Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
unvermeidlich. Die Küche ist modernisiert worden. Es wurden Rohre und Stromleitungen verlegt. Aber es ist immer noch ziemlich zugig. Die Schlafzimmer oben sind eingerichtet, du kannst dir eins aussuchen. Ich jedenfalls gehe jetzt nach oben und lege mich ein wenig hin.« An der Treppe blickte er sich noch einmal um. »Oh, und du kannst den Regen stoppen, wenn es geht. King, hilfst du mir, die Sachen nach oben zu bringen?«
»Klar. Coole Unterkunft, wenn man es etwas gespenstisch mag.« King schulterte eine Truhe, wie ein anderer eine Aktentasche hochgehoben hätte, und lief die Treppe hinauf.
»Alles in Ordnung?«, fragte Glenna Hoyt.
»Ich weiß nicht.« Er trat ans Fenster und zog die schweren Vorhänge zurück, um in den regennassen Wald zu blicken. »Dieses Haus haben meine Vorfahren gebaut, und ich bin dankbar dafür, hier zu sein.«
»Aber sie sind nicht da. Die Familie, die du zurückgelassen hast. Für dich ist es schwerer als für uns.«
»Wir teilen alle das gleiche Los.«
»Ich habe bloß meine Wohnung verlassen. Du hast dein Leben verlassen.« Sie trat zu ihm und streifte mit den Lippen seine Wange. Sie hatte ihm eine warme Mahlzeit anbieten wollen, aber sie sah ihm an, dass er jetzt allein sein musste.
»Ich gehe nach oben, suche mir ein Zimmer aus, dusche und gehe zu Bett.«
Er nickte und starrte weiter aus dem Fenster. Der Regen passte zu seiner Stimmung, aber es war besser, den Zauber jetzt zurückzunehmen. Danach fiel nur noch feiner Nieselregen, und Dunstschwaden umzogen die Rosenbüsche.
Ob es wohl noch die seiner Mutter waren? Unwahrscheinlich, aber immerhin waren es Rosen. Darüber hätte sie sich gefreut. Vermutlich würde sie sich auch freuen, wenn sie ihre beiden Söhne wieder hätte.
Wie sollte er das jemals erfahren?
Er machte Feuer im Kamin, und das Knistern der Flammen erinnerte ihn mehr an das Zuhause. Er wollte noch nicht hinaufgehen. Später, dachte er, würde er mit seiner Kiste in den Turm gehen und ihn sich wieder zu Eigen machen. Im Moment jedoch wollte er erst einmal hinausgehen. Er schlüpfte in seinen Umhang und trat in den feinen Sommerregen hinaus.
Zuerst ging er zum Fluss, wo der Fingerhut und die wilden orangefarbenen Lilien, die Nola besonders gern gemocht hatte, üppig blühten. Es sollten Blumen im Haus sein. Das war immer so gewesen, dachte er, und er würde vor dem Abend noch welche pflücken.
Tief sog er die feuchte Luft und den Duft der nassen Blätter und Rosen ein. Sein Bruder pflegte das Anwesen, das musste man ihm lassen. Sogar die Stallungen standen noch am selben Fleck, auch wenn es nicht mehr dieselben Gebäude waren. Sie waren größer als früher, mit einem Anbau und einem großen Tor an einer Seite.
Es war verschlossen, also öffnete er es mit der Macht seiner Gedanken. Es glitt nach oben und gab den Blick frei auf eine Art Wagen. Er sah anders aus als die, die er in New York gesehen hatte, schwarz und niedriger. Auf der Haube prangte ein glänzender, silberner Panter. Vorsichtig fuhr Hoyt mit der Hand darüber.
Es verwirrte ihn, dass es so viele verschiedene Wagen in dieser Welt gab. Verschiedene Formen, Größen und Farben. Wenn doch einer funktionierte und bequem war, wozu brauchte man dann eine solche Vielfalt?
Auch eine lange Bank fand sich dort, und zahlreiche faszinierend aussehende Werkzeuge hingen an der Wand oder lagen in den Schubladen einer großen, roten Kommode. Er betrachtete sie eingehend und sah sich auch den Holzstapel an, der ordentlich an einer Wand aufgeschichtet lag.
Werkzeuge, dachte er, Holz, Maschinen, aber kein Leben. Keine Knechte, keine Pferde, keine Katzen, die auf Mäuse lauerten. Keine Welpen, mit denen Nola spielen konnte. Er schloss die Tür hinter sich und versperrte sie wieder. Dann ging er außen am Stall entlang.
In der Sattelkammer tröstete ihn der Geruch nach Leder und Öl ein wenig. Es war alles ordentlich und sauber, so wie der Stall für das Auto. Er fuhr mit der Hand über einen Sattel, hockte sich hin, um ihn genauer zu betrachten, und fand ihn nicht viel anders als die Sättel, die er verwendet hatte.
Er spielte mit dem Zaumzeug, und einen Moment lang vermisste er seine Stute wie eine Geliebte.
Als er durch die Tür in die Stallgasse trat, stellte er fest, dass jetzt weniger Boxen dort waren als früher, aber grö ßere. Es roch nach Heu und Hafer und …
Rasch eilte er über den Steinboden.
In der letzten Box stand ein pechschwarzer Hengst. Hoyts Herz machte einen freudigen Satz, als er ihn
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