Grün war die Hoffnung
Sex, wie sie beide waren, gingen sie sofort miteinander ins Bett. Er sagte ihr, er liebe sie, aber dennoch öffnete er sich nicht ganz, und am nächsten Tag war er wieder fort. Sie sprachen darüber, immer und immer wieder, Auge in Auge oder am Telefon. Ihr Standpunkt war, dass sie das Kind bekommen würde, ob es ihm nun gefiel oder nicht, und sein Standpunkt war, dass er sich nicht einsperren und schon gar nicht vor irgendein Ultimatum stellen lassen würde. Schließlich überredete er sie, zur Familienberatung zu gehen – Sieben Milliarden Menschen , sagte er, sieben Milliarden –, und er begleitete sie und sprach ebenfalls mit der Beraterin und wollte Alma dazu bringen, einen Termin für einen Abbruch zu vereinbaren. Sie verstand ihn – sie gab ihm recht –, aber ihr Körper weigerte sich. Der November kroch dahin. Tim wohnte bei einem Freund in der Stadtmitte. Alle paar Tage war er da, wenn sie von der Arbeit nach Hause kam, und sie schliefen aus lauter Verzweiflung miteinander, aber es war traurig und einsam und mechanisch, und beide öffneten sich nicht, sondern waren voller Zorn und Groll, im Widerstreit miteinander, bis er schließlich verkündete, er gehe auf die Farallon-Inseln, und sie müsse das, was sie zu tun hatte, allein tun.
Und jetzt ist es Februar, morgens ist ihr übel, und mit jedem Tag verändert sich ihr Körper, um den Fötus zu versorgen, der in ihm wächst, aber niemand in der Arbeit weiß davon. Seit Beginn des Jahres ist sie dreimal auf der Insel gewesen, zweimal mit Annabelle und einmal mit Fred Sampson, dem Biologen von der UCSB, der das Zuchtprogramm für die Füchse überwacht, und wenn sie am Heck des Bootes gestanden und ihr Frühstück über die Reling gekotzt hat, dann war das nichts Ungewöhnliches, denn um diese Jahreszeit ist der Kanal, wie jeder weiß, besonders rauh. Die gute Nachricht ist, dass die Füchse gedeihen. Die ersten sechs Paare, 2002 gefangen, hatten fünf Junge, von denen drei in freier Wildbahn ausgesetzt wurden und prompt den Steinadlern zum Opfer fielen. Später im Jahr fingen sie drei weitere Paare, so dass sie, zusammen mit den beiden Jungtieren und den ursprünglichen sechs Paaren, insgesamt zehn Zuchtpaare hatten. Daraus sind bis jetzt, vier Jahre später, fünfundachtzig Nachkommen hervorgegangen – angesichts des reichlichen Nahrungsangebots aus handverlesenen Beeren, frisch gefangenen Mäusen und Wachteleiern sowie der Tatsache, dass sich keine geflügelten, klauenbewehrten Tiere vom Himmel auf sie stürzen können, haben sie sich tüchtig vermehrt. Da die Steinadler, jedenfalls die meisten, fort und die Weißkopfseeadler wieder angesiedelt sind, sieht es so aus, als könnten die Füchse im kommenden Frühjahr freigelassen werden. Und was die Schweine betrifft, so arbeiten sich Frazier und seine zwölf Jäger mit ihrer Meute aus zwei Dutzend eifrigen, aufgeregt hechelnden Hunden systematisch durch jede der fünf Zonen und sind dem Zeitplan weit voraus.
Der Valentinstag fällt auf einen Dienstag. Sie feiert ihn allein, mit einem mitgebrachten chinesischen Essen und einem Laptop voller Arbeit für den Abend, und sie denkt nicht an Tim, überhaupt nicht, auch nicht, als um zehn nach neun das Telefon klingelt und sie vom Sofa aufspringt, um beim zweiten Läuten den Hörer abzunehmen, nur um die Stimme ihrer Mutter zu hören, die sich erkundigt, ob sie immer noch Probleme mit dem Magen hat. Am Freitag macht sie früher als sonst Feierabend, wegen der monatlichen Untersuchung durch Dr. Chandrasoma (»Keine Sorge, alles normal«), und am Morgen darauf fährt sie bei Sonnenaufgang unter einem Skelett von Wolken und einer tiefstehenden, zweifelhaften Sonne nach Ventura und zu dem Boot, das sie zur Insel bringt, wo sie drei Tage lang die Zäune kontrollieren und Frazier auf der Jagd begleiten wird. Als Beobachterin, nur als Beobachterin. Um ein Gefühl für die Situation zu bekommen, den Fortgang zu überprüfen und zu sehen, was es bedeutet, jemand anders dafür zu bezahlen, dass er den Abzug drückt.
Es ist einer jener Tage, an denen das Wetter sich zum Guten oder Schlechten entwickeln kann. Sie war vor dem Zeitungsjungen auf und zur Tür hinaus, und so hat sie die Wettervorhersage nicht gelesen – aber das macht nichts, denn sie wird zur Insel fahren, ganz gleich, ob Regen in dichten Schwaden niedergeht oder die Sonne am Himmel steht, als wäre sie wieder an ihrem Strand auf Guam. Bis jetzt hat sie sich noch nicht übergeben, was ein gutes Zeichen ist,
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