Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
haben Schilder aufgestellt und Pressemitteilungen herausgegeben, dass die gesamte Insel, nicht nur der Teil, der Nature Conservancy gehört, für die Dauer der Jagd gesperrt ist. Wir erklären das als Maßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit, verbunden mit dem Versprechen, dass der Zeltplatz in Scorpion wieder geöffnet wird, sobald Zone 1 erledigt ist.«
    »So bald wie möglich«, wirft Alma ein und blickt in die Runde. »Wir wollen den Leuten nicht noch mehr Grund zum Meckern geben.«
    »Ach?« Frazier sieht sie mit seinem sardonischen Grinsen an. »Die Leute meckern? Hatte ich noch gar nicht mitgekriegt.«
    »Ich kann’s ihnen nicht verdenken«, sagt Annabelle, zu ihm gewandt.
    »Ich schon«, erwidert Alma.
    »Weil sie nicht gern mit Gewalt konfrontiert sind – genau wie ich, genau wie wir. Leben ist heilig, das glaube ich auch. Und trotzdem –«
    »Und trotzdem kapieren sie’s nicht, ganz gleich, wie oft man es ihnen erklärt« – Almas Stimme wird heller –, »und zwar weil sie es nicht kapieren wollen . Logik bedeutet diesen Menschen gar nichts. Langfristige Zielsetzungen. Die Meinung von Experten.« Sie spürt das Koffein, das sie beinahe zittern, zuviel reden und andere Leute unterbrechen lässt – sie braucht etwas im Magen, sie braucht ihre Haferflocken mit fettarmer Milch. »Aber das haben wir ja alles schon besprochen, und es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als es mit lächelndem Gesicht zu ertragen. Zum Wohl des Ganzen. Zum Wohl der Füchse.«
    »Oder es mit erträglichem Gesicht zu belächeln«, sagt Freeman lahm.
    »Wenigstens sind die Gerichte auf unserer Seite.« Alma spürt, wie ihr Lächeln aufblüht und wieder erstirbt. Sie greift nach dem Kaffeebecher, besinnt sich und legt die Hände in den Schoß.
    »Im Augenblick«, sagt Annabelle. »Aber darauf ist kein Verlass. Jedesmal wenn einer dieser Verrückten eine gerichtliche Verfügung beantragt, zittere ich bei dem Gedanken, wir könnten an einen Richter geraten, der es ebenfalls nicht kapiert.«
    »Amen«, sagt Alma. »Ich auch. Ich kann manchmal nicht einschlafen, wenn ich daran denke, was passieren würde, wenn sie uns jetzt stoppen, wo wir die Mittel investiert haben und es für die Füchse vielleicht bloß auf ein paar Wochen oder auch nur Tage ankommt. Ich meine« – wieder sieht sie in die Runde, ganz im Griff ihrer Emotionen, so angespannt, dass sie den Aus-Schalter nicht findet –, »die haben Geld im Rücken. Habt ihr euch mal die Website angesehen? Den Ticker, der zeigt, wieviel die Leute spenden? Und die örtlichen Zeitungen? Die Kommentare? Sie manipulieren die Öffentlichkeit. Es ist zynisch. Es ist dumm. Aber es funktioniert. Ich meine, dieses Schwein in der Zielscheibe?«
    Schweigen, als wäre das alles nicht zu ertragen, besonders nicht um halb neun an einem herrlichen Morgen, da die Sonne das Meer bescheint und die Braunpelikane – kurz vor dem Aussterben gerettet, weil die Menschen endlich gemerkt haben, dass DDT nicht gerade ein Vitamin ist – tief über dem Wasser herangleiten, um über den Zustand der örtlichen Anchovisbestände zu berichten. Dies ist kein Morgen für Ängste oder Zweifel – es ist ein Morgen zum Feiern, ein Morgen für Eier Benedict und Kuchen, für Entschlossenheit und konzertierte Aktion.
    »Dieser LaJoy«, sagt Frazier schließlich und sieht von dem Nest seiner gefalteten Hände auf, »muss der eigentlich auch mal arbeiten oder so? Der Mann scheint eine Menge Zeit zu haben. Herrgott, ich hab das Gefühl, jedesmal, wenn ich hierherkomme, marschiert er mit seinem blöden Schild da auf dem Parkplatz herum. Und ich kann euch sagen, diese bescheuerten Sprechchöre – ›Nazi‹ und ›Tiermörder‹ und so weiter – gehen mir richtig auf die Nerven.« Er hält inne, klopft sich die Brusttaschen ab und zieht tatsächlich eine Schachtel Zigaretten – Camel – hervor, besinnt sich aber. »Hätte ich fast vergessen: Rauchverbot an öffentlichen Orten in diesem wunderschönen Staat. Ich wollte nur sagen, vielleicht hätte zu Phase I gehören sollen ›Dave LaJoy ausschalten‹.« Er hebt den linken Arm, kneift ein Auge zu und betätigt mit der rechten Hand einen imaginären Abzug. »Peng!«
    »Die Munition würde ich bezahlen«, sagt Freeman.
    »Nicht dass ich gewalttätig veranlagt wäre oder so, aber manchmal müssen gewisse Spezies – oder einzelne Exemplare dieser Spezies – zum Wohl des Ganzen eliminiert werden, stimmt’s, Alma? Euthanasie. Das ist ein Wort, das mir gefällt.

Weitere Kostenlose Bücher