Gruene Armee Fraktion

elektronisch eingegangen ist.«
    »Und können Sie den Weg der Mail zurückverfolgen?«, fragte ein Mann, der sich als dpa-Vertreter vorstellte.
    »Nun, Sie wissen, wie schwierig das ist. Quasi unmöglich. Das kann über Kontinente gegangen sein. Aber allein die Tatsache, dass diese Selbstbezichtigung an das Bundesinnenministerium geschickt wurde, zeigt mir, dass uns diese Terrorgruppe den Krieg erklärt hat.«
    »Rechnen Sie mit weiteren Anschlägen? Wegen der merkwürdigen Formulierung ›Zug um Zug‹ möglicherweise?«
    »Das können wir zu dieser Stunde nicht ausschließen. Unsere Sicherheitskräfte sind jedenfalls in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Ab sofort haben wir die Überwachung der Bahnstrecken und Bahnhöfe verstärkt.«
    Bussung schaute noch einmal fest in die Kameras.
    »Ich versichere Ihnen, dass wir alles tun werden, um diesen verbrecherischen Irrsinn aufzuklären. Gleich nach Eingang der ersten Meldungen wurden weiträumige Straßensperren um den Landrückentunnel errichtet, leider bisher ohne Ergebnis. Zurzeit durchkämmen mehrere Hundertschaften der Polizei die Umgebung. Und soweit ich gehört habe, verfolgt das Bundeskriminalamt bereits eine heiße Spur.«
    Mondrian runzelte die Stirn und blickte suchend um sich. Am Hang neben dem Tunneleingang, zwischen Lärchen und Birken, entdeckte er Daffner mit einem Teil seines Trupps. Die BKA-Leute stiegen einen steilen Weg hoch, der sich an einem Bach entlangschlängelte und in einen Fichtenforst führte. Mondrian setzte sich eilig in Bewegung und holte sie ein, als sie eine Lichtung erreichten und stehen blieben.
    »So einfach war das also, verdammt noch mal!« Daffner kickte mit seinem Stiefel gegen einen herumliegenden Stamm.
    Zu Dutzenden lagen gefällte Bäume kreuz und quer am Rand der Lichtung oder sauber geschichtet auf einem Stapel, neben dem Forstarbeiter eine Holzbank zum Picknick gezimmert hatten.
    »Selbstbedienung für Terroristen«, Daffner zündete sich mürrisch eine Zigarette an, »freie Auswahl zum Barrikadenbau.«
    Die Täter hatten tatsächlich nur zugreifen müssen. Der Duft von frischem Harz und Haufen von Sägespänen um Baumstümpfe verrieten, dass an dieser Stelle kurz zuvor Fichten gefällt worden waren. Und es war auch nicht schwer, Spuren zu entdecken, die von der Lichtung zu einem Hang direkt über dem Tunneleingang führten.
    »Von da haben die Arschlöcher wahrscheinlich die Stämme auf die Gleise runtergeworfen«, vermutete Daffner, »und dann in wenigen Minuten im Tunnel ihren Prellbock gebaut.«
    Die BKA-Beamten folgten den Spuren in niedergetretenen Gräsern und trafen auf einen Schutzzaun. Der Draht war an einer Stelle durchschnitten und auseinandergebogen. Dahinter konnte man einen Trampelpfad durch das Gebüsch erkennen, immer wieder auch geknickte Zweige.
    »Du bleibst brav hinter mir«, sagte Daffner, und Mondrian gab sich Mühe, genau in der Spur seiner Vorderleute zu laufen, um keine Hinweise zu zerstören. Plötzlich sah er, wie der erste Beamte stehen blieb und die Hand hob. Im getrockneten Matsch, gerahmt von braunen Steinen, zeichnete sich der frische Eindruck eines Sportschuhs ab.
    »Treffer«, sagte der Kommissar und packte den Atos-Scanner aus.
     In der aufziehenden Dämmerung schoss er einen ultrahellen Lichtstrahl auf das geriffelte Muster, das die Sohle im Waldboden hinterlassen hatte. Zwei Kameras surrten daran entlang, um die Reflexionen aus unterschiedlichen Winkeln zu messen. »Eine feine Sache.« Daffner kontrollierte das dreidimensionale Bild auf dem Laptop. »Damit haben wir schon mal eine eingeschlagene Schädeldecke aufgezeichnet. Und die Bissspuren eines Mörders in einem Apfel. Wenn jetzt irgendwo ein verdächtiger Schuh auftaucht, können wir tausendprozentig sagen, ob er hier am Tatort war.«
    »Dann kannst du auch gleich das da einscannen«, sagte eine Beamtin und zeigte auf einen Baum wenige Meter weiter.
    Daffner trat näher heran und leuchtete mit seiner Taschenlampe. »Exakt wie in Geesthacht.«
    In Kopfhöhe war ein X in die Rinde gekerbt, fünfzehn Zentimeter groß, nicht zu übersehen.

12
    Samstag, Morgen
     
    Betreff: opfer
     
    Gesendet: 07:43 uhr
     
    team ohne ausfälle zurück, kontrollen umfahren, bei uns keine verluste. bisher unklar, wie viele im ice auf der strecke geblieben sind.
    zu viele opfer? irritationen im umfeld. müssen dringend darüber reden.
    positiv: keiner kann mehr wegsehen, 9/11 in deutschland. jeder weiß jetzt, dass es um eine große sache