Gründergeschichten
»Einen ausgebauten Schweinestall, eine Hebebühne, Werkzeug
und ein Telefon.« Ganz so puristisch blieb es nicht lang: Bald hatte Will sechs Angestellte.
Was hat ihn so früh gereizt, sich selbstständig zu machen? Will antwortet ironisch: »Das große Delta, das sich zwischen dem
Einkommen eines angestellten Kfz-Mechanikers und dem eines Selbstständigen auftut.« Also das Geld. Gezockt hat er darauf nicht,
sondern vor allem dafür gelernt. Hat schnell doch das Abitur nachgemacht und dafür parallel zur Lehre zwei Jahre lang jeden
Abend die Schulbank gedrückt. Hat danach gleich seinen Meistertitel draufgelegt und sich hinterher an der Fachhochschule Köln
für Fahrzeugtechnik eingeschrieben. »Ich wollte dann doch nicht nur schrauben, ich wollte wissen, wie das alles genau funktioniert«,
sagt Will. Aus Vaters Sicht war der junge Mann wieder in der Spur, sozusagen. Aber die Sache mit den schnellen Autos, die
fing jetzt erst richtig an.
Denn im Studium trifft er auf den Mann seines Lebens – |219| nicht für die Liebe, die beiden Firmengründer haben Frau und Kinder – sondern fürs Geschäft: Will lernt Herbert Funke kennen.
Dass die beiden sich fanden, ohne einander zu suchen, ist auf den ersten Blick ein wenig erstaunlich. Denn Will ist eher der
smarte, gewandte Typ. Er redet viel und gern über dies und das. Funke dagegen ist eher zupackend. Er redet lieber nicht, jedenfalls
nicht mit Leuten, die wenig bis nichts für Technik übrig haben. »Er ist ein richtiger Ingenieur«, sagt Will, als wäre er selbst
kein richtiger. Herbert Funke, Jahrgang 1967 und damit fünf Jahre älter als Will, hat Bohrwerksdreher gelernt und in diesem
Spezialberuf des Maschinenbaus auch gearbeitet, bevor er sich entschloss zu studieren. Zeichnen, Rechnen, Konstruieren, verstehen
wie sich Dinge bewegen und in der Bewegung verhalten – das ist Funkes Welt. Und genau da überschneiden sich die Interessen
und die Talente der beiden jungen Männer damals in Köln, und das merken sie schnell.
Es fing bei einer harmlosen, staubtrockenen Hausarbeit im Studium an; Herbert Funke und Philipp Will hatten auch da schon
ihre Vorzüge kongenial genutzt: Der eine kann besser konstruieren, der andere besser rechnen. »Ich fing einfach an, nebenher
ein bisschen herumzumalen«, erinnert sich Will. Natürlich malte er nicht irgendetwas, sondern einen: Sportwagen. Funke stieg
sofort ein, und die beiden begannen zu spinnen, fingen das Spiel vom großen Was-wäre-wenn an: Was wäre, wenn man ein Auto
baute, das richtig schnell wäre und das man noch richtig sportlich fahren müsste, ohne Bremsverstärker und all den anderen
elektronischen Schnickschnack, der heutzutage alles reguliert und bequem macht. Und leicht müsste so ein Auto sein, aber trotzdem
sicher. Einzigartig |220| , exklusiv auch, aber günstiger als die großen Marken. Und ein Blickfang natürlich, ohne peinlich zu wirken.
Die Studenten machten aus den Malereien Zeichnungen und aus den Zeichnungen ein »Package«, eine Entwurfsammlung gleich für
ein ganzes Auto. »Wir beschlossen, unsere Diplomarbeit darüber zu schreiben. Wir wollten auf keinen Fall so etwas Langweiliges
machen, wie irgendeine Hinterachse zu untersuchen und an ihr dann Teile gelb anzumalen, um sie nachher in einem Glaskasten
auszustellen. So was gab es an der Hochschule schon zur Genüge.« Funke und Will liefen zu ihrem Dekan und stellten ihre Idee
vor – einen neuen, leichten, sicheren Roadster zu erfinden. Der Dekan war angetan, riet ihnen aber dringend, dass sich jeder
nur auf einen Teilbereich des Autos beschränken sollte, um seine Abschlussarbeit darüber zu verfassen. »Sonst könnten Sie
ja gleich promovieren«, habe er gesagt.
Und so entwarfen Philipp Will und Herbert Funke unterm Dach einer deutschen Fachhochschule die Grundzüge eines neuen Sportwagens.
Es war 1997, als die gewagten Träume großer Jungs allmählich Gestalt annahmen: Funke konstruierte den neuartigen Space-Frame,
einen extrem leichten, aber stoßfesten Aluminium-Hohlkammerrahmen, und Will den Karosserieaufbau. Das gab schon mal eine Eins
in der Diplomarbeit. Die nächste Bekanntschaft, die seine Zukunft bestimmen sollte, machte seine Schwester auf einer Party:
Sie traf auf Oliver Schweizer. Schweizer studierte damals noch in Karlsruhe Design, und Wills Schwester erwähnte, übrigens
baue ihr Bruder gerade ein Auto. Das interessierte Schweizer sehr, und man verabredete
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