee warf sein Licht zurück, bis es heller wurde, als es den ganzen Tag über gewesen war. Auf dem Schnee konnte man alles erkennen: Lichtungen, Sümpfe, sogar Wildwechsel. Joe legte sich in eine Kurve und ging noch tiefer, bis sie keine hundert Meter mehr über dem Boden waren. Er sah aufmerksam auf die Schatten und Konturen hinunter, als würde er etwas suchen.
»Hey, Joe«, rief Ronnie. »Hey, Mann, was ist denn los? Fliegen wir nicht nach Hause?«
Joe drehte die massige Kugel seines Kopfes, um ihn kurz zu mustern, dann sah er wieder aus dem Fenster. »Gib mir mal das Gewehr, ja?« sagte er.
Unwillkürlich, obwohl er fror und sich elend fühlte und alles mögliche dringend brauchte , mußte Pan grinsen. »Willst du ein paar Wölfe umnieten?«
Der Motor trug sie durch die Nacht, dicht über die vorbeizischenden Bäume, die huschenden Hügel und die jähen Hänge. »Leg den Sicherheitshebel zurück und check mal für mich, ob das Ding geladen ist, ja?« rief Joe.
Kein Problem damit , dachte Ronnie. Er dachte: Sicher, wieso nicht? Da unten gab es Wölfe, ein Kopfgeld, oder eigentlich Pfotengeld, in grünen Scheinchen, von der Natur frei Haus geliefert, wie Joe immer sagte. Drei Tage zuvor hatten sie welche gejagt, auf dem Rückweg von Fairbanks, mit der Schnapsladung an Bord – eigentlich hatten sie direkt nach Ambler rauffliegen wollen, aber dann entdeckte Joe unten im Schnee Wolfsfährten und änderte seinen Plan. Sie führten zu einem Beutetier, einem Elch, der wie ein großer Rorschach-Fleck aus blutroten Schleifen und spiralförmigen Hufabdrücken im Schnee lag. Die Wölfe waren über das Tier hergefallen, sechs oder sieben waren es, specksteingrau bis schwarz, gierig fressend, dann flogen die Köpfe herum, um diese dröhnende Bedrohung aus dem Himmel einzuschätzen, und plötzlich rannten sie davon, so daß Joe nur knapp über sie hinwegrasieren konnte und dann in eine enge Kurve ging, um sie aufs Korn zu nehmen. Sobald die Maschine wieder gerade lag und auf die hetzenden dunklen Schemen dort unten zuhielt, rief Joe: »Nimm du mal den Steuerknüppel!«, und Pan hielt das Flugzeug gerade, während Joe sich aus dem Fenster lehnte und zielte.
Der Schnee stob auf, wo er danebentraf, weiße Blüten sprossen in dem weißen Schattenbeet, und Pan sah die Szenerie sehr klar vor sich, obwohl er sich mit aller Macht darauf konzentrierte, das Flugzeug ruhig zu halten. Tack! Tack! Tack! Die Wölfe wogten wie Wasser dahin. Ein langer Moment, und dann fielen sie zurück, während Joe wieder das Steuer übernahm, eine Wende hinlegte und Pan von neuem den Knüppel überließ. Als er sich diesmal hinauslehnte, durch das Zielfernrohr visierte und abdrückte, kippte eine der huschenden Gestalten um wie von einem eisernen Stiefel zertreten, und es war kein Huschen mehr, sondern ein sich am Boden windender Wolf. Sie jagten dem restlichen Rudel nach und erschossen ein gutes Stück
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