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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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hatte, war sie kaum imstande gewesen, eine Zwiebel zu schneiden, weil ihre Messer so stumpf gewesen waren – und davor, auf ihrer Tournee, hatten Kellnerinnen ihnen Messer mit Wellenschliff gebracht, damit sie ihre Steaks oder Koteletts oder Rippchen damit schneiden konnten, und sie hatte nie einen Gedanken daran verschwendet, woher die Messer stammten oder wer sie geschliffen hatte. Jetzt war das anders. Jetzt war sie mit Messern, mit ihren Messern, intim vertraut und hatte eins für jeden Zweck: eins zum Schlachten, eins zum Aufbrechen, eins zum Häuten, eins zum Ausbeinen. Und sie sorgte dafür, dass sie so scharf blieben, wie sie es gewesen waren, als man sie gekauft hatte, damals, als in diesem Land noch hochwertiger Kohlenstoffstahl produziert worden war.
    Sie wälzte die Fleischstücke in Mehl, briet sie in Lammfett an, während sie im Ofen grüne Paprika und Chilischoten röstete und mit raschen, präzisen Bewegungen Tomaten, Kohlrüben, Sellerie und Zwiebeln hackte, und bemerkte kaum, dass Francisco wieder hereinkam, um die Frühstücksteller abzuräumen und in die Spüle zu stellen. Sie gab das Gemüse zum Fleisch und zog die Paprika und Chili zum Abkühlen aus dem Ofen. Dann goss sie zwei Liter Carlo Rossi in den Topf und füllte ihn mit Wasser aus der Leitung auf (ja, sie hatten jetzt fließendes Wasser, auch wenn es ein Jahr oder länger gedauert hatte: Eine Dieselpumpe beförderte es aus dem Brunnen in einen Tank auf dem Hang hinter dem Haus, von wo es durch die Schwerkraft durch die Leitungen floss, die Bax auf Ritas Drängen installiert hatte, zusammen mit einem Badeofen, so dass man in den zivilisierenden Genuss einer warmen Dusche kommen konnte). Sie rührte alles mit dem Kochlöffel durch und schlug damit kräftig auf den Rand des Topfes, und dann senkte sich geliebte, ersehnte Stille über den Raum.
    Sie stellte das Radio absichtlich nicht an, denn sie wollte sich nicht von dem Geschehen auf der Wiese ablenken lassen, wo Anise seit Tagesanbruch unter einer von vier in den Boden gesteckten Eukalyptusstöcken gehaltenen Plane saß, Bumper, den kleinen schwarz-weißen Hütehund, zu ihren Füßen und auf dem Schoß ihr Lesebuch. Wenn der Eintopf kochte, würde Rita die Hitze reduzieren, einen zweiten Pullover und die Regenjacke anziehen und sich zu ihrer Tochter setzen. Und darum war es still in der Küche. Die einzigen Geräusche waren das Zischen und Knistern des Herds, das feuchte Reiben von Franciscos Küchentuch, das unregelmäßige Klopfen des Regens am Fenster und das entfernte dünne Blöken der Lämmer.
    Die Männer aßen gern scharf, und sie war ebenfalls auf diesen Geschmack gekommen – sofern genug Rotwein zum Hinunterspülen da war und Brot oder Tortillas, um die Schärfe zu mildern –, und so drehte sie die Kurbel der Pfeffermühle so lange über dem Topf, bis sie langsam bis fünfzig gezählt hatte, bevor sie sich den gerösteten Schoten zuwandte. Sie schnitt die Chili in der Mitte durch und gab sie zum Fleisch, zog den Paprika die Haut ab, schnitt sie in Streifen und fügte diese ebenfalls hinzu. Dann kamen Salbei aus dem Kräutergarten, Paprika, Petersilie, eine Handvoll Lorbeerblätter in den leise köchelnden Eintopf und schließlich fünf gewürfelte Fenchelknollen – das Zeug war so hartnäckig wie Unkraut, wuchs überall, wo die Schafe nicht hinkamen, und verlieh dem Ganzen einen zarten Hauch von Lakritz. Als sie fertig war, nahm sie die verbeulte Aluminiumschüssel mit den ausgelösten Knochen und den Resten des Frühstücks und ging hinaus in den regenverwaschenen Morgen, um die Abfälle auf den Komposthaufen zu werfen.
    Eigenartigerweise schien es draußen wärmer zu sein als im Haus. Die Wolken tauchten wie dunkle Fäuste über den Bergen im Süden auf, vollgesogen mit tropischer Feuchtigkeit. Unter ihren Füßen wuchs neues, nass schimmerndes Gras. Die Erde war lange kahl und verbrannt gewesen und stieß jetzt flache, dichte, farblose Dampfwolken aus, so dass es aussah, als hätte sie bis eben die Luft angehalten. Sie spürte den Regen als kalte Nadelstiche auf dem Gesicht, der Kopfhaut und ihrer rechten Hand, die aus dem umgekrempelten Ärmel des Wollpullovers ragte und die Abfallschüssel hielt, und wenn diese Hand ihr seltsam und wie die einer anderen erschien, hart und rauh und zuwenig an den Hals einer Gitarre gewöhnt, dann war es eben so und würde auch so bleiben, denn sie war jetzt die Frau von der Schaffarm, und sie war stolz darauf.
    Es hatte eine Zeit

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