Grün war die Hoffnung
sich. Doch bei dieser Gelegenheit, nur dieses eine Mal, sagte sie etwas, ganz unvermittelt. Der Aufhänger war, wie Alma später merkte, eine Bemerkung, die Freeman über biologische Kontrolle in geschlossenen Ökosystemen gemacht hatte.
»Ich weiß nicht, warum wir alles töten müssen«, sagte Alicia so leise, dass Alma sie kaum hören konnte, und betrachtete ihre Fingernägel, die zweifarbig lackiert waren, in Aquamarin und Brombeer. Kein Blickkontakt. Blickkontakt wäre konfrontativ gewesen, durchsetzungsfähig, und Alicia war alles andere als das, mehr Gefäß als Inhalt. »Was wäre, wenn wir die Welt sich selbst überlassen würden wie damals, bevor es uns gab – als Gott sie gemacht hat? Wäre das nicht einfacher?«
Alma war verblüfft. Diese junge Frau, diese verschlossene Auster, hatte hier gearbeitet, geatmet und gedacht, ohne irgend etwas aufzunehmen? Nichts? Absolut nichts? Und vielleicht hätte sie einfühlsamer reagieren sollen, instruktiver, mehr wie die Aufklärerin, die sie doch sein sollte, doch es war das Ende des Gesprächs, das Ende von Alicias Versuch, ein themenorientiertes Gespräch zu beginnen, denn Alma sagte nur: »Aber das wäre ja genau falsch! Weil wir schließlich diejenigen sind, die diese Tiere dorthin gebracht haben – die Schafe und Rinder und Schweine auf Santa Cruz und Santa Rosa, die Ratten auf Anacapa, die Katzen und Kaninchen auf Santa Barbara –, und es ist unsere Pflicht –«, und dann begann sie zu dozieren, sie konnte nicht anders, und Alicia sah nicht mehr vom Nest ihrer Hände auf und sagte nie mehr etwas anderes als ja oder nein oder mh-mh.
Jedenfalls, ruft Alma sich abermals ins Gedächtnis, ist das hier eine Party, und sie sollte sich einfach entspannen, wenigstens heute. Sie winkt Toni Walsh und Alicia zu und versucht ein Lächeln, schüttelt ein halbes Dutzend Hände und wirft einen kurzen Blick auf den Tisch. Wade hat – mit Alicias Hilfe – wie üblich gute Arbeit geleistet, und jetzt kann es losgehen. Wunderbar. Alles bestens. Und sollte es ein Detail geben, das sie übersehen hat, irgendein winziges Ding, das sie – da ist sie ganz sicher – vergessen hat, als wäre sie in einem dieser frühmorgendlichen Träume gefangen, in denen sie zum Seminar oder zum Abflug zu spät kommt oder ihre Bluse, ihre Jeans, ihren BH nicht finden kann, dann ist es eben nicht zu ändern. Entschlossen nimmt sie ein leeres Glas vom Tisch, geht von einem Grüppchen zum anderen und ermuntert die Leute, zum Büfett zu gehen. Der Wind treibt den verheißungsvollen Geruch von Grillfleisch herüber, und es gibt nichts Ursprünglicheres, Festlicheres: ein Tier, im Busch erlegt, wird dem Stamm dargeboten. Man bildet eine unregelmäßige Schlange, man nimmt Teller, Besteck und die Pappbecher, auf denen sie bestanden hat, denn Plastik ist das Polymer des Teufels – aber das ist ein anderes Thema, und sie verbannt den Gedanken daran, kaum dass er aufgetaucht ist, aus ihrem Kopf.
Sie wartet, beobachtet und wird immer nervöser, während die Leute sich am Tisch entlangschieben, ihre Teller füllen und in Dreier- oder Vierergrüppchen stehenbleiben, um mit Wade oder einem der anderen zu plaudern, die das Essen austeilen. Sobald auch das letzte Paar (der Bürgermeister und seine Frau, definitiv seine Frau, und wie heißt sie noch? Yolanda?) versorgt ist, packt sie eine tropfnasse, eisgekühlte Flasche Piper Sonoma am Hals, als wäre sie etwas Lebendiges, hebt sie hoch und schlägt mit einem Löffel dagegen, so dass ein scharfes Klirren ertönt. »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten«, sagt sie und dreht sich um sich selbst, damit alle sie ansehen. »Es ist Zeit für den Champagner« – sie grinst und blickt in die Gesichter –, »denn schließlich haben wir etwas zu feiern.«
Wade ist neben ihr, entfernt eilends die Sicherungsdrähte an den Flaschen und lässt einen Korken nach dem anderen knallen. Die Leute strecken ihre Pappbecher aus, während die Flaschen herumgehen. Gelächter erklingt. Witzige Bemerkungen werden gemacht. Freeman kommt, in der einen Hand einen Teller, in der anderen einen Becher, auf sie zu. Die blitzende, insektenhafte Fernsehkamera nähert sich. Alles lächelt. Als die Becher gefüllt sind, spürt sie einen Triumph, eine Bestätigung, so durch und durch befriedigend wie nur irgend etwas, das sie je erfahren hat. Sie hebt ihren Becher, Freeman tut es ihr nach. Für eine herrliche Sekunde hält sie die Hand ausgestreckt, und dann ruft sie, mit einem Grinsen,
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