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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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Scheinwerferlicht. Er konnte gerade noch bremsen, bevor es mit einem Satz im Dickicht verschwand.
    Aber da gab es noch etwas, das ihn danach nicht mehr losließ. Irgendetwas irritierte ihn an dem, was Schirra gesagt hatte.
    Im Wendland sind Sie auf der falschen Spur.
    Woher wusste der Verfassungsschützer, wo er gewesen war?

14
    Verfassungsschutz, Hamburg
     
    Der Paternoster ächzte und knarrte. Mondrian wartete einen Augenblick, bis eine neue Kabine von unten hochkam. Dann gab er sich einen Ruck und stieg mit einem schnellen Schritt in das jahrzehntealte Ungetüm ein. Die braune Kabine mit dem abgestoßenen Holz zuckelte gemächlich nach oben, und wie immer, wenn er bei der Hamburger Behörde für Inneres war, freute er sich auf diese Zeitreise. Der ehrwürdige Klinkerbau am Johanniswall in der Hamburger Altstadt war eines der wenigen Gebäude, das überhaupt noch solch einen Dinosaurier besaß. Während er sich langsam dem dritten Stock näherte, fragte er sich einen Augenblick, ob er dort überhaupt aussteigen sollte. Oder lieber noch eine Runde weiterruckeln? Über den oberen und unteren Wendepunkt, wie in einem Riesenrad?
    Er überfiel ihn manchmal, dieser Impuls, etwas Verspieltes, Verrücktes zu tun. Kirschkerne über einen Tisch spucken. Slalom auf schnurgeraden Radwegen fahren. Kopfstand auf einer Wiese machen. Eine kindische Sehnsucht nach einer unbeschwerten Zeit. Und dieser Ort war wohl der unpassendste Platz für Albereien, den man sich denken konnte. In dem düsteren Gebäude mit den gekachelten Wänden hätte man sich nicht gewundert, wenn die Beamten noch Ärmelschoner getragen und Aktenwagen durch die Flure geschoben hätten. Nicht wirklich überraschend, dachte Mondrian, wenn ihm auf einem der gewienerten Korridore Franz Kafka begegnen würde. Als er im dritten Stock ankam, sprang er im letzten Moment aus dem Paternoster und stand vor einer verschlossenen Tür.
    Drei oder vier Minuten dauerte es, bis sie nach einem Klingelzeichen von innen geöffnet wurde. Ein Uniformierter in einem Glaskasten nahm seine Personalien auf und sein Handy in Gewahrsam. Dann führte er ihn durch ein abgeschottetes Treppenhaus zu einem Raum, aus dem eine helle Stimme drang. Schirra telefonierte gerade. Als er Mondrian durch die halb offene Tür bemerkte, legte er auf und winkte ihn hinein.
    Frank Schirra war Mitte vierzig und mittelgroß und wirkte anders als die meisten Bediensteten in dieser Behörde, die so unnahbar schienen. Mit seinem gewinnenden Lächeln und der fortschreitenden Glatze sah er Tagesthemen-Moderator Tom Buhrow verblüffend ähnlich; zum cremefarbenen Anzug trug er eine rote Krawatte – möglicherweise ein Tribut an die Partei, auf deren Ticket er bis zum Abteilungsleiter aufgestiegen war. Dass er auch sonst ein Faible für Farben hatte, sah man an einem Kunstwerk hinter seinem hoch beladenen Schreibtisch: ein abstraktes Gemälde in Orange und Blau, das Mondrian bekannt vorkam.
    »Marc Rothko?«, fragte er. Die Bilder des Amerikaners hatte er selbst in der Kunsthalle bewundert.
    »Ja, bloß nicht Öl auf Leinwand, sondern Druckfarben auf Pappe. Der Staat muss ja sparen«, sagte Schirra mit einem Schuss Ironie. »Immerhin reicht es noch für legale Drogen.« Er goss stark duftenden Kaffee in zwei Tassen. »Kondensmilch, Zucker, Gebäck?«
    Mondrian setzte sich und ließ zwei weiße Würfel in den schwarzen Sud purzeln. »Woher wussten Sie eigentlich, dass ich im Wendland war?«
    »Schon mal was von einem IMSI-Catcher gehört?« Der Verfassungsschützer konnte einen leisen Triumph in der Stimme nicht verbergen.
    Dein Handy, schoss es Mondrian durch den Kopf. Gestern die ganze Zeit eingeschaltet gewesen. Und die Nummer war Schirra bekannt. Die hattest du ihm beim letzten Treffen gegeben, auf eine Visitenkarte gekliert. Natürlich, damit konnte ihn der Verfassungsschutz fast überall im Umkreis von wenigen hundert Metern lokalisieren. Er brauchte nur ein elektronisches Fanggerät einzusetzen, das einen Funkmast simulierte und das Handy veranlasste, automatisch Kontakt dorthin aufzubauen.
    »Die IMSI-Technik wird immer feiner«, sagte Schirra zufrieden, »die Catcher passen problemlos in einen Van. Nicht mal die Antenne können Sie entdecken.«
    Mondrian versuchte sich zu erinnern, ob er am Vortag verdächtige Lieferwagen in seiner Nähe gesehen hatte. »Und warum hatten Sie mich überhaupt auf Ihrem Radar?«
    »Könnte sein, dass Ihr Name in gewissen Telefonaten gefallen ist«, sagte Schirra betont

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