Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Fluten sprang. Sie wählte den Tod.
Ein Schrei gellte ihr durch den Kopf, als sie im Bett hochfuhr. Aber es war nicht ihr eigener Schrei, sie wusste, dass nicht sie geschrien hatte. Es war ein Wutschrei, und Lilith hatte ihn ausgestoßen.
Schluchzend sprang Glenna aus dem Bett und zog ihre Decke mit sich. Zitternd vor Entsetzen und Kälte lief sie mit klappernden Zähnen die Gänge entlang, als wären die Dämonen immer noch hinter ihr her. Unwillkürlich schlug sie die Richtung zu dem einzigen Ort ein, an dem sie sich in Sicherheit fühlte.
Hoyt erwachte aus tiefem Schlaf und entdeckte, dass er eine nackte, weinende Frau im Arm hielt. Er konnte sie im Morgengrauen kaum erkennen, aber ihr Duft und ihre Formen waren ihm vertraut.
»Was ist los? Was ist passiert?« Er wollte nach seinem Schwert greifen, das neben seinem Bett lag, aber sie klammerte sich an ihn wie Efeu an eine Eiche.
»Nicht. Geh nicht. Bitte, bitte, halt mich fest.«
»Du bist ja eiskalt.« Er zog die Decke hoch und versuchte sie zu wärmen. »Warst du draußen? Zum Teufel! Hast du versucht, einen Zauber zu machen?«
»Nein, nein, nein.« Sie schmiegte sich an ihn. »Sie ist gekommen. Sie ist in meinen Kopf, in meinen Traum gekommen. Nein, es war gar kein Traum, es war wirklich. Es muss Wirklichkeit gewesen sein.«
»Hör auf! Hör damit auf.« Er packte sie fest an den Schultern. »Glenna!«
Ihr Atem kam jetzt in keuchenden Stößen. »Bitte. Mir ist so kalt.«
»Sei jetzt ganz still. Ruhig.« Er wischte die Tränen von ihren Wangen und murmelte beruhigende Worte. Dann wickelte er sie in ihre Decke ein und zog sie an sich. »Es war ein Traum, ein Albtraum. Nichts weiter.«
»Es war kein Traum. Sieh mich doch an.« Sie hob den Kopf, damit er ihr in die Augen blicken konnte. »Es war nicht nur ein Traum.«
Nein, stellte er fest. Er sah ihr an, dass es nicht nur ein Traum gewesen war. »Dann erzähl es mir.«
»Sie war in meinem Kopf. Oder … vielleicht hat sie auch ein Teil von mir herausgezogen. Es war auf jeden Fall genauso real wie damals im Wald, als du verletzt im Kreis lagst und die Wölfe auf dich gelauert haben. Es war genauso wirklich. Du weißt doch, dass es real war.«
»Ja, es war real.«
»Ich bin gelaufen«, begann sie und erzählte ihm alles.
»Sie hat versucht, dich zu verlocken. Jetzt denk doch mal nach. Sie tut das doch nur, weil sie weiß, dass du stark bist und sie verletzen kannst.«
»Ich bin gestorben.«
»Nein, das bist du nicht. Du bist hier. Und dir ist kalt.« Er rieb ihr über die Arme und den Rücken. Würde ihr jemals wieder warm werden? »Aber du lebst und bist hier in Sicherheit.«
»Sie war wunderschön. Verführerisch. Ich stehe nicht auf Frauen, wenn du verstehst, was ich meine, aber ich fühlte mich zu ihr hingezogen. Und zum Teil war es auch sexuelle Anziehungskraft. Trotz meiner Angst begehrte ich sie. Die Vorstellung, dass sie mich berührt, mich nimmt, war verlockend.«
»Das ist eine Art Trance, mehr nicht. Und du hast es ja auch nicht zugelassen. Du hast nicht zugehört und ihr nicht geglaubt.«
»Doch, ich habe ihr zugehört, Hoyt, und ein Teil von mir hat ihr auch geglaubt. Ein Teil von mir wollte, was sie mir anbot. Mich verlangte so sehr danach. Ewig leben, mit all der Macht. Tief im Innern dachte ich, o ja, ja, warum nicht? Und fast hätte ich es nicht geschafft, mich davon abzuwenden. Es ist mir so schwer gefallen wie noch nie etwas in meinem Leben.«
»Und doch bist du gesprungen.«
»Dieses Mal.«
»Nein, jedes Mal.«
»Es waren deine Klippen. Ich habe dich dort gespürt. Ich habe dich gespürt, konnte dich aber nicht erreichen. Ich war so allein wie noch nie in meinem ganzen Leben. Und dann bin ich gefallen und habe mich noch einsamer gefühlt.«
»Du bist nicht allein.« Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Du bist nicht allein, oder?«
»Ich bin kein Feigling, aber ich habe Angst. Und die Dunkelheit …« Erschauernd blickte sie sich im Zimmer um. »Ich habe Angst vor der Dunkelheit.«
Er richtete seine Gedanken auf die Kerze neben dem Bett und auf die Holzscheite im Kamin und ließ sie aufflammen. »Der Morgen graut schon. Hier, sieh mal.« Er nahm sie in die Arme und stand auf, um mit ihr ans Fenster zu treten. »Da, schau, im Osten. Die Sonne geht schon auf.«
Sie sah den schmalen, goldenen Lichtstreifen am Horizont, und die Kälte in ihr ließ nach. »Morgen«, murmelte sie. »Es ist schon fast Morgen.«
»Du hast die Nacht besiegt, und sie hat verloren. Komm, du
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