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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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gut.«
    »Hast du den Artikel gekriegt, den ich dir geschickt hab? Aus der Sun ?« Ihre Mutter beugte sich vertraulich vor. Sie hatte ihr Essen noch nicht angerührt – das war ihr Muster: reden, trinken, noch ein bisschen mehr reden und das Essen kalt werden lassen. Die Wurst, die sie an die innere Rundung des Tellers gelegt hatte, war säuberlich in sechs oder sieben Stücke geschnitten, doch keins davon war in ihren Mund gewandert.
    Mit einemmal war ihr Kopf leer. Artikel? Was für ein Artikel?
    »Den über die Proteste? Auf dem Foto war euer Gebäude zu sehen, auch das Fenster von deinem Büro im ersten Stock, und im Vordergrund waren … na ja, Demonstranten eben, mit Schildern und so.« Ihre Mutter sah kurz zu Ed und dann wieder zu ihr. »Dein Name wurde drei- oder viermal erwähnt. War es viermal, Ed?«
    Ed nickte unbestimmt. Er war mit den Gedanken ganz woanders, und seine Frage Wie läuft’s denn dort so? war nichts als der Versuch gewesen, höflich zu sein. Er hatte an der Schule ihrer Mutter Sport unterrichtet, und die beiden hatten erst geheiratet, als Alma bereits Doktorandin gewesen war. Er kannte sie kaum, und Tim kannte er noch weniger – die beiden waren einander ein- oder zweimal begegnet, als Ed in Gesellschaft ihrer Mutter eine seiner seltenen Reisen an die Küste gemacht hatte. Er mochte Sport. Redete gern über diese oder jene Mannschaft und zitierte Sportstatistiken. Von Vogelpopulationen, Ökologie, der Zerstörung der Inseln und den Inseln selbst wusste er so gut wie nichts, und das wenige, was er wusste, war unbestimmt und berührte ihn ebensowenig wie die Vorgänge im ehemaligen Jugoslawien oder bei den Dayaks in Borneo. Sie warf ihm das nicht vor. Er war wie alle, er lebte in der Welt der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Fernsehens und des Vergessens.
    Der Ton ihrer Mutter war vorwurfsvoll. »Ich hab deinen Namen mit dem Stift eingekreist. In Blau. Mit dem blauen Stift, den ich immer für die Kreuzworträtsel nehme, das weiß ich noch genau. Und sag nicht, ich hätte ihn nicht abgeschickt – so vertrottelt bin ich noch nicht.«
    »Nein, du hast ihn abgeschickt, Mom, vielen Dank. Er liegt irgendwo herum, wahrscheinlich im Büro – ich versuche, für jedes Projekt eine Akte anzulegen mit Reaktionen der Öffentlichkeit und so weiter, damit man später darauf zurückgreifen kann. Nicht dass sich irgend jemand wirklich dafür interessieren würde.«
    In diesem Moment überkam sie ein vertrautes Gefühl der Angst, das Gefühl, dass die Dinge außer Kontrolle geraten waren und dass es eine bestimmte Aufgabe gab, die abgeschlossen werden musste, damit alles wieder in Ordnung war, nur dass sie nicht genau sagen konnte, nicht mehr genau wusste, worin diese Aufgabe eigentlich bestand. Tatsache war, dass AP die Story über die Proteste vor dem Gebäude des National Park Service aufgegriffen und jede Tierschutzgruppe im Land sich begierig darauf gestürzt hatte. Dave LaJoy – sein Freispruch lag inzwischen zwei Jahre zurück, und noch immer trug er den Triumph vor sich her wie eine Brust voller Orden – führte die Demonstration aus dreißig oder vierzig Teilnehmern an; es waren hauptsächlich Studenten vom City College und der UCSB, die in einem großen Kreis marschierten und Parolen skandierten. Seit einem Monat ging das nun schon so, und sie parkte ihren Wagen inzwischen am anderen Ende des Hafens, wo die Restaurants und Souvenirläden waren, um dem Geschrei zu entgehen, das sie veranstalteten, wenn sie in Tims Prius auf den Parkplatz vor dem Büro fuhr.
    Morgen, zum Frühstück, würde sie sich in einem dieser Restaurants – dem Docksider – mit Frazier Carter von den Island Healers, Annabelle Yuell, die bei Nature Conservancy die Öffentlichkeitsarbeit machte, und Freeman treffen, und zwar um den Demonstranten aus dem Weg zu gehen und ungestört die Fortführung von Phase III des Wildschweinprojekts diskutieren zu können. Bei Omeletts. Und Caffè Latte. Und sehr süßem thailändischem Gewürztee. Mit einem Blick, der über die Masten der Boote hinausging, dorthin, wo der Ozean sich weitete und die Wellen dahinrollten bis nach Santa Cruz, wo Tim keine Alken beringte oder Nestlinge zählte, sondern Adler fing, Steinadler, die zurück aufs Festland gebracht werden sollten.
    Ihre Mutter sagte etwas, und es war, als wäre sie gerade erst aufgewacht. »Tut mir leid, Mom. Danke. Das meine ich wirklich. Danke, dass du an mich denkst. Es ist nur so, dass diese ganze Sache, dieses Projekt …

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