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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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zugesichert wurde.« Er gab sich keine Mühe, den Ärger in seiner Stimme zu verbergen. »Da hat das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Hände drauf.«
    Schwarz vermummte Gestalten, überlegte Mondrian, nachdem er aufgelegt hatte.
    Der Schwarze Block?
    Dieses Bild würde er nicht vergessen. Rostock, ein heiterer Samstagnachmittag. Beim Protestzug gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm war er direkt neben einer Formation von dunkel gekleideten Anarchisten aus halb Europa gelaufen. Als der Zug ein neues Luxushotel passierte, in dem die halbe US-Delegation abgestiegen war, wurden plötzlich Kapuzen über die kurz geschorenen Schädel gezogen, die Gesichter verschwanden halb hinter Tüchern. Dann flogen Steine. Erst einzelne, danach immer mehr. Er hatte noch immer den trockenen Knall im Ohr, mit dem sie auf die Polizeiwagen prallten. Ein Stück weiter splitterten die Scheiben einer Sparkasse, schließlich die Glastüren eines Supermarkts. Die Schäden schienen unbedeutend, die örtlichen Glaser würden sich freuen. Aber Mondrian war erschrocken, wie militärisch die Vermummten auftraten und welcher Hass in den Augen flackerte.
    Ein Hass, der nach dem Strahlendesaster in Fukushima, nach dem Gezerre um die deutschen Meiler auch in die Anti-AKW-Bewegung eingezogen war?
    Ein Sonnenstrahl strich über die weiße Tastatur, und Mondrian schloss die Augen. Die Bilder der schwarz vermummten Gestalten mischten sich mit Gesichtern, die mit Regenbogenfarben bemalt waren. Bunte Zelte in einem Camp gegen die Castor-Transporte bei Gorleben. Eine Prozession singender Demonstranten durch einen Kiefernwald, unterbrochen von »Keine Gewalt!«-Rufen an Polizeisperren.
    »All we are saying is give peace a chance …«
    Und jetzt?
    Jetzt schaute er direkt in die Mündung einer Browning. Langsam und lautlos wanderte eine Patrone aus dem Griff der Pistole in ihren Lauf. Ein roter Feuerstrahl, und die Kugel glitt in Ultra-Zeitlupe heraus. Der Schlitten strich nach hinten, die Hülse wurde ausgeworfen, schwebte taumelnd weg, als flöge ein Komet durch den Kosmos. Die nächste Patrone wanderte in den Lauf …
    Mondrian liebte diesen Bildschirmschoner. Er hatte ihn gleich auf seinen Rechner heruntergeladen, nachdem er ihn bei einem bayerischen Schusswaffenexperten entdeckt hatte. Ein Todeswerkzeug als Perpetuum mobile. Läuft weiter und weiter wie das buddhistische Rad des ewigen Lebens, dachte er manchmal. Deine spirituelle Arschtrittmaschine. Bringt dich auf Trab, wenn du mit deinen Gedanken festhängst.
    Ein heller Ton ließ ihn hochschrecken. Er meldete den Eingang einer Mail.
    »Treffen der Task-Force im Showroom, Update und Einsatzplanung«, hatte Marc Rolfes geschrieben. »Wir legen sofort los.«
    Mit raschen Schritten stieg Mondrian in den sechzehnten Stock zu dem Raum mit den Monitoren. Die Tür war bereits geschlossen; ein Schild mit der Aufschrift »Bitte nicht stören – Vernehmung!« hing daran. Bruno Wunder hatte es einmal bei einem Staatsanwalt mitgehen lassen, der ihn besonders hochnäsig abgekanzelt hatte. Mondrian schob es zur Seite und betrat mit einem anderen Nachzügler den Raum, in dem bereits ein Dutzend Redakteure und Reporter durcheinanderredeten.
    »Jetzt mal Ruhe!«, rief Rolfes mit einem ungeduldigen Blick in die Runde und wartete, bis alle ihn anschauten. »Eine Blitzkonferenz bei Grosser hat vorhin beschlossen, dass wir sieben oder acht Extraseiten zu dem ICE-Horror machen. Das volle Programm, eine minutiöse Chronik mit vielen Schicksalen …«
    »Da gibt es Wahnsinnsfälle«, unterbrach ihn ein aufgeregter Lockenkopf, der gerade von einer Recherche zurückgekommen war, »in Kassel ist eine ganze Gruppe von Studentinnen eingestiegen, die zu einer Ausstellung in München wollten. Die sind alle in den Tod gefahren …«
    »… und in Hannover hat ein Bäckermeister seine Frau samt drei Kindern zum Zug gebracht und in die Ferien verabschiedet«, verkündete eine Kollegin ihre Story, »wiedergesehen hat er sie im Leichenschauhaus.«
    »Ich habe mit einem jungen Investmentbanker gesprochen, der zwischen Trümmern eingeklemmt lag und miterlebt hat, wie seine Frau verblutete«, meldete sich Bruno Wunder. »Die beiden waren auf Hochzeitsreise.«
    »Super«, sagte Rolfes, »aber vergesst nicht, das Grauen muss Gesichter kriegen. Wir brauchen Bilder von den Opfern, die einen richtig angucken. Ja, so wie das …«
    Ein junger Bildredakteur hatte einen Monitor eingeschaltet. Darauf war die Bäckersfrau mit ihren Kindern

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