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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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Mittelscheitel eher wie ein braver Gymnasiast aussah. »Klamauk gegen eine Milliardenindustrie?«
    »Es war doch gerade der bunte Protest, der bisher ein Endlager hier verhindert hat«, sagte Maria, »dazu gehören alle – Frauen, die altdeutsche Lieder singen, ein paar Alte, die sich ›Graue Zellen‹ nennen und auf der Straße stricken, um die Farbahn zu blockieren, die Clownsarmee, die den Polizisten Küsschen zuwirft … Auch der Witz kann doch ‘ne Waffe sein!«
    »Und wenn die Polizisten das alles nicht so komisch finden?« Mondrian war selbst einmal in einem Wald bei Gorleben von knüppelschwingenden Beamten gejagt worden.
    »Bleiben wir trotzdem friedlich«, beharrte Jennifer, »auch wenn wir mit Wasserwerfern von der Straße gespült werden. Ziviler Ungehorsam, nichts anderes.«
    Alle nickten. »Wir schaden uns selbst, wenn wir diese Linie verlassen. Keine Gewalt gegen Menschen, das war und bleibt Konsens.«
    »Und was ist mit Gewalt gegen Sachen?« Mondrian schaute von einem zum anderen. »Mit Sabotage gegen Bahnlinien? Hakenkrallen auf elektrischen Oberleitungen?«
    »Nicht unser Ding«, entgegnete Fritz, »wir haben von Kindesbeinen an beigebracht bekommen, dass Aggression und Zerstörungen sinnlos sind.«
    »Wäre es nicht denkbar, dass jemand anders aus der Szene so was tut?«
    Schulterzucken. Kopfschütteln.
    »Obwohl die Atommafia es wirklich verdient hat«, sagte Aaron, gerade noch so laut, dass es zu hören war.
    Atommafia. Mondrian schaute Aaron direkt an.
    »Gibt es nicht Aktivisten hier«, fragte er, »die mal über härtere Aktionen spinnen? Selbst wenn sie es nicht ernst meinen?«
    »Warum wollen Sie das wissen?« Der Junge mit dem Mittelscheitel zog die Stirn immer misstrauischer in Falten. »Warum interessieren Sie sich überhaupt plötzlich für so was wie X-tausendmal quer?«
    »Weil bei dem ICE-Anschlag ein X-Zeichen am Tatort gefunden wurde. Ebenso bei dem Mord in Geesthacht.«
    Einen Moment herrschte Stille.
    »Großer Gott«, stieß Maria hervor, »wo war das denn?«
    »An Baumstämmen, X-förmige Kerben«, antwortete Mondrian.
    »Und deswegen kommen Sie zu uns? Stellen das ganze Wendland unter Verdacht?« Der bullige Rothaarige stand auf, gefolgt von den anderen.
    »Die Menschen hier, die töten doch nicht«, sagte Maria, »die wollen die Schöpfung bewahren! Haben Sie nicht die großen Gebetskreuze am Zwischenlager gesehen?«
    Mondrian schüttelte den Kopf. Die kannte er noch nicht. Aber jetzt hatte er ja Gelegenheit dazu. Das Gespräch war vorbei.
    Er musste lächeln, als er draußen am Wagen wieder John Lennon hörte.
    »Imagine all the people, living life in peace …«
    Was für ein schöner Abschiedsgruß von Maria, überlegte er. Sie hätten dich auch achtkantig rausschmeißen können, so taktisch, wie du dich benommen hast.
    »You may say I am a dreamer, but I’m not the only one …«
    Die Stimme erstarb, als er in den Wagen stieg und die Tür zuschlug. Seine Fahrt dauerte nur wenige Minuten. Die Strecke führte an der uralten St.-Johannes-Kirche in Lüchow vorbei zum Zwischenlager in Gorleben. Neben der gigantischen Betonhalle mit ihren Schutzwällen und Zäunen bog er in eine Waldschneise ein.
    Dort standen zwei schlichte Holzkreuze. Eines war 1988 von Wackersdorf hergeschleppt worden, hatte er einmal im Netz gelesen. Es ragte fünf Meter in die Höhe und sah brüchig aus. Jeden Sonntag schickten Gläubige dort ihre »Gorlebener Gebete« himmelwärts.
    Vielleicht solltest du mal eine andere Instanz anrufen, wenn du mehr über die mysteriösen Zeichen wissen willst, dachte er.
    Er kramte sein Handy aus der Sakkotasche und wählte eine Hamburger Nummer.
    »Landesamt für Verfassungsschutz.«
    Nach einer Pause wurde er zu Frank Schirra durchgestellt, einem höheren Beamten, den er von einem Hintergrundgespräch über islamistische Terroristen kannte.
    »Wir sollten mal wieder über Glaubenskrieger sprechen«, schlug er vor, »aber über andere als neulich. Ich würde gern erfahren, ob es Erkenntnisse über Verbindungen der Grünen Armee Fraktion in die Anti-Atom-Szene gibt.«
    »Gern«, antwortete Schirra. »Wenn Sie wollen, gleich morgen. Aber ich sage Ihnen vorab, im Wendland sind Sie auf der falschen Spur.«
    Mondrian startete seinen Wagen, um nach Hamburg zurückzufahren. Kurz hinter Dannenberg, in einem dunklen Waldabschnitt, fühlte er sich so müde, dass ihm fast die Augen zufielen. Plötzlich schreckte er hoch.
    Ein Reh stand mit reflektierenden Augen im

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