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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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das auf seine Belustigung hindeutete. »Und gelang es dir, eine geistige Verbindung herzustellen?«
    »Eigentlich nicht«, gestand Sam Salazar ein. »Ich konnte einige Empfindungen des Baumes spüren – die Wärme des Sonnenscheins, den ruhigen Frieden der Dunkelheit, die Kühle des Regens. Doch was optische und akustische Erfahrungen betrifft – nichts. Allerdings bedaure ich mein damaliges Bemühen nicht. Es war ein recht nützliches Erlebnis.«
    »Ein interessantes Unterfangen, wenn es auch ohne Erfolg blieb. Jene Idee ist keineswegs so neu, wie du vielleicht glaubst. Doch den Empirismus – um einen archaischen Ausdruck zu verwenden – deiner Methode kann man geradezu als kühn bezeichnen und erweckte ohne Zweifel den Unmut Isak Comandores, der von den abergläubischen Neigungen unserer Vorfahren nichts hält. Ich vermute, er warnte dich vor Banalitäten, metaphysischem Unsinn und Inspirationalismus.«
    »Ja«, antwortete Sam Salazar. »Er hielt mir einen recht langen Vortrag.«
    »Du solltest dir jene Lektion zu Herzen nehmen. Isak Comandore erweist sich manchmal als ein Mann, dem es nicht einmal gelingt, die einfachste Wahrheit glaubwürdig darzustellen. Ein anderes Beispiel ist Lord Faide, der sich selbst für einen aufgeklärten Mann hält, frei von jedem Aberglauben. Trotzdem fährt er mit einem Wagen, der jeden Augenblick auseinanderbrechen könnte; er trägt eine eintausendsechshundert Jahre alte Pistole bei sich und verläßt sich darauf, daß Höllenmaul Faidefeste schützt.«
    »Vielleicht sehnt er sich unbewußt nach den alten magischen Zeiten zurück«, vermutete Sam Salazar nachdenklich.
    »Möglich«, sagte Hein Huss. »Und was ist mit dir?«
    Der Novize zögerte. »Jene Epoche scheint sich durch so etwas wie Romantik und eine Art wilde Pracht auszuzeichnen.« Rasch fügte Sam Salazar hinzu: »Aber natürlich ist Mystizismus kein angemessener Ersatz für orthodoxe Logik.«
    »Selbstverständlich nicht«, stimmte Hein Huss zu.
    »Geh jetzt. Ich muß über die morgigen Ereignisse nachdenken.«
    Der junge Novize verließ das Zelt, und Hein Huss stemmte sich brummend und stöhnend in die Höhe, trat an die Zugangsplane heran und beobachtete das Lager. Inzwischen herrschte Stille. Von den Feuern war nur noch glühende Asche übriggeblieben, und die Ritter und Soldaten lagen in den Mulden, die sie ins Moos geschnitten hatten. Im Norden und Süden erstreckten sich die Dichtwälder. Hier und dort zwischen den Bäumen und auch an den Hügelhängen flackerte es ab und zu: Das Licht stammte vom Ersten Volk, das Sporenschoten aus dem Moos erntete.
    Hein Huss spürte die Gegenwart eines anderen. Er drehte den Kopf und erkannte die verhüllte Gestalt des Unglücksbringers Enterlin, der sein Gesicht verbarg und nur im Flüsterton sprach, der sich, anstatt eine natürliche Gangart zu benutzen, steif und ruckartig bewegte. Auf diese Weise hoffte er, seine Anfälligkeit gegenüber feindlicher Unheilskunst zu mindern. Wenn jemand offen zeigte, daß er an Kurzsichtigkeit und Rheuma litt, daß er vergeßlich, schwermütig und melancholisch war, so mochte sich das bei Auseinandersetzungen mit gegnerischen Thaumaturgen als fatal erweisen. Aus diesem Grund versuchten Unglücksbringer immer den Eindruck zu erwecken, als strotzten sie geradezu vor Gesundheit und Lebenskraft – selbst dann, wenn sie eigentlich einen Krückstock benötigt hätten und angesichts der Krämpfe in ihrem geschwächten Leib am liebsten laut schreien würden.
    Hein Huss winkte Enterlin zu und schlug die Zugangsplane zur Seite. Als der Besucher hereingekommen war, trat Huss an seine Kommode, holte eine Flasche hervor und goß zwei Krüge voll. »Reine Gastfreundschaft – frei von Heimtücke und Hinterhältigkeit.«
    »Gut«, hauchte Enterlin und griff nach dem Becher, der am weitesten von ihm entfernt stand. »Schließlich sollten selbst wir Unglücksbringer uns dann und wann wie Menschen geben.« Er wandte sich von Huss ab, schob den Becher vorsichtig durch den Kapuzenschleier vor dem Gesicht und trank. »Erfrischend«, raunte er. »Und wir müssen frisch sein, denn morgen erwartet uns viel Arbeit.«
    Huss lachte leise und brummend. »Morgen messen sich Isak Comandore und Anderson Grimes mit ihren Dämonen. Uns kommen nur zweitrangige Aufgaben zu.«
    Durch die schwarze Gaze vor seinen Augen bedachte Enterlin den großen Hein Huss mit einem wachsamen Blick. »Gewiß wird sich Comandore über eine solche Gelegenheit freuen. Sein Ehrgeiz bedrückt

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