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Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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waren, dass sie wie mit kalten Fingern über ihr Gesicht streiften.
    Ihre Verfolger waren zugegen, sie hörte das Flattern der Flügel, das Gleiten von Schlangenleibern, das Tappen von Pfoten auf der Erde.
    Sie hörte den Wolf heulen.
    Sie waren überall, wo sie war, und sie hatte nur ihre blo ßen Hände und ihr klopfendes Herz. Und doch rannte sie blindlings immer weiter, und der Schrei blieb ihr in der brennenden Kehle stecken.
    Sie brach durch die Bäume und gelangte auf ein Kliff über der tosenden See. Unter ihr peitschte die Brandung gegen Klippen, die scharf waren wie Rasiermesser. In ihrem Entsetzen musste sie im Kreis gelaufen sein, und jetzt war sie wieder über der Höhle, in der sich etwas befand, was sogar der Tod fürchtete.
    Der Wind riss an ihr. In ihm sang Macht, seine Macht, die heiße, reine Macht des Zauberers. Sie griff danach, aber sie glitt ihr durch die zitternden Finger. Sie war allein auf sich gestellt.
    Als sie sich umdrehte, stand Lilith da, königlich in Rot, eine leuchtende Schönheit vor dem Schwarz der Nacht. An ihrer Seite waren zwei schwarze Wölfe, geifernd vor Blutgier. Mit Händen, die von Ringen glitzerten, strich Lilith ihnen über den Rücken.
    Und als sie lächelte, spürte Glenna ein tiefes, schreckliches Sehnen im Bauch.
    »Der Teufel oder das tiefe Blau.« Lachend schnipste Lilith mit den Fingern, und die Wölfe setzten sich. »Die Götter lassen ihren Dienern nie eine vernünftige Wahl, nicht wahr? Bei mir ist es besser.«
    »Du bist der Tod.«
    »Nein, nein, nein. Ich bin Leben. In dieser Hinsicht lügen sie. Sie sind Tod, wenn Fleisch und Knochen in der Erde vermodern. Wie alt werdet ihr denn dieser Tage? Fünfundsiebzig, achtzig Jahre? Wie klein, wie begrenzt.«
    »Ich nehme, was mir gegeben wurde.«
    »Dann wärst du eine Närrin. Ich glaube jedoch, du bist viel klüger und praktischer. Du weißt, dass du nicht gewinnen kannst. Du bist jetzt schon müde und erschöpft und stellst alles in Frage. Ich biete dir einen Ausweg – und mehr. So viel mehr.«
    »So wie du zu sein? Zu jagen und zu töten? Blut zu trinken?«
    »Wie Champagner. Oh, wenn du es zum ersten Mal schmeckst. Ich beneide dich darum. Dieser erste Augenblick, wenn es nur noch Dunkelheit gibt.«
    »Ich mag die Sonne.«
    »Bei deinem Teint?« Lilith lachte fröhlich. »Nach einer Stunde am Strand brutzelst du wie Speck. Ich zeige dir die kühle, kühle Dunkelheit. Sie ist bereits in dir, sie wartet nur darauf, geweckt zu werden. Kannst du sie fühlen?«
    Ja, das konnte sie. Glenna schüttelte den Kopf.
    »Leben. Wenn du mit mir kommst, Glenna, stehst du an meiner Seite. Ich schenke dir das ewige Leben. Ewige Jugend und Schönheit. Macht, viel größer als die, die dir verliehen wurde. Du wirst deine eigene Welt regieren. Das gebe ich dir, eine eigene Welt.«
    »Warum solltest du?«
    »Warum nicht? Ich besitze so viel. Und die Gesellschaft einer Frau wie du würde mir zusagen. Was bedeuten uns Männer schon mehr als Werkzeuge? Wenn du sie willst, nimmst du sie dir. Das ist ein großes Geschenk, das ich dir anbiete.«
    »Du bietest mir ewige Verdammnis.«
    Ihr Lachen perlte verführerisch. »Die Götter machen den Kindern Angst mit ihrem Gerede von Hölle und Verdammnis. Es dient nur dazu, dich zu fesseln. Frag doch Cian, ob er seine Existenz, seine Ewigkeit, seine Jugend und seinen jugendlichen Körper gegen die Ketten und Fallen der Sterblichkeit eintauschen würde. Niemals, das verspreche ich dir. Komm. Komm mit mir, und ich schenke dir Lust über Lust.«
    Als sie näher trat, hob Glenna beide Hände und zog mit letzter Kraft einen Schutzkreis um sich.
    Lilith jedoch streckte nur die Hand aus. Das zarte Blau ihrer Iris begann sich rot zu färben. »Glaubst du, derart jämmerliche Magie hielte mich zurück? Ich habe das Blut von Zauberern getrunken, mich an Hexen berauscht. Sie sind in mir, wie du es bald sein wirst. Wenn du freiwillig kommst, wirst du leben. Kämpfe, und der Tod erwartet dich.«
    Sie trat näher, und die Wölfe erhoben sich angriffsbereit.
    Glenna spürte die dunkle, lockende Faszination, die von Lilith ausging, und es kam ihr so vor, als wenn ihr Puls auf den Ruf antwortete. Ewigkeit und Macht, Schönheit und Jugend. Alles für einen einzigen Augenblick.
    Sie brauchte nur danach zu greifen.
    In Liliths Augen leuchtete es rot und triumphierend, und als sie lächelte, schimmerten ihre Reißzähne weiß.
    Tränen liefen Glenna über die Wangen, als sie sich umdrehte und in die tobenden

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