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Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sah. Es waren doch noch Pferde da – und dieser hier war prachtvoll.
    Das Tier legte die Ohren an, als Hoyt die Tür zur Box öffnete. Aber er hielt beide Hände hoch und murmelte beruhigende Worte auf Irisch.
    Das Pferd trat aus und schnaubte warnend.
    »Das ist schon in Ordnung. Ich kann dir keinen Vorwurf machen, dass du bei einem Fremden vorsichtig bist. Aber ich will dich doch nur bewundern. Hier, riech mal an mir, und dann wollen wir mal sehen, was du so denkst. Hey, ich habe gesagt, riechen, nicht beißen.« Gerade noch rechtzeitig zog Hoyt schmunzelnd die Hand zurück, als das Pferd zuschnappen wollte.
    Geduldig redete er leise weiter auf den Hengst ein, der schnaubend und stampfend vor ihm zurückwich. Schließlich beschloss Hoyt, es mit Bestechung zu versuchen. Er ergriff einen Apfel, und als er Interesse in den Augen des Pferdes aufglimmen sah, biss er herzhaft hinein. »Hmm, köstlich. Möchtest du auch einmal versuchen?«
    Der Hengst kam einen Schritt auf ihn zu, nahm den Apfel aus der Handfläche, und während er ihn kaute, ließ er zu gnädig zu, dass Hoyt ihn streichelte.
    »Ich habe ein Pferd zurückgelassen, eine feine Stute, die ich acht Jahre lang hatte. Sie hieß Aster, denn sie hatte eine sternenförmige Blesse, genau hier.« Er fuhr mit zwei Fingern über die Stirn des Hengstes. »Sie fehlt mir. Alles fehlt mir. Trotz aller Wunder der Welt ist es schwer, das, was man kennt, zurückzulassen.«
    Er verließ den Stall und schloss die Tür hinter sich. Der Regen hatte aufgehört, und er hörte das Murmeln des Flusses. Ob es wohl noch Feen im Wald gab, fragte er sich. Aber sein Verstand war zu müde, um nach ihnen zu suchen. Und im Herzen war er zu müde, um den einsamen Gang zu den Gräbern seiner Familie anzutreten.
    Er ging zurück ins Haus, ergriff seinen Koffer und ging die Wendeltreppe zum Turm hinauf.
    Dort versperrte ihm eine schwere Tür voller Symbole und Zaubersprüche den Weg.
    Hoyt fuhr mit den Fingerspitzen über die eingeritzten Worte und spürte die Wärme und das Summen, das von ihnen ausging. Wer immer das getan hatte, hatte eine gewisse Macht besessen.
    Nun, er würde sich nicht aus seinem eigenen Arbeitsraum aussperren lassen. Verärgert machte er sich daran, den Schließzauber zu brechen. Das war sein Haus, und es war noch nie vorgekommen, dass seine eigene Tür verschlossen gewesen war.
    »Öffnet euch, Schlösser«, befahl er. »Es ist mein Recht, hier einzutreten. Und es ist mein Wille, der diesen Zauber bricht.«
    Ein Windstoß ließ die Tür auffliegen. Hoyt trat ein, und die Tür fiel hinter ihm wieder ins Schloss.
    Das Zimmer war leer. Überall waren Staub und Spinnweben, und es war kalt. Es roch muffig, als wäre der Raum lange nicht mehr benutzt worden. Früher einmal hatte der Duft nach seinen Kräutern und Bienenwachs die Luft erfüllt, der Geruch seiner Macht.
    Das zumindest würde er sich alles wieder holen. Er hatte einiges an Arbeit vor sich, und er wollte sie hier tun.
    Zuerst säuberte er den Kamin und entzündete ein Feuer. Dann holte er sich von unten an Möbeln, was ihm gefiel. In diesem Zimmer gab es keine Elektrizität, und das freute ihn. Er würde sich sein eigenes Licht machen.
    Er stellte Kerzen auf und berührte die Dochte, um sie zum Brennen zu bringen. Dann ordnete er seine Werkzeuge und Gerätschaften.
    Zum ersten Mal seit Tagen kam er zur Ruhe. Er streckte sich auf dem Boden vor dem Feuer aus, rollte seinen Umhang als Kissen unter seinem Kopf zusammen und schlief.
    Er träumte.
    Er stand mit Morrigan auf einem hohen Hügel an einem steilen Abgrund. In der Ferne ragten dunkle Berge auf. Karge Grasbüschel wuchsen hier und da zwischen den Felsen, von denen einige flach dalagen wie Tischplatten für Riesen, andere steil emporragten. Nebelschwaden durchwaberten die Luft.
    In dem Dunst hörte er ein Zischen, den keuchenden Atem von etwas, was älter war als die Zeit.
    Der Ort war voller Wut, und eine wilde Gewalttätigkeit lag in der Luft.
    Im Moment jedoch regte sich nichts, so weit sein Auge blicken konnte.
    »Dies ist dein Schlachtfeld«, sagte sie zu ihm. »Deine letzte Prüfung. Es wird andere geben, bevor du hierher kommst. Aber hier wirst du sie bekämpfen und sie mit allen Welten im Gleichgewicht jenes Tages konfrontieren.«
    »Was ist das für ein Ort?«
    »Dies ist das Tal des Schweigens in den Bergen des Nebels in der Welt von Geall. Das Blut von Dämonen und von Menschen wird hier fließen. Was danach wächst, bestimmst du und die, die an

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