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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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obwohl seine Hände sich anfühlten wie in Fängerhandschuhen beim Baseball, würde er es überleben, nicht nur das hier, sondern auch alles andere, was die Kräfte des Bösen ihm in den Weg legen mochten, denn das Streichholz fing Feuer, der Wind hielt den Atem an, und der Haufen vertrockneter Tannennadeln fing an zu glühen und zu knistern und wurde immer gieriger und gieriger. Er zog die Handschuhe über. Zerrte an den Ästen ringsherum und schichtete das Feuer auf, bis es lichterloh brannte. »Joe«, sagte er, »Joe, das Feuer brennt jetzt«, aber Joe antwortete nicht, Joe war eiskalt, Joe war ausgezählt.
    Pan kauerte sich neben dem Feuer nieder und rieb die Hände aneinander. Niemand würde ihnen hier zu Hilfe kommen. Wer immer in diesem Schlitten gewesen war, konnte zwar nicht weit weg sein, aber warum sollten die sich um sie kümmern? Es waren Sess Harder und seine Alte gewesen, keine Frage, außer Joe war vollkommen ausgerastet vorhin, und Sess hätte vermutlich doppelten Eintritt und Zuschlag für einen Logenplatz gezahlt, um Bosky sterben zu sehen. Also war es an ihm, an Pan. Sein Plan bestand darin, bis zum Morgen zu warten, bis der vage Schimmer von Dämmerlicht die Hügel im Süden erhellte – das würde ihm die Richtung zeigen, und dann könnte er sich ostwärts zum Fluß und von dort aus nördlich nach Drop City durchschlagen. Das konnte er schaffen. Er war zäh. Er war jung. Er kannte die Hügel, er kannte den Fluß. Er brauchte nur noch das Feuer ordentlich zu bauen, ein Freudenfeuer, damit Joe, wenn er das Bewußtsein wiedererlangte, falls er das Bewußtsein wiedererlangte, am Leben blieb, bis der irre George und Alfred und Mendocino Bill und die übrigen – zum Beispiel Reba – ihn einsammeln konnten.
    Das war sein Plan. Es war ein einsamer Plan, ein beinharter Plan, aber so würde alles in Ordnung kommen. Das Feuer schlug die Nacht zurück. Die Kälte wandte sich ab und wich in das Dunkel zurück, und wenn er auch seine Füße immer noch nicht spürte, so hatte es doch in den Fingern zu kribbeln begonnen, was ein gutes Zeichen sein mußte. Wenn die Körpertemperatur abfiel, opferte das Blut die Extremitäten und speiste lieber die inneren Organe stärker, um die Maschine am Laufen zu halten, auch nur eine Überlebenstechnik – wo war übrigens dieser Bär jetzt, dem er das Ohr abgeschossen hatte? Im Winterschlaf, so wie die Maulwürfe und alle sonstigen Nagetiere, was eine andere Möglichkeit des Überlebens darstellte. Aber er fühlte seine Finger, und das bedeutete, daß sie keinen Schaden erlitten hatten, jedenfalls nichts Schlimmes – lieber wäre er tot, als so herumzulaufen wie Billy Bartro von seiner Highschool damals, mit drei Fingern an einer Hand und zwei verätzten Stummeln an der anderen, weil er im Keller eine Rohrbombe basteln wollte, und nun konnte er den Rest seines Lebens taubenblaue Golfhandschuhe tragen, wie ein lächerlicher Butler in einem englischen Roman. Nein, er war in Ordnung. Alles war cool.
    In diesem Augenblick fiel ihm die Taschenflasche ein. Er hatte den Rucksack gegen einen Baum gelehnt, ein gutes Stück außerhalb der Reichweite des Feuers – den wollte er nicht auch noch verbrennen sehen –, und jetzt kam er auf die Beine und holte ihn. Einen Schluck oder zwei, genau das brauchte er. Zum Aufwärmen. Um die Nerven zu beruhigen. Er würde nirgendwohin gehen, jedenfalls nicht vor dem nächsten Morgen, und es würde eine lange, kalte, unerträgliche Nacht werden – da konnte er sich ruhig einen antütern. Er holte den Rucksack und ließ sich wieder beim Feuer nieder. Flüchtig dachte er an Joe – vielleicht sollte er versuchen, ihm etwas davon einzuflößen, wie in den Filmen, um ihn eventuell aus seiner Ohnmacht zu holen –, aber zuerst mal mußte er an sich selbst denken. Er hatte wirklich irgend etwas am linken Arm abbekommen, einen Muskel gerissen oder so, und der Schmerz schoß bis hinauf ins Schultergelenk und wieder zurück, als er sich die Flasche gegen die Brust klemmen wollte, um den Verschluß aufzudrehen. Die ganze Sache wirkte reichlich unbeholfen, vor allem mit den Handschuhen, aber er schaffte es – er mußte es schaffen, mußte einfach einen klaren Kopf kriegen hier –, und gleich danach hielt er sich die kalte, gedrehte und versilberte Metallöffnung an die Lippen und nahm einen ordentlichen langen Zug.
    Es war ein Fehler. Und daß es einer war, wußte er im selben Augenblick. Es schnürte ihm die Kehle zusammen, und er krümmte sich nach

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