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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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schrecklich!«
    »Allerdings. Sie blutete drei Tage lang, und danach konnte sie sich im Ehebett nie entspannen und diese Dinge genießen. Das brachte ihn natürlich nur noch mehr in Wut. Einmal stieß er sie die Treppe hinab.«
    »Großer Gott!«
    »Dann fiel er über die farbigen Mädchen her, die für ihn arbeiteten. Ruth sagte, eine sei erst zwölf gewesen. Als sie herausfand, was für einen Mann sie geheiratet hatte, war es zu spät. Ihre Mutter, die bei ihr wohnte, wurde krank. Deshalb konnte sie Frank Bennetts Haus nicht verlassen. Fast jede Nacht kam er betrunken heim und zwang sie zum Sex. Sie lag einfach nur da, betete und dachte an uns alle in Whistle Stop, um nicht den Verstand zu verlieren.«
    »Angeblich lernt man einen Mann erst kennen, wenn man mit ihm zusammenlebt«, bemerkte Evelyn.
    »Das stimmt. Sipsey sagte immer: ›Was für einen Fisch man hat, weiß man erst, wenn man ihn aus dem Wasser zieht.‹ Nur gut, dass Stump seinen Daddy niemals sah! Ruth lief weg, ehe der Kleine auf die Welt kam. Damals wusste sie noch gar nichts von ihrer Schwangerschaft. Sie lebte schon seit zwei Monaten bei Idgie, als sie merkte, dass ihr Bauch dicker wurde. Da ging sie zum Arzt und erfuhr, was mit ihr los war. Stump wurde im großen Haus geboren, ein süßes blondes Baby mit braunen Augen, sieben Pfund schwer. Als Momma ihn zum ersten Mal sah, rief sie: ›Oh Idgie, er hat deine Haare!‹ Ja, er war ganz hellblond.
    Poppa Threadgoode nahm Idgie beiseite, und erklärte, nun trage sie die Verantwortung für Ruth und ein Baby. Sie müsse sich überlegen, was sie tun wolle. Und dann gab er ihr ein Startkapital von fünfhundert Dollar. Damit kaufte sie das Café.«
    Evelyn fragte, ob Frank Bennett von seiner Vaterschaft erfahren habe.
    »Keine Ahnung.«
    »Sah er Ruth nie wieder, nachdem sie Georgia verlassen hatte?«
    »Nun, das weiß ich nicht, aber eins steht fest – er kam nach Whistle Stop, zumindest einmal. Und das mag einmal zu viel gewesen sein, was ihn betraf.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil er ermordet wurde.«
    »Ermordet!«
    »Oh ja, Schätzchen. Er war mausetot.«

V ALDOSTA , G EORGIA
    18. September 1928
    Als Ruth in jenem Sommer nach Hause gefahren war, um zu heiraten, hatten Frank und seine Mutter sie vom Bahnhof abgeholt. Sie hatte vergessen, wie hübsch er aussah, wie glücklich ihre Mutter über die gute Partie war.
    Sofort fingen die Partys an, und sie versuchte die Gedanken an Whistle Stop zu verdrängen. Aber manchmal, inmitten einer Menschenmenge oder nachts, wenn sie allein im Bett lag – sie wusste nie, wann es geschehen würde –, erschien Idgie vor ihrem geistigen Auge. Und dann sehnte sie sich so schmerzlich nach ihr, der Freundin, dass es ihr den Atem nahm.
    Wann immer das passierte, flehte sie den Allmächtigen an, ihren Kopf von solchen Gedanken zu befreien. Sie wusste, dass sie da war, wo sie sein musste, und dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Gott würde ihr beistehen. Sicher würden diese Gefühle allmählich verschwinden, mit Seiner Hilfe.
    In der Hochzeitsnacht ging sie zu Bett, fest entschlossen, sich wie eine gute Ehefrau zu verhalten. Deshalb war sie schockiert über Franks Brutalität. Es kam ihr beinahe so vor, als wollte er sie bestrafen. Später lag sie in ihrem Blut da, und er stand einfach auf und entfernte sich, um in einem anderen Zimmer zu schlafen.
    Danach sank er nur in ihr Bett, wenn er Lust auf Sex hatte – und neun- von zehnmal, wenn er zu betrunken oder zu faul war, um in die Stadt zu fahren.
    Ruth fürchtete, irgendetwas an ihr hätte ihn veranlasst, sie zu hassen. Sosehr sie sich auch bemühte, ihre Gefühle zu unterdrücken – Frank musste ihre Liebe zu Idgie bemerkt haben. Wieso, wusste sie nicht – es mochte in ihrer Stimme, in ihren Gesten zum Ausdruck gekommen sein. Jedenfalls schien er es zu wissen, und aus diesem Grund verachtete er sie. Und so hatte sie mit ihrem schlechten Gewissen gelebt, die Schläge und Beleidigungen ertragen, weil sie glaubte, nichts Besseres zu verdienen.
    Der Arzt kam aus dem Zimmer ihrer Mutter. »Mrs. Bennett, sie hat zu sprechen begonnen. Vielleicht möchten Sie sich zu ihr setzen.«
    Ruth betrat den Raum und nahm neben dem Bett Platz. Die Kranke, die eine Woche lang kein Wort gesagt hatte, öffnete die Augen und sah ihre Tochter an. »Verlass ihn«, wisperte sie. »Versprich es mir. Er ist der Teufel. Ich habe Gott erblickt. Und er ist der Teufel. Ich höre Dinge … Ruth, du musst weg von hier …

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