Gründergeschichten
Jahre. »Wir wissen als Gesellschaft, dass wir andere Wege der Energieerzeugung finden müssen. Diese
Technologie hat also eine Lebensberechtigung – wenn man sie in einer absehbaren Zeit wettbewerbsfähig macht und sich ihre
Nutzung für die Gesellschaft rechnet. Mein Job und die Aufgabe der ganzen Industrie ist es, uns so schnell wie möglich an
diesen Punkt zu bringen.«
Milner weiß: Ohne diese Konkurrenzfähigkeit gibt es keine Zukunftsperspektive. Aber weil die verhältnismäßig junge Fotovoltaikindustrie
dieses Stadium noch nicht erreicht habe, benötige sie Schützenhilfe: »Wir wissen, dass wir ungefähr 50 Prozent Kosten sparen
können. Dazu braucht man einerseits Massenproduktion – man muss also wachsen. Und man braucht andererseits auch technologischen
Fortschritt – man muss also in Forschung und Entwicklung investieren. Genau das tun wir: Wir haben die größte F & E-Mannschaft
der Branche aufgebaut. Außerdem gibt es da noch die ganz normalen Fortschritte wie Produktivitäts- und Prozessverbesserung.
Um wettbewerbsfähig zu werden, muss man also stark investieren, und genau dafür ist die Förderung gedacht |210| .« Das sei kein Fass ohne Boden, versichert Milner, »die Förderung muss weg«. Noch etwa fünf Jahre sei man darauf angewiesen,
dann könne sie ruhig Schritt für Schritt abgebaut werden.
Die beste Lösung, findet Milner, sei sowieso eine neue Energiepolitik, bei der die externen Kosten der Stromerzeugnisse in
den Preisen internalisiert würden. Der Gedanke leuchtet ein: Würde die Gesellschaft den großen Stromkonzernen die kompletten
Kosten der von ihnen angerichteten Umweltzerstörung und des Klimawandels in Rechnung stellen, könnten sie ihren Strom aus
Kohle- oder Gaskraftwerken nicht mehr so spottbillig anbieten – der umweltfreundliche Solarstrom wäre plötzlich viel attraktiver.
»Dann bräuchte man die Förderung gar nicht so lange und könnte sie viel schneller abbauen«, sagt Milner.
Zudem wird die Solartechnik immer günstiger: Zwischen 2002 und 2004 konnte Q-Cells die Marktpreise seiner Produkte um 30 Prozent
senken. Doch von manchen Einsparungserfolgen bleibt nicht viel übrig: 2004 kam es zur Rohstoffknappheit von Silizium. Die
Siliziumpreise stiegen rapide an und trieben die Produktionskosten auf alte Höhen zurück. Heute befinden sich die Preise wieder
ungefähr auf dem Stand von vor zwei Jahren, Tendenz: fallend. Inzwischen hat sich Q-Cells mit einem dichten Netz aus Tochterfirmen,
Joint Ventures und Partnerschaften in alle Richtungen abgesichert. Man forscht intensiv an der sparsameren Dünnschicht-Technologie,
außerdem garantiert neuerdings die Beteiligung an einem norwegischen Siliziumhersteller den nötigen Nachschub an Rohstoffen.
Milners Botschaft bleibt daher: Günstiger Solarstrom ist |211| keine Utopie, sondern nur noch wenige Jahre entfernt. Schon jetzt würden die Preise für konventionellen Strom steigen, während
die Kosten für Fotovoltaik sänken. »In gewissen sonnenintensiven Regionen, in denen der Strompreis hoch ist, ist die Konkurrenzfähigkeit
bereits so weit.« Als Beispiel nennt der Unternehmenschef Kalifornien, das die Fotovoltaik mit seinem »Eine-Million-Dächer-Programm«
fördern will. Dort habe man einen Strompreis, der progressiv steige, je mehr Strom man beziehe. Milner rechnet vor: »Wenn
man den Privatkunden-Tarif nimmt, zahlt man 4 800 Dollar im Jahr für Strom. Da kostet die Kilowattstunde 37 Cent. Man kann
heute schon eine Fotovoltaikanlage einbauen, die unter den Wetterbedingungen dort über etwa 20 Jahre gerechnet Strom für 32
Cent die Kilowattstunde liefert.« In den sonnenreichen Ländern Südeuropas dauere es noch fünf bis sechs Jahre, bis Solarstrom
mit konventionellem Strom mithalten könne, glaubt Milner. »In Deutschland wird es vielleicht vier bis fünf Jahre länger dauern,
weil die Sonneneinstrahlung hier um etwa 40 Prozent schwächer ist.«
Dennoch hat sich Deutschland dank des EEG in der Fotovoltaik zum weltweiten Lead-Markt und neben Japan zum Industrieführer
entwickelt. Das Potenzial dieses Marktes sei immens, versichert Milner. Jährlich wachse der Weltmarkt um 40 bis 50 Prozent.
»Persönlich glaube ich, dass wir in 20 bis 30 Jahren eine Industrie haben, die ungefähr so groß ist wie die heutige Ölindustrie.
Ein Beispiel: Als wir mit Q-Cells angefangen haben, war der Weltmarkt 25 Megawatt groß, davon 17 in Deutschland. Heute sind
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