Grüne Magie
Nein, in diesem Fall ist deine Lanze ein weitaus verläßlicheres Instrument als mein Geist.«
Sam Salazar nickte verstehend und ging wieder los. Hein Huss wankte einige Meter hinter ihm dahin. Zunächst stocherte der junge Novize mit großer Vorsicht im Moos herum und fand zwei Fallen. Anschließend jedoch schritt er immer rascher und übermütiger aus, bis Hein Huss verärgert rief: »Nicht so schnell, Junge! Sonst erwartet dich der sichere Tod.«
Daraufhin wurde Sam Salazar etwas langsamer. »Überall um uns herum sind Fallen versteckt, aber ich habe jetzt das Anordnungsmuster erkannt. Jedenfalls glaube ich das.«
»Ach, tatsächlich? Dann erklär es mir bitte, denn ich bin ja nur der Oberste Unglücksbringer und damit nichts weiter als ein unwissender Narr.«
»Sehen Sie nur: Wenn wir dort entlanggehen, wo kürzlich die Sporenschoten geerntet wurden, brauchen wir nichts zu befürchten.«
Hein Huss brummte. »Nun gut, also weiter! Verlier keine Zeit! Schließlich müssen wir heute noch gegen Ballantfeste in die Schlacht ziehen.«
Nach zweihundert Metern blieb Sam Salazar jäh stehen. »Weiter, Junge, weiter!« knurrte Hein Huss.
»Die Wilden bedrohen uns. Ich kann sie in der Pflanzung sehen. Sie tragen Rohre bei sich, die sie auf uns richten.«
Hein Huss hielt eine Zeitlang Ausschau, und dann hob er den Kopf und rief einige zischende Worte in der Sprache des Ersten Volkes.
Einige Sekunden verstrichen, und dann näherte sich ihnen eins der Geschöpfe: ein nacktes humanoides Wesen, so häßlich wie eine Dämonenmaske. Unter den Armen zeigten sich aufgeblähte Schaumbeutel, und orangefarben gesäumte Schaumschlitze deuteten nach vorn. Der Rücken war runzlig und beweglich: Die Haut diente als eine Art Blasebalg, der Luft durch die Schaumbeutel pumpte. Die Finger der recht großen Hände endeten in meißelförmigen Klingen, und der Schädel war mit Chitin gepanzert. Zu beiden Seiten des Kopfes glitzerten große Facettenaugen, die sich aus Myriaden von Linsen zusammensetzten. Sie alle funkelten im Glanz schwarzer Opale, und ohne erkennbare Trennung vereinten sie sich mit dem Chitin. Jenes Wesen gehörte zu den Urbewohnern dieses Planeten. Bevor die Menschen kamen, lebten die Eingeborenen im Hügelland, gruben Stollen ins Moos und schützten sich mit Schaummassen aus den Beuteln unter den Armen.
Das Geschöpf kam heran und blieb stehen. »Ich spreche für Lord Faide von Faidefeste«, sagte Huss. »Eure Pflanzung blockiert seinen Weg. Er bittet euch darum, ihn hindurchzuführen, so daß eure Bäume keinen Schaden nehmen und seine Männer nicht die Fallen auslösen, die ihr errichtet habt, um eure Feinde fernzuhalten.«
»Die Menschen sind unsere Feinde«, erwiderte der Autochthone. »Löst so viele Fallen aus, wie ihr wollt – gerade darin besteht ja ihr Zweck.« Er wich zurück.
»Einen Augenblick!« sagte Hein Huss rasch. »Lord Faide muß die Pflanzung passieren. Er zieht gegen Lord Ballant in die Schlacht. Ihm ist nichts daran gelegen, gegen das Erste Volk zu kämpfen. Deshalb wäre es ratsam, wenn ihr ihn so schnell wie möglich durch die Pflanzung geleitet.«
Das Wesen dachte kurz nach. »Ich bin einverstanden und übernehme diese Aufgabe selbst.« Und über das Moos hinweg schritt es in Richtung der wartenden Streitmacht.
Hein Huss und Sam Salazar folgten ihm. Die Beine des Autochthonen waren flexibler als die von Menschen, und daher hatte es den Anschein, als schlängelte er sich dahin. Dann und wann blieb er stehen und betrachtete aufmerksam das sich vor ihm erstreckende Gelände.
»Der Fremde verwirrt mich«, wandte sich Sam Salazar an Hein Huss. »Die Verhaltensweise jenes Wesens ist mir rätselhaft.«
»Das wundert mich nicht«, brummte Hein Huss. »Es gehört zum Ersten Volk, und du bist ein Mensch. Es gibt also keine gemeinsame Basis für ein gegenseitiges Verstehen.«
»Dem kann ich nicht zustimmen«, sagte Sam Salazar ernst.
»Bitte?« Hein Huss bedachte den Novizen mit einem finsteren Blick. »Willst du mich etwa herausfordern, mich, den Obersten Unglücksbringer Hein Huss?«
»Das käme mir nie in den Sinn«, versicherte ihm Sam Salazar. »Allerdings haben wir meiner Meinung nach doch etwas mit dem Ersten Volk gemeinsam: unser Bestreben, zu überleben.«
»Eine Binsenwahrheit«, grollte Hein Huss. »Und worin besteht deine Verwirrung angesichts dieser Interessengleichheit?«
»Mir gibt der Umstand zu denken, daß das Wesen erst ablehnte und sich dann doch bereiterklärte, uns durch
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