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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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it’s easy if you try …«
    Das Lied kam aus den offenen Fenstern eines Fachwerkhauses, an dessen Giebel »Anno 1790« stand.
    »… no hell below us, above us only sky …«
    »Hallo«, sagte eine junge Frau, die aus dem verwitterten Tor getreten war. Sie trug zu ihrer derben Arbeitskluft ein silbernes Kreuz an einer Halskette und lächelte. »Ich bin Maria. Und Sie sind der Typ von der Weltpresse?«
    »Hat mich Arne so angekündigt? Und gleich die passende Empfangsmusik bestellt?«
    »Ach, wir sind hier gern mal altmodisch«, sagte die Frau mit dem rundlichen Gesicht, die kaum älter als zwanzig sein mochte. Ihre leicht verklebten braunen Haare hatte sie zu einem Knoten zusammengeschlungen. Sie wischte sich die feuchten Finger an einer Schürze voller Flecken ab, ehe sie ihn mit einem kräftigen Händedruck begrüßte. »Ich hab schon als Kind oft die Beatles gehört. Die hab ich mit der Muttermilch mitgekriegt, genau wie die Anti-Atom-Demos. Da hat mich mein Vater immer auf den Schultern hin mitgenommen. Kommen Sie hier entlang!«
    Sie führte Mondrian durch eine Tenne in einen Obstgarten, wo mehrere junge Leute im Halbschatten eines Apfelbaums um einen Holztisch saßen. Mondrian schüttelte ihnen die Hand und nahm einen Schluck von dem Holundermost, den Maria ihm hinstellte. Er wollte sie nicht gleich mit Fragen nach Aktionen überfallen, sondern sie erst einmal selbst erzählen lassen, wie sie zum Widerstand gekommen waren, um vielleicht einen Ansatzpunkt zu finden.
    »Als ich zum ersten Mal bei einer Demo auf dem Trecker saß, im Kindersitz, hab ich mir fast noch in die Windeln gemacht«, begann Marias Freund, der Fritz hieß und nur einen dünnen Flaum auf seinem schweißglänzenden Schädel hatte. »Damals hat mein Vater den Schlepper gesteuert. Jetzt ist das meine Sache. Selbst wenn ich dafür die Feldarbeit liegen lasse.«
    »Gehörst du zur Bäuerlichen Notgemeinschaft?«
    »Ja, genau wie Carsten.« Er schaute seinen Nachbarn zur Rechten an.
    Der halslose Hutträger nickte. »Wir sind die Terroristen, die beim letzten großen Protest immer wieder ihre Trecker quer über die Kreuzungen gestellt haben, damit die Bullen mit ihren Mannschaftswagen nicht durchkamen.«
    Mondrian hatte selbst beobachtet, wie ein ganzer Pulk von Schleppern nachts die Hauptstraße von Jameln blockiert und die Polizeiführer zur Weißglut getrieben hatte, weil die Fahrzeuge ineinander verkeilt waren und sich nicht mal mit schwerem Gerät wegräumen ließen.
    »Das ist natürlich nicht unser einziges Mittel, die Atomtransporte zu blockieren«, sagte ein zartes Mädchen mit langem Zopf, das sich als Birgit vorgestellt hatte. »Manche Leute buddeln Höhlen unter die Fahrbahn, andere ketten sich an Bahngleise und warten, bis die Polizisten Bolzenschneider organisiert haben.«
    »Oder es wird massenhaft Schotter unter den Schienen weggeräumt«, sagte ein rothaariger Hüne, »damit der Zug mit dem Scheißdreck gar nicht erst bis Dannenberg fahren kann.«
    »Habt ihr beim letzten Mal mitgeschottert?«
    An den Mienen konnte er ablesen, dass die Frage nicht gut ankam.
    »Okay«, trat er den Rückzug an, »ich weiß, dass die Staatsanwaltschaft ganz scharf darauf war, die Leute zu verfolgen. Aber die Verfahren waren doch ein Schlag ins Wasser.«
    »Weil Tausende mitgemacht haben. Nachts, bei Eiseskälte«, sagte Jennifer, die etwas älter war, vielleicht dreißig, und trotz ihrer Gärtnerkutte eher in eine Unibibliothek passte, »genau wie bei der Sitzblockade vor dem Zwischenlager, zu der unsere Gruppe aufgerufen hatte, X-tausendmal quer.«
    »Das alles hat letztlich nicht verhindert, dass die Castor-Behälter durchgekommen sind«, sagte Mondrian.
    »Aber wir haben die Staatsmacht wenigstens geärgert und unseren Spaß gehabt«, konterte Fritz. »Es gibt tausend Möglichkeiten, denen auf die Nerven zu gehen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Wir haben aus Jux mal einen sogenannten Strahlenschutzwall aus Sandsäcken über die Straße gebaut«, sagte Birgit.
    »Und ‘ne Geburtstagstorte aus Beton in die Einfahrt des Zwischenlagers gestellt«, erzählte Carsten, »außerdem mit Ballen aus Brennnesselstroh Hütten für die Republik Freies Wendland errichtet.«
    »Alles Aktionen, über die in der Presse kaum ein Wort stand.« Aaron warf Mondrian einen vorwurfsvollen Blick zu. »Schon gar nicht in Ihrem Blatt.«
    »Weil so was vielleicht doch ein bisschen naiv ist?« Mondrian drehte sich zu dem Jungen, der mit seinen runden Brillengläsern und dem

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