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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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Deutschland monatelang, und immer
     wieder kam es zu einer Szene: Gerührte Chefs zogen aus ihren Schreibtischschubladen eigene Entwürfe hervor für – wilde, kleine,
     schnelle Autos. Auch sie, war die Botschaft, hatten einmal ähnliche Träume wie Herbert Funke und Philipp Will gehegt. Das
     verband. »Das war oft eine ziemlich emotionale Begegnung«, erinnert sich Will. Und dadurch eine sehr ergiebige: Wie Schätze
     karrten sie all die Zubehörteile im Kofferraum in die Rheinbacher Werkstatt am Rande der Eifel. Volkswagen spendierte sogar
     einen 1,8-Vierzylinder-Motor, der samt komplettem Passat von Wolfsburg direkt in die Werkstatt kam. Dort wurde die Maschine
     natürlich noch ein wenig aufgerüstet, sodass sie nachher 285 PS leisten konnte.
    Doch eine weitere Gabe war mindestens genauso wichtig: Der Verband der Automobilindustrie hatte den idealistischen |224| Neulingen ein Plätzchen auf der IAA gesponsert, der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt. In das Projekt, das
     schon selbstbewusst den Namen »YES!« trug (für »Young Engineers Sportscar«) und wie eine Aufforderung zu einer Spritztour
     klang, kam plötzlich Zeitdruck. Philipp Will hatte nämlich längst die Marketingmaschine angeworfen, auch das zusammen mit
     Designer Schweizer: In den Redaktionen der einschlägigen Publikums- und Fachzeitschriften waren in den Wochen vor der Automesse
     kleine Päckchen eingetroffen. Darin befand sich ein schlichter kleiner Guckkasten aus Pappe, in dem ein einziges Dia steckte.
     Hielt man den Kasten gegen das Licht, sah man den: Yes. Auf der Schachtel stand nicht viel mehr als der Name des Prototypen
     und die Standnummer auf der IAA. Sehr minimalistisch, sehr cool das Ganze.
    Gar nicht cool ging es hinter den Kulissen zu: Dass der Roadster zum Zeitpunkt des Fotoshootings noch gar nicht fahren konnte,
     ahnte keiner der Journalisten, die nachher begeistert den Stand stürmen sollten. Der erste Yes ist erst morgens um acht Uhr
     vor der Messe fertig geworden. »Wir hatten die ganze Nacht durchgeschraubt«, sagt Will. Am Ende stand da ein minimalistisch-futuristisches,
     taubenblau lackiertes Gefährt ohne Dach und Türen (man musste hineinsteigen, besser aber: hineinspringen) mit Rennwagensitzen,
     der Mittelmotor 285 PS stark. Schöne Rundungen über den Rädern und dazu Scheinwerfer, die wie die Augen der Figuren aus japanischen
     Manga-Comics in die Gegend funkelten, zogen die Besucher offenbar magisch an.
    Das, was da in Frankfurt geschah, erzählt Philipp Will zwar ziemlich abgeklärt, weil er es schon oft beschrieben hat. Aber
     zwischendurch entfährt es ihm doch immer wieder: »Es |225| war Wahnsinn.« Und: »Das hatten wir nicht erwartet.« Es fing schon damit an, dass sich vor ihrem Messestand zwei namhafte
     Auto-Journalisten darum stritten, und zwar heftig, wer denn nun das erste Interview machen dürfe.
Auto-Bild
schrieb in seiner nächsten Ausgabe, der »Yes« sei der Hit der IAA 1999. Und vor allem sagten immer mehr gut betuchte Besucher:
     »Ich will so ein Ding kaufen.« Viele fragten nicht mal nach dem Preis, Lieferfristen interessierten nicht. Und so hatten Funke
     und Will ihre liebe Not, glaubwürdig zu bleiben, wenn sie sagten: Moment mal, so war das eigentlich nicht gedacht. Denn sie
     fragten sich allmählich selbst: Warum eigentlich nicht?
    Also notierten sie kurzerhand die Bestellungen, gut 60 ernsthafte Aufträge wurden es letztlich, und ließen den Gedanken reifen,
     den Yes in Kleinserie zu bauen. »Man muss dazu sagen, es war 1999, die Zeit der Internet-Start-ups und des Börsenbooms. Da
     war unheimlich viel Geld unterwegs«, erinnert sich Will. Ein Investor habe ihnen noch gleich in Frankfurt 20 Millionen D-Mark
     geboten und gesagt: Ich will 4 000 Stück davon haben. Das konnten Funke und Will nicht nur nicht leisten, das wollten sie
     auch nicht. Gerade um Masse ging es ihnen ja nicht, sondern um Klasse.
    »Aber so lief es dann nach der Messe weiter. Wegen der guten Presse gaben sich bei uns in Rheinbach die Venture-Capital-Vermittler
     die Klinke in die Hand. Dann sitzt da ein smarter Typ nach dem anderen auf deinem Ikea-Sofa und bietet dir Unsummen, die er
     unbedingt in dein Unternehmen stecken will, oder sagt dir, dass er dich am liebsten gleich aufkaufen würde.« Will, der bis
     heute fürs Betriebswirtschaftliche zuständig ist, gesteht: »Das war eine schwierige Situation für |226| uns. Ich war erst 27 und hatte Sorge, die falsche Entscheidung zu

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