Gruene Armee Fraktion
ärgerte sich dann über sich selbst.
Musst du eigentlich so zynisch werden in diesem Job? Ist es nicht klasse, wenn sich jemand noch für eine Sache engagiert, während wir Journalisten so abgeklärt tun, als wären wir die Besserwisser der Welt?
Er machte den Internetbrowser auf und gab »fernando pereira« in die Suchmaschine ein. Zwei Klicks weiter fand er bei Wikipedia:
Fernando Pereira (* 10. Mai 1950 in Chaves, Portugal; † 10. Juli 1985 in Auckland, Neuseeland) war ein freischaffender niederländischer Fotograf portugiesischer Abstammung und Greenpeace-Aktivist. Er starb bei einem Anschlag des französischen Auslandsgeheimdienstes auf das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior im Hafen von Auckland. Fernando Pereira wurde fünfunddreißig Jahre alt. Er hinterließ zwei Kinder: eine Tochter mit dem Namen Marelle und einen Sohn namens Paul.
Mondrian schlug das Telefonbuch auf, das ihm seine Tochter Kathy gebastelt und mit Buntstiften bemalt hatte, als sie in die zweite Klasse gegangen war, und wählte eine Nummer.
Das Hauptquartier von Greenpeace lag nur ein Stück elbabwärts.
7
Greenpeace, Hamburg
»Ich habe einen Termin bei dem Anti-Atom-Campaigner.«
»Hi«, sagte die junge Frau am Empfangstresen. Große braune Augen hinter einer feinrandigen schwarzen Brille. Ein helles Lächeln in einem Gesicht mit olivfarbenem Teint, gerahmt von gekräuselten dunklen Locken. Migrationshintergrund, dachte Mondrian, während er die Gazellenfigur in Stretchjeans verstohlen musterte. Namibia oder Äthiopien vielleicht, gemixt mit Hamburg-Blankenese. Womöglich veredelt durch Auslandspraktika in San Francisco oder Vancouver. Sieht wie gecastet aus für diesen Job bei einem Verein, dessen Mutterorganisation »international« im Namen führt.
»Können Sie sich einen Moment gedulden, please ? Martin musste gerade noch mal in ein meeting .«
»Mit open end ?« Mondrian wollte wenigstens ein bisschen mitspielen.
»Oh no.« Wieder diese blitzend weißen Zähne. »Es wird nicht lange dauern. Nur eine kurze Besprechung mit den Leuten von der Werbeagentur. Wegen des nächsten Spendenmailings.« Sie beugte sich zu ihm hinüber und steckte einen Button an sein Sakko, der ihn als »Besucher« auswies.
Mondrian trat ein paar Schritte zurück und blickte sich um. An den Wänden hingen großformatige Fotos von spielenden Orcas im tiefblauen Ozean und von schattigen Urwäldern. Daneben Poster mit schrillen Parolen: gegen den »Klimakiller Kohle«, gegen »Gift im Gen-Mais«, gegen die Überfischung der Weltmeere und die Robbenjagd. Durch die Flure liefen junge Leute in Shirts mit der Parole »Wäre die Welt eine Bank, hättet ihr sie längst gerettet«, dazwischen mischten sich in die Jahre gekommene Aktivisten, die neue Cargohosen trugen. Hinter halb geöffneten Türen waren Gesprächsfetzen in Spanisch und Russisch zu hören. Mondrian stellte sich neben einen Schaukasten, in dem Fair-Trade-Fußbälle und Aschenbecher mit der Aufforderung »Save the seas« zum Verkauf angeboten wurden. Smoke for the water . Ob das half?
Die Deutschland-Zentrale von Greenpeace lag in einem ehemaligen Speichergebäude in Hamburg-Altona, direkt an der Elbe. Vom Media Tower in der Hafen-City erreichte man es eigentlich leicht mit der Fähre, wenn man an der Kehrwiederspitze einstieg und bis zum Fischmarkt fuhr. Mondrian war schon öfter per Linie hierhergedümpelt, an den Museumsschiffen »Cap San Diego« und »Rickmer Rickmers« vorbei. Aber an diesem Tag hatte er nicht auf eine Fähre warten wollen. Er hatte seinen Audi gestartet und war bis zur Großen Elbstraße gefahren, wo er ihn zwischen einem Black-Metal-Club und einem Designermöbel-Tempel parkte. Am Greenpeace-Speicher gegenüber drückten sich Raucher im Nieselregen unter das Eingangsdach, als er mit dem Lift in den zweiten Stock fuhr, wo das Schild »Atomstromfreie Zone« die Besucher begrüßte. Jetzt schaute er durch ein Fenster hinaus auf eine Wand von Containern, die langsam auf einem Frachter vorbeischwamm.
»Großes Kino, oder?«
Mondrian hatte den fülligen Mann im Jeanshemd nicht gehört, der von hinten herangetreten war. Martin Reitmeyer gab ihm die Hand. »Ich gehe mal vor. In meinem Büro haben wir den besten Logenplatz.«
Sie stiegen ein Stockwerk höher und betraten einen Raum, aus dessen Rundbogenfenstern man quer über die Elbe auf Dock 11 von Blohm + Voss blickte. Unter der niedrigen, von schweren Stahlträgern gestützten Decke drängten sich Kolonnen
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