Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
über Gesicht und Hände lief. Aber sie sprangen ihn von oben und von der Seite aus an, diese Kreaturen mit Reißzähnen und wilden, roten Augen. Mit markerschütterndem Heulen fielen sie über ihn her. Und über dem blutigen Schauspiel schwebte eine wunderschöne Frau. Sie trug ein rotes, juwelenbesticktes Seidenkleid mit eng geschnürtem Mieder. Ihre Haare glänzten wie gesponnenes Gold im Sonnenlicht und fielen ihr offen über die weißen Schultern.
In den Armen hielt sie einen Säugling in Windeln.
Und während um sie herum die Schlacht tobte, entblößte das wunderschöne Ding spitze Reißzähne und schlug sie in die Kehle des Säuglings.
»Nein!«
»Wenn du an deiner Trauer und deinem Zorn hier festhältst, wird dies kommen.« Die kalte Wut in Morrigans Stimme durchdrang Moiras Entsetzen. »Alles, was du kennst, wird zerstört, vernichtet, verschlungen.«
»Was sind das für Dämonen? Welcher Hölle sind sie entsprungen?«
»Du wirst es erfahren. Nimm das, was du hast, was du bist und suche deine Bestimmung. Die Schlacht wird kommen. Bewaffne dich.«
Sie erwachte neben dem Grab ihrer Mutter, zitternd von den Schrecken, die sie gesehen hatte. Ihr Herz war so schwer wie die Steine, mit denen der Grabhügel aufgeschichtet worden war.
»Ich konnte noch nicht einmal dich retten, wie soll ich dann die anderen retten können? Wie kann ich diesen Dämon daran hindern, hierher zu kommen?«
Sie sollte alles verlassen, was sie jemals gekannt und geliebt hatte. Für die Götter war es leicht, von Bestimmung zu sprechen, dachte sie, als sie sich taumelnd erhob. Sie blickte über die Gräber hinweg zu den grünen Hügeln und dem blauen Band des Flusses. Die Sonne stand hoch am Himmel und warf ihr funkelndes Licht über ihre Welt. Eine Lerche zwitscherte, und von ferne hörte sie das Muhen der Kühe.
Hunderte von Jahren waren die Götter ihrem Land hold gewesen. Und jetzt mussten sie dafür mit Krieg, Tod und Blut bezahlen. Und das war ihre Pflicht.
»Du wirst mir fehlen, jeden Tag«, sagte sie laut. Dann blickte sie zum Grab ihres Vaters. »Aber jetzt seid ihr zusammen. Ich werde tun, was nötig ist, um Geall zu schützen, denn es ist alles, was mir von euch geblieben ist. Ich gehe zu Fremden in eine fremde Welt, und wenn ich mein Leben geben muss, gebe ich mein Leben. Es ist alles, was ich noch habe.«
Sie hob die Blumen auf, die sie mitgebracht hatte, und verteilte sie auf beiden Gräbern. »Helft mir«, flehte sie. Dann wandte sie sich zum Gehen.
Er wartete auf sie an der Steinmauer. Auch er trauerte, aber er hatte ihr die Zeit gelassen, die sie gebraucht hatte. Er war der, dem sie am meisten vertraute. Der Sohn des Bruders ihrer Mutter, des Onkels, den sie in der Vision hatte kämpfen sehen.
Er sprang auf, als sie näher kam, und breitete die Arme aus. Sie warf sich hinein und bettete ihren Kopf an seine Brust. »Larkin.«
»Wir jagen sie. Wir finden sie und töten sie, ganz gleich, was sie sind.«
»Ich weiß, was sie sind, und wir werden sie finden und töten. Aber nicht hier und nicht jetzt.« Sie löste sich von ihm. »Morrigan ist zu mir gekommen und hat mir gesagt, was wir tun müssen.«
»Morrigan?«
Trotz ihres Kummers musste sie lächeln. »Ich werde nie verstehen, wie jemand mit deinen Fähigkeiten die Götter anzweifeln kann.« Sie hob eine Hand an seine Wange. »Vertraust du mir?«
Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und küsste sie auf die Stirn. »Das weißt du doch.«
Als sie ihm berichtete, was Morrigan ihr gesagt hatte, änderte sich sein Gesichtsausdruck. Er fuhr sich mit der Hand durch seine goldblonde Mähne. So lange sie denken konnte, hatte sie ihn um seine Haare beneidet, da ihre nur von einem ganz gewöhnlichen Braun waren. Auch seine Augen waren goldbraun, gülden, wie sie fand, wohingegen ihre grau waren wie ein Regentag.
Es gab noch einiges mehr, worum sie ihn beneidete, zum Beispiel um seine Größe.
Als sie fertig war, holte sie tief Luft. »Kommst du mit mir?«
»Ich kann dich ja wohl kaum alleine gehen lassen.« Er ergriff ihre Hand. »Moira, woher weißt du denn so genau, dass diese Vision nicht einfach nur aus deinem Kummer heraus entstanden ist?«
»Ich weiß, dass, was ich gesehen habe, wirklich war. Wenn ich es mir jedoch nur eingebildet habe, dann haben wir lediglich die Zeit verloren, die wir brauchen, um zum Tanzplatz der Götter zu kommen. Larkin, ich muss es einfach versuchen.«
»Dann versuchen wir es.«
»Wir sagen es niemandem.«
»Moira
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