Grüne Magie
Magie? Unsere Klingen bestehen aus gewöhnlichem Stahl, aber sie sind sehr scharf!« Und innerhalb weniger Augenblicke wurde Voynod in Stücke geschnitten.
Dann wandten sich die Banditen Cugel zu. »Und du? Möchtest du das Schicksal deines Begleiters teilen?«
»Mitnichten!« erwiderte Cugel. »Jener Mann war nur ein Diener, der meine Tasche trug. Ich bin Magier. Seht nur dieses Rohr hier! Dem ersten von euch, der sich mir zu nähern wagt, schleudere ich blaues Konzentrat entgegen!«
Die Banditen zuckten mit den Schultern und gingen fort. Cugel nahm den Beutel Voynods an sich und winkte dann den Wirt herbei. »Laß bitte die beiden Leichen fortschaffen. Und dann bring mir einen Becher Glühwein.«
»Was ist mit der Zeche deines Gefährten?« fragte der Wirt argwöhnisch.
»Mach dir keine Sorgen: Ich komme voll und ganz dafür auf.«
Die Toten wurden ins Lager hinter dem Gasthaus gebracht, und Cugel trank einen letzten Becher Glühwein und zog sich dann in sein Zimmer zurück. Er verriegelte die Tür, öffnete die Tasche des Zauberers und breitete ihren Inhalt auf dem Tisch aus. Das Geld verstaute er in der Börse. Die Talismane, Amulette und thaumaturgischen Instrumente packte er in seine eigene Tasche. Die Schachtel mit der Salbe schob er beiseite. Er war recht zufrieden mit der Arbeit dieses Tages, streckte sich auf dem Bett aus und schlief kurze Zeit später ein.
Am folgenden Tag durchstreifte Cugel die Stadt und erkletterte den höchsten von insgesamt acht Hügeln. Der Anblick, der sich ihm von der Kuppe aus darbot, war gleichzeitig öde und prächtig. Rechts und links erstreckte sich die weite Wasserfläche des Scamander-Stroms. Die Straßen sahen aus wie dünne Linien, die an quadratischen Blöcken aus Ruinen vorbeiführten, an offenen Plätzen, den Stuckhütten der Armen und den Palästen der Reichen. Erze Damath war die größte Stadt, die Cugel jemals gesehen hatte, weitaus größer noch als Alrriery oder Ascolais, obwohl es sich bei dem überwiegenden Teil nur noch um Schutthaufen handelte.
Nach einer Weile kehrte er ins Zentrum der Stadt zurück und suchte den Stand des Geografen auf. Er bezahlte eine Gebühr und fragte, welches der kürzeste und sicherste Weg sei, der nach Almery führe.
Der Gelehrte gab keine übereilte Antwort, dachte gründlich nach und holte verschiedene Karten und Übersichten hervor. Er studierte sie eingehend und wandte sich dann an Cugel. »Diesen Rat gebe ich dir: Reise am Ufer des Scamanderstroms entlang, bis du auf den Ascfluß stößt. Folge seinem Verlauf, bis du eine Brücke mit sechs Pfeilern findest. Von dort aus zieh nach Norden weiter, durch die Berge von Magnatz, an die sich ein Wald anschließt, der Ermgroß genannt wird. Setze deinen Weg durch jenen Wald nach Westen fort, bis du an die Küste des Nordmeers gelangst. Dort mußt du dir ein Boot bauen und dich den Kräften des Windes und der Strömung anvertrauen. Wenn du durch Zufall das Land des Geborstenen Walles erreichst, hält die Weiterreise nach Süden, nach Almery, kaum mehr Probleme bereit.«
Cugel seufzte. »Du hast gerade ziemlich genau den Weg beschrieben, den ich gekommen bin. Gibt es keine andere Route?«
»Doch. Ein mutiger Mann könnte das Wagnis eingehen, durch die Silberne Wüste bis zum Songanmeer zu ziehen. Jenseits davon erstrecken sich die öden Regionen eines Landes, das ans östliche Almery grenzt.«
»Nun, das klingt schon besser. Wie soll ich die Silberne Wüste durchqueren? Gibt es Karawanen?«
»Wozu denn? Es gibt niemanden, der die Waren kaufen könnte, die auf solche Weise transportiert werden. Abgesehen von Räubern und Banditen – doch die ziehen es vor, sich einfach zu nehmen, was ihnen gefällt. Es wäre eine Gruppe von mindestens vierzig Männern erforderlich, um die Wegelagerer von Angriffen abzuhalten.«
Cugel verließ den Stand. In einer nahen Taverne trank er einen Kelch Wein und überlegte, wie er eine aus vierzig Männern bestehende Streitmacht zusammenstellen sollte. Nun, die Pilger… Es waren insgesamt sechsundfünfzig, nein, fünfundfünfzig nach dem Tod Voynods. Ja, die Pilger mochten ihm durchaus von Nutzen sein…
Cugel trank noch einen zweiten Becher Wein und dachte konzentriert nach.
Dann bezahlte er seine Zeche und lenkte seine Schritte in Richtung des Schwarzen Obelisken. ›Obelisk‹ war eigentlich eine irreführende Bezeichnung; in Wirklichkeit handelte es sich um einen mehr als dreißig Meter hohen pechschwarzen Spitzfelsen. Dort, wo er aus dem
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