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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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so, dass auch Ed ihn sehen konnte, und rief das Foto eines jungen Steinadlers auf, der stolz in seinem Horst saß. Darunter lagen die Überreste von zwanzig Zwergfüchsen; einige der Kadaver trugen noch die Halsbänder. »Das war unser Beweis. Wir sind den Signalen gefolgt, und das haben wir gefunden.«
    Also mussten die Adler gefangen und entfernt werden. Keine leichte Aufgabe. Anfangs versuchten sie, Netze aus Hubschraubern auf fliegende Adler zu werfen, aber das war, als wollte man auf einer Achterbahn Schmetterlinge fangen, und außerdem stellte sich, selbst wenn sie erfolgreich waren, das Problem, wie die Adler den Sturz überleben sollten. Tim hatte die Idee, die Tiere mit Aas anzulocken und Fallen zu stellen, die ein Netz auswarfen, und das funktionierte bis zu einem gewissen Grad. In der Zwischenzeit fingen die Biologen so viele Füchse wie möglich und starteten ein Zuchtprogramm, aus dem bislang fünfundachtzig Jungfüchse hervorgegangen waren. Diese würden ausgesetzt werden, sobald die Steinadler verschwunden und Weißkopfseeadler in einer für eine Brutkolonie ausreichenden Anzahl aus Alaska herbeigebracht worden waren. Man hoffte, dass die Seeadler die Steinadler in Schach halten würden und diese keinen Anreiz mehr hätten, auf der Insel zu brüten, wenn die Schweine erst ausgerottet wären.
    Die Frage, die an dieser Stelle jeder stellte, die Frage, die Dave LaJoy unablässig und bei jeder Gelegenheit stellte, in der Presse oder auf dem Parkplatz, die Frage, die auch ihre Mutter bewegte, lautete: »Warum könnt ihr die Schweine nicht lebend fangen? Und sie dann, ich weiß nicht, an irgendwelche Bauern verschenken? Oder schlachten? Denk doch mal an all die hungrigen Menschen auf der Welt.«
    »Glaub mir«, sagte sie, »das würden wir, wenn wir könnten. Aber es gibt keine Bundesbehörde, die das zulassen würde. Es wäre einfach zu gefährlich.«
    Tatsache war, dass es sich bei diesen Schweinen – den Inselschweinen von Santa Cruz – um eine diskrete Population handelte, die hundertfünfzig Jahre lang keinerlei Kontakt mit anderen Populationen gehabt hatte und daher als Überträger von Leptospirose, Maul- und Klauenseuche sowie Mutationen gewöhnlicher Bakterien und Viren in Frage kam, die die amerikanische Schweineindustrie verseuchen würden, bis sie zuckend im Matsch lag. Es blieb also gar nichts anderes übrig, als sie zu töten. Mit zwei Kugeln, die erste ins Herz, die zweite in den Kopf, nach den Richtlinien des amerikanischen Tierärzteverbandes. Ein schneller, sauberer Tod. So rasch und endgültig wie das Schicksal. Und die Kadaver? All das Fleisch verwilderter Schweine? Die Kadaver würde man liegenlassen, für die Raben und zur Anreicherung des Bodens.
    »Die Sache ist«, sagt Frazier und wischt sich ein Stück Ei mit Sauce hollandaise aus dem Mundwinkel, »bei der Schweinejagd erwischt man gleich beim erstenmal neunzig Prozent, aber die restlichen zehn Prozent machen einem echte Probleme. Und man kann nicht riskieren, auch nur ein einziges Exemplar übrigzulassen, denn das könnte eine trächtige Bache sein, und dann geht alles wieder von vorn los.«
    Die Haferflocken liegen ihr wie ein Stein im Magen. Sie hat sich das Falsche bestellt, eindeutig das Falsche. Plötzlich steht ihre Speiseröhre in Flammen – zuviel Kaffee, zuviel Anspannung, ihre Mutter, das Eichhörnchen, der Verkehr auf dem Weg hierher –, und sie muss sich aufrichten und starr und kerzengerade dasitzen, bis das Brennen vorübergeht. Bekommt sie jetzt ein Magengeschwür?
    »Die Hubschrauberaktion startet … nächste Woche? Ist das der angepeilte Termin?« fragt Freeman und beugt sich vor, die Grapefruitschale neben dem einen, den Kaffeebecher neben dem anderen Ellbogen. Der Stift in seiner Brusttasche hat das hellblaue Hemd mit einem dunkelblauen Rohrschachfleck versehen, und die silbernen Spitzen seines Bolo Tie sind angelaufen oder ebenfalls mit Tinte verschmiert. Er hängt der Meinung an, der Parkdirektor müsse ein Mann der Tat sein, wie der legendäre Bill Ehorn, der damals nach San Miguel geflogen ist, um persönlich die letzte trächtige Eselin zu erschießen und somit der eingeschleppten Eselspopulation ein Ende zu machen, und Alma weiß, dass er auf eine Einladung spekuliert.
    Frazier nickt freundlich. »Soweit wir es sagen können. In ebenem Gelände haben wir bereits große Fortschritte gemacht, aber wir müssen auf die Hügel und uns von oben hinunterarbeiten. Und dazu muss man sagen: Man schießt nur,

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