Gründergeschichten
»Wir haben dieses
Jahr einen Investitionsplan von einer halben Milliarde Euro. Das wächst auch von Jahr zu Jahr. Vergangenes Jahr waren das
425 Millionen Euro. Der Cashflow ist höher. Aber dieses Jahr sind es so 85 Prozent vom Cashflow. Wir haben uns schon vorgenommen:
Nächstes Jahr wollen wir wieder ein bisschen kürzertreten.«
Zurückhaltung hat er sich auch auf einem ganz anderen Gebiet verordnet. Der Milliardär hat ein teures Hobby: Er sammelt Kunst.
Vor 40 Jahren fing es an mit einem Nolde. 2003 kaufte er, nur damit sie nicht ins Ausland zerstreut wurde, die »Fürstenbergische
Sammlung« mittelalterlicher Malerei, obwohl die eher nicht sein Geschmack ist. Und an diesem Abend ist er zur Preview der
Art Basel geladen, wo wahrscheinlich wieder in seiner Brust der Kaufmann mit dem Kunstliebhaber kämpfen wird. »Das Problem
ist: Es kostet immer viel Geld, wenn ich da hingehe. Ich werde dieses Jahr nicht viel machen, weil wir schon grausam viel
gekauft haben dieses Jahr.« Für insgesamt einen »zweistelligen Millionenbetrag«. In der Halle neben dem Würth-Haupteingang
hängen »100 Neuerwerbungen«, darunter Arbeiten von Gerhard Richter, Anselm Kiefer, Max Ernst und ein Picasso: »Das Bild hat
mir so gut gefallen, dass ich gesagt habe: Das gibt eine Abrundung unserer Picasso-Sammlung. Wirklich Schwachsinn, so einen
Preis zu zahlen, aber 20 Jahre später sagt man vielleicht: Mensch, war das stinkbillig damals.«
Das wichtigste Kaufargument für Würth ist: »Es muss mir gefallen.« Deshalb hat er in seiner inzwischen rund 9 000 Werke umfassenden
Sammlung nur eins von Joseph Beuys. |267| »Diese Filzmatten und Wachstöpfe haben mir nichts gesagt.«
Würth interessiert »Farbe und der goldene Schnitt« und schon oft lag er richtig. »Ich habe immer wieder unbekannte Künstler
gesammelt, die später dann bekannt geworden sind und von den öffentlichen Museen entdeckt wurden. Das ist für mich eine nette
Bestätigung gewesen. Ich würde mich unglaubwürdig machen, wenn ich als Kaufmann sagen würde, ich sammle aus reinem hehren
Kunstinteresse. Der Kommerz spielt natürlich eine Rolle, es ist ja eine Firmensammlung, wir setzen diese Sammlung auch für
Werbezwecke ein.«
Skeptikern, die ihm vorwerfen, er solle sein Geld lieber für Fabriken ausgeben, denen schildert er das internationale Echo,
das die Würth GmbH aus Künzelsau-Gaisbach auslöste, als sie Christo 1995 die Hauptverwaltung von innen verhüllen ließ. »Da
standen die Besucher hier Schlange, wir hatten Berichte von allen Zeitungen auf der Welt, aus Russland, Singapur. Heute sind
wir permanent in den Feuilletons mit irgendwelchen Vernissagen vertreten. Der Name Würth ist über die Kunst enorm transportiert
worden.« Dafür hat er gesorgt. Seine Sammlungen stellt Würth stets der Öffentlichkeit zur Ansicht vor, baut mit wachsender
Sammlung sogar Museen, das Größte davon im benachbarten Schwäbisch Hall. So viel zur Außenwirkung.
Die Wirkung nach innen sei auch nicht zu unterschätzen, sagt er. Immer wieder hört er von Mitarbeitern, die sagen »›Ich habe
mich früher überhaupt nicht mit Kunst beschäftigt, aber seit ich hier bin und die Ausstellungen sehe, das ist für mich eine
Lebensbereicherung.‹ Die kommen am Wochenende mit Freunden her. Wenn die dann sagen: ›Das ist |268| aber schick, ein tolles Museum, ein tolles Gebäude: So einen Arbeitsplatz hätte ich auch gerne.‹ Dann gibt das natürlich schon
Sozialprestige. Das führt zu Motivation, indirekt kommt das ins Unternehmen zurück.«
Leider lasse sich der Nutzen nicht in Euro und Cent ausdrücken. Jedenfalls: »In diesen 40 Jahren sind wir der ganzen Konkurrenz
davon gerannt, in einem Ausmaß, dass es nur so kracht, da kann die Kunst zumindest nicht geschadet haben.«
Klar hat jemand wie Würth auch Neider. Leute, wie sie ihm manchmal auf seinen Ausstellungen begegnen. Die stehen vor einem
abstrakten Bild und sagen: »Das hätte ich auch gekonnt.« Worauf es ihm aber in der Kunst genauso wie bei der Würth GmbH ankommt,
das sei »der Funke, die Idee, die dahinter steckt.«
Und die Arbeit: Ich komme so oft nachts um elf, um zwölf nach Hause. Mein früherer Fahrer sagte einmal: ›Wenn deine Leute
wüssten, was du schaffst, da wollte kein Mensch mit dir tauschen.‹«
Urlaub sieht in der Regel so aus, dass Würth sich die Arbeit mitnimmt, sich am Urlaubsort hinsetzt, und den ganzen Tag arbeitet.
Aus den letzten beiden
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