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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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»Großer Gott, das sind sie!«, jammerte Sipsey. »Ich wusste es ja …«
    Ruth, die hinter der Theke arbeitete, fragte: »Was ist denn los?« Dann eilte sie zum Fenster, um selber nachzuschauen. Sobald sie die Lage sondiert hatte, rief sie: »Onzell, versperr die Hintertür und bring mir das Baby!«
    Die Männer standen einfach nur auf dem Gehsteig, wie weiße Statuen. Einer trug ein Schild mit blutroten Lettern – »Hütet euch vor dem unsichtbaren Reich … Die Fackel und der Strick sind hungrig.«
    Grady Kilgore stand auf, ging hinüber und fuhrwerkte mit einem Zahnstocher in seinem Mund herum, während er die Männer mit den spitzen Kapuzen musterte. Der Radiosprecher verkündete: »Und jetzt senden wir für die vielen Freunde, die darauf warten, ›Just Plain Bill, der Friseur von Harville‹, die Geschichte eines Mannes, der Ihr Nachbar sein könnte …«
    Idgie, die im Bad gewesen war, kam ins Café und sah alle aus dem Fenster starren. »Was gibt’s denn da draußen?«
    »Komm her«, sagte Ruth, und Idgie spähte hinaus.
    »Oh Scheiße!«
    Onzell gab Ruth das Baby und wich ihr nicht von der Seite.
    Erbost wandte sich Idgie zu Grady: »Was soll das, zum Teufel?«
    Grady, der immer noch zwischen seinen Zähnen stocherte, entgegnete im Brustton der Überzeugung: »Das sind nicht unsere Jungs.«
    »Nun, wer sind sie dann?«
    Er warf sein Fünfcentstück auf den Tisch. »Ihr bleibt hier. Ich werde verdammt noch mal rausfinden, was da vorgeht.«
    Sipsey stand mit ihrem Besen in einer Ecke und murmelte, ohne jemand Bestimmten anzureden: »Vor den Geistern weißer Männer fürchte ich mich nicht, oh nein, Sir.«
    Grady verließ das Lokal und sprach mit den Männern. Nach ein paar Minuten nickte der eine und sagte etwas zu den anderen. Der Reihe nach entfernten sie sich, so leise, wie sie gekommen waren.
    Wenn Ruth sich auch nicht ganz sicher sein konnte, so glaubte sie doch, einer der Männer hätte sie und das Baby direkt angestarrt. Dann erinnerte sie sich an etwas, das Idgie ihr einmal erzählt hatte. Sie blickte auf die Schuhe des Mannes, als er in einen der Lieferwagen kletterte, und erschauerte. Schwarze, glänzend polierte Schuhe …
    Sorglos kam Grady ins Café zurück. »Die hatten nichts Besonderes vor. Ein paar alte Knaben, die euch ein bisschen Angst einjagen wollten … Einer war mal hier wegen einer Sache, und da sah er euch mit den Niggern an der Hintertür. Deshalb dachte er, man müsste euch mal einen Denkzettel verpassen.«
    Idgie fragte, womit er die Leute so schnell verscheucht habe, und er nahm seinen Hut vom Ständer. »Ich sagte einfach, das seien unsere Nigger. Wir brauchen keine Bande, die aus Georgia rüberkommt und erklärt, was wir tun und was wir lassen sollen.« Nun schaute er direkt in ihre Augen. »Und ich garantiere dir, verdammt noch mal, dass sie nicht wiederkommen werden.« Damit setzte er seinen Hut auf und verließ das Café.
    Wenn Grady auch eingetragenes Mitglied des Dillgurkenclubs und ein notorischer Lügner war – an diesem Tag sagte er die Wahrheit. Was Idgie und Ruth allerdings nicht erfuhren – die Jungs aus Georgia waren zwar niederträchtig, aber nicht dumm genug, um sich mit dem Ku-Klux-Klan von Alabama anzulegen. Deshalb verschwanden sie schleunigst und ließen sich nicht mehr blicken.
    Und so kehrte Frank Bennett allein zurück – in finsterer Nacht.

V ALDOSTA G AZETTE
    15. Dezember 1930
    E INHEIMISCHER VERMISST
    Frank Bennett, 38, Zeit seines Lebens Einwohner von Valdosta, wurde heute von seinem jüngeren Bruder Gerald als vermisst gemeldet. Jake Box, ein Angestellter des älteren Bennett, hatte erklärt, dieser sei von seinem Jagdausflug nicht zurückgekommen.
    Das letzte Mal wurde er am Morgen des 13. Dezember gesehen, als er sein Haus verließ und Mr. Box mitteilte, er würde abends wieder daheim sein. Wer Informationen über den Verbleib des Vermissten hat, wird gebeten, sich an die zuständigen Behörden zu wenden.

W HISTLE S TOP , A LABAMA
    18. Dezember 1930
    Es war wieder ein eiskalter Alabama-Nachmittag, und in der Küche des Cafés brodelte das Schweinefleisch. Der große Topf quoll fast über, und bald würden die längst verstorbenen Schweine unter Big Georges Spezial-Barbecue-Sauce begraben sein.
    Er stand mit Artis vor dem Topf, und als er aufblickte, sah er drei bewaffnete Männer auf sich zukommen. Grady Kilgore, Sheriff von Whistle Stop und Teilzeitdetektiv bei der Bahn, nannte ihn normalerweise George, aber heute zog er vor den beiden

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