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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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Versprich es mir …«
    Zum ersten Mal hatte diese scheue Frau sich über Frank geäußert. Ruth nickte und drückte ihr die Hand. An jenem Nachmittag schloss der Doktor ihrer Mutter für immer die Augen.
    Weinend saß Ruth bei ihr, und eine Stunde später ging sie nach oben, wusch sich das Gesicht und adressierte ein Kuvert an Idgie.
    Nachdem sie es zugeklebt hatte, trat sie ans Fenster und starrte in den blauen Himmel. Tief atmete sie die frische Luft ein und spürte, wie sich ihr Herz erhob, einem Papierdrachen gleich, den ein Kind emporschickt.

V ALDOSTA , G EORGIA
    21. September 1928
    Zwei Vehikel hielten vor dem Haus. Big George und Idgie saßen in einem Lastwagen – Cleo, Julian und zwei Freunde, Wilbur Weems und Billy Limeway, im Model T.
    Reisefertig gekleidet, wartete Ruth schon seit dem frühen Morgen, in der Hoffnung, sie würden an diesem Tag kommen. Sie trat aus der Haustür. Die Jungs und Big George stiegen aus und postierten sich im Garten. Idgie lief die Stufen der Vorveranda hinauf.
    Ruth schaute sie an und sagte: »Ich bin bereit.«
    Das Motorengeräusch hatte Frank aus dem Schlaf gerissen. Er rannte die Treppe herab. Durch das Glasfenster in der Tür erkannte er den Neuankömmling und riss sie auf. »Was, zum Teufel, machen Sie hier?«
    Er wollte sich auf Idgie stürzen, doch dann entdeckte er die fünf Männer im Vorgarten.
    Idgie hatte Ruth nicht aus den Augen gelassen. »Wo ist dein Gepäck?«
    »Oben.«
    »Oben!«, rief Idgie, zu Cleo gewandt.
    Während vier Männer an Frank vorbeimarschierten, stieß er hervor: »Verdammt, was soll das?«
    Idgie, die die Nachhut bildete, entgegnete: »Ich glaube, Ihre Frau verlässt Sie.«
    Ruth war mit Idgie in den Laster gestiegen, und Frank folgte ihnen, hielt aber inne. Denn nun sah er, wie Big George, der seelenruhig am Wagen lehnte, ein Messer aus der Tasche zog, einen Apfel zerschnitt und blitzschnell über seine Schulter warf.
    Julian schrie die Treppe herunter: »An Ihrer Stelle würde ich diesen Nigger nicht ärgern, Mister! Der ist nämlich verrückt!«
    Das Gepäck wurde in den Laster geladen, und sie fuhren die Auffahrt hinab, ehe Frank wusste, wie ihm geschah. Aber nach kurzer Überlegung und um seinen Angestellten Jake Box zu beeindrucken, der die Szene beobachtet hatte, brüllte er der hochgewirbelten Staubwolke nach: »Und komm bloß nicht zurück, du frigides Biest! Du Hure! Du kaltschnäuzige Hure!«
    Am nächsten Tag fuhr er in die Stadt und erzählte allen Leuten, Ruth sei aus lauter Trauer um ihre Mutter übergeschnappt. Deshalb habe er sich gezwungen gesehen, sie in eine geschlossene Anstalt außerhalb von Atlanta zu bringen.

W HISTLE S TOP , A LABAMA
    21. September 1928
    Momma und Poppa Threadgoode warteten auf der Vorderveranda. Den ganzen Vormittag lang hatte Momma mit Sipseys Hilfe Ruths Zimmer hergerichtet. Nun backten Sipsey und Ninny in der Küche Biskuits fürs Abendessen.
    »Also, Alice, stürz dich nicht auf sie, damit würdest du sie nur verschrecken. Sei ganz ruhig und wart erst mal ab. Sie soll nicht glauben, dass sie unbedingt hierbleiben muss. Du darfst keinen Druck auf sie ausüben.«
    Momma zerknüllte ihr Taschentuch und zupfte an ihrem Haar – ein sicheres Zeichen ihrer Nervosität. »Das tu ich nicht, Poppa. Ich werde ihr nur sagen, wie sehr ich mich freue, sie wiederzusehen. Das ist doch okay? Sie soll wissen, wie willkommen sie uns ist. Du wirst ihr doch auch sagen, dass du dich freust?«
    »Natürlich. Aber mach dir keine zu großen Hoffnungen.« Nach einem kurzen Schweigen fragte er: »Alice – glaubst du, sie wird dableiben?«
    »Darum bete ich zum Allmächtigen.«
    In diesem Augenblick bog der Laster mit Ruth und Idgie um die Ecke.
    »Sie sind da!«, rief Poppa. »Ninny und Sipsey! Sie sind da!«
    Momma stand auf und rannte die Verandastufen hinab, dicht gefolgt von Poppa. Als Ruth aus dem Wagen stieg, als sie merkten, wie dünn und müde sie aussah, vergaßen sie alle beide ihre guten Vorsätze, packten und umarmten sie und redeten gleichzeitig.
    »Ich bin so froh, dass du wieder da bist, Schätzchen. Jetzt lassen wir dich nicht mehr weglaufen.«
    »Dein altes Zimmer ist bereit, und Sipsey und Ninny haben den ganzen Vormittag gekocht.«
    Während sie Ruth die Treppe hinaufführten, drehte sich Momma zu Idgie um. »Und diesmal benimm dich gefälligst, junge Dame, verstanden?«
    Idgie starrte ihr verwirrt nach und murmelte: »Was hab’ ich denn verbrochen?«
    Nach dem Abendessen ging Ruth mit Momma und

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