Grün war die Hoffnung
unabsichtlich versucht, sie zu bestechen oder wenigstens versucht, sich einzuschmeicheln, obwohl das überhaupt nicht der Fall ist. Sie ist lediglich zuvorkommend, sonst nichts, denn alle hier sind in gewisser Weise ihre Gäste, und eine gute Gastgeberin … oder es ist einfach ein Gebot der Höflichkeit …
»Nein, nein, danke«, sagt Toni Walsh und kramt in ihrer Tasche nach … jawohl, nach einer Zigarette. Die sie sich in den Mund steckt und mit windverwehtem Paffen entzündet. Auf den Oberarmen hat sie eine Gänsehaut. Ihre Augen sind gerötet. Die trockenen, gespaltenen Haarspitzen hängen auf ihre Schultern.
Alma lässt verlegen den Arm sinken. Das zurückgewiesene Kleidungsstück bauscht sich im Wind und flattert wie ein Kissenbezug auf der Wäscheleine. »Wenn Sie wollen, können Sie auch zum Besucherzentrum zurückgehen und eine Tasse Kaffee trinken – Wade hat den Grill bestimmt schon in Gang gebracht. Oder Wein, wenn Sie wollen. Wir sind bald wieder zurück.«
Toni Walsh sieht über die Schulter zurück zu dem weißen Monolithen des Leuchtturms, der vor der weiten, schimmernden Fläche des Ozeans aus den Büschen aufragt. Das Licht ist wie gehämmertes Kupfer, das schmale Segel einer Yacht in der Ferne sieht aus wie ein vom Wind verwehter Stoffetzen. Der Rest der Gruppe hat sich wieder in Bewegung gesetzt, Tim geht mit hängenden Schultern voraus und redet immer weiter. »Ja«, sagt Toni Walsh schließlich, spitzt die Lippen, stößt Rauch aus und sieht zu, wie der Wind ihn fortreißt, »das klingt gut. Ich glaube, das werde ich tun.«
Später, als sie die Gruppe eingeholt hat, um Tims Monolog mit eigenen Kommentaren und Bemerkungen zu ergänzen, und die Leute Gelegenheit gehabt haben, die einzigartige Schönheit und Abgeschiedenheit dieser Insel selbst zu erleben, beginnt sie, ihre Funktion zu vergessen, und versucht, dies alles mit den Augen ihrer Gäste zu sehen, als wäre sie zum erstenmal hier. Geologisch unterscheidet sich diese Landschaft überhaupt nicht von der entlang der Küste des Festlands, wo der Highway 1 sich bei Port Hueneme durch die Hügel windet und die mit einem Mantel aus Mädchenauge und Coyotenbusch bedeckten Klippen vor dem Ansturm der Brecher zurückweichen, nur dass es hier keinen Highway gibt, keine Straßen, keine Gebäude, keinen Abfall. Und es ist still, so still, wie die Welt vor der Erfindung des Verbrennungsmotors gewesen sein muss. Meer und Wind bilden den Hintergrund für das Bellen der Seelöwen und die klagenden Schreie der Möwen. Manchmal, wenn sie allein hier draußen ist, kann sie den Puls von etwas Größerem spüren, als wäre alles Belebte im Einklang miteinander, und dann überkommt sie ein so herrliches Gefühl der Verbundenheit, dass sie aus sich selbst, aus ihrem Bewusstsein heraustritt und nichts mehr einen Namen hat, weder in Latein noch in Englisch oder irgendeiner anderen Sprache.
Aber heute ist sie natürlich zu aufgeregt, um an diesen Punkt oder auch nur in seine Nähe zu gelangen. Dennoch wirkt alles frisch und ewig zugleich: Wildblumen blühen, die Aussichten sind unverstellt, die Möwen kooperieren, Eidechsen huschen auf dem Weg dahin, als wollten sie noch einmal besonders darauf hinweisen, dass die Ratten fort sind und alles gut ist. Die Spaziergänger genießen den Ausflug, das ist nicht zu übersehen – persönliche Erfahrung ist mehr wert als tausend Presseerklärungen. War das nicht der Grund, warum sie diesen Job angenommen hat: um der Öffentlichkeit die Besonderheit dieser Inseln und mittelbar auch all der anderen immer kleiner werdenden Zufluchtsorte auf der Welt, die durch ihr Schwinden nur um so kostbarer sind, vor Augen zu führen? Um die Menschen zu begeistern? Sie zu Fürsprechern zu machen? Sie aufzufordern, gegen Grundstücksspekulanten und Stadtentwickler und Leute wie Dave LaJoy zu kämpfen, die es vielleicht gut meinen, oder jedenfalls glauben, es gut zu meinen, deren Handeln letztlich aber einzig und allein von Dummheit und Rachsucht bestimmt wird?
Sie hat ihr Haar gelöst. Der Wind greift hinein und wirft es ihr ins Gesicht, und als sie den Kopf schüttelt, sind alle Gedanken an Dave LaJoy und die anderen selbsternannten Retter und Erlöser verschwunden. Sie schließt die Augen und hebt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Alles ist so vollkommen. Ein vollkommener Tag. Sie fühlt sich wie eine Eroberin, wie eine Königin, wie die erste Chumashfrau, die vor zehntausend Jahren hier an Land gegangen ist. Sie schwebt. Sie ist
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