Grünes Gift
vorbei.
»Wir könnten auch zu mir gehen«, schlug Sheila vor. »Aber ich lebe in einem Einzimmer-Apartment in einem Hochhaus.«
»Ich weiß etwas viel Besseres«, entgegnete Jesse. »Ich fahre an einen Ort, der wie für uns geschaffen ist.«
Beau war in Begleitung einiger Assistenten auf dem Weg vom Institut zum Donaldson-Observatorium. Sie fuhren in zwei von Randy Nites Privatlimousinen der Marke Mercedes. Der Blick war phantastisch, denn es war ein absolut klarer Tag. Das Observatorium selbst war genauso beeindruckend wie die Umgebung. Die halbrunde Kuppel stand mitten auf der felsigen Bergspitze. Sie war in einem strahlenden Weiß gestrichen und blendete im grellen Sonnenlicht. Das aufklappbare Dach der Kuppel war verschlossen, um das riesige Spiegelteleskop zu schützen.
Der erste Wagen hielt an, und Beau und Alexander Dalton stiegen aus. Alexander hatte in seinem früheren Leben als Rechtsanwalt gearbeitet. Veronica Paterson stieg auf der Fahrerseite aus. Sie trug noch immer ihren hautengen Stretch-Overall. Beau hatte sich umgezogen und trug jetzt ein dunkles, langärmeliges Hemd. Den Kragen hatte er hochgeschlagen, die Manschetten zugeknöpft.
»Ich hoffe, diese Anlage ist die ganze Mühe auch wert«, sagte Beau.
»Soweit ich weiß, handelt es sich um das neueste Modell«, entgegnete Alexander. Er war groß und dünn und hatte extrem lange, feingliedrige Finger. Im Augenblick war er einer von Beaus engsten Beratern.
Aus dem zweiten Mercedes stieg ein Techniker-Team aus. Sie hatte alle ihre Werkzeugkisten dabei.
»Hallo!« rief jemand. »Beau Stark!«
Alle Augen richteten sich auf einen weißhaarigen, alten Mann, der am Eingang des Observatoriums in einer geöffneten Tür stand. Von der intensiven Hochgebirgssonne war sein Gesicht runzelig und rissig wie eine Trockenfrucht. Beau ging auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. Dann stellte er ihn Veronica und Alexander als Dr. Carlton Hoffman vor. Er erklärte seinen Assistenten, vor ihnen stehe der amtierende König der amerikanischen Astronomie.
»Sie sind zu freundlich«, entgegnete Carlton. »Kommen Sie rein, Sie können gleich anfangen.«
Beau gab seinem Team durch ein Handzeichen zu verstehen, daß sie ihm folgen sollten. Ohne ein weiteres Wort betraten sie das Observatorium.
»Brauchen Sie irgend etwas?« fragte Carlton. »Ich denke, wir haben alle notwendigen Werkzeuge mitgebracht«, erwiderte Beau.
Die Techniker begannen sofort, das gigantische Teleskop auseinanderzunehmen.
»Die Beobachtungskabine am Primärfokus interessiert mich am meisten«, rief Beau einem der Männer zu, der zu dem austauschbaren Endstück des Teleskops hinaufgeklettert war. Dann wandte er sich wieder an Carlton.
»Sie sind bei uns im Institut jederzeit willkommen.«
»Danke für die Einladung«, entgegnete Carlton. »Ich komme bestimmt. Spätestens, wenn Sie soweit sind.«
»Das wird nicht mehr lange dauern.« Beau lächelte freundlich.
»Stopp!« brüllte plötzlich jemand. Unter der Kuppel erzeugte die Stimme ein starkes Echo. Die Techniker unterbrachen ihre Arbeit.
»Was geht hier vor? Wer sind Sie überhaupt?« Alle Blicke richteten sich auf die Tür zur Luftschleuse. Davor stand ein kleiner, unscheinbarer Mann, der auf einmal von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt wurde.
»Fenton, wir sind es«, rief Carlton dem Mann zu. »Es ist alles in Ordnung. Kommen Sie. Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen.«
Der Neuankömmling hieß Fenton Tyler. Er war Carlton Hoffmans wissenschaftlicher Assistent und somit dessen Nachfolger. Er schien unschlüssig, wußte offenbar nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte.
»Fenton, bitte!« rief Carlton noch einmal. »Kommen Sie doch rüber!«
Fenton setzte sich zögernd in Bewegung. Als er sich Beau und den anderen näherte, war deutlich zu erkennen, daß er krank war.
»Er hat die Grippe«, flüsterte Carlton Beau zu. »Ich hatte nicht damit gerechnet, daß er rüberkommen würde.« Beau nickte wissend. »Verstehe.«
Fenton stellte sich neben seinen Chef. Er war blaß, schien Fieber zu haben und mußte heftig niesen. Carlton machte ihn mit Beau bekannt und erklärte ihm, daß Beau sich ein paar Teile des Teleskops ausleihe.
»Er leiht sich Teile von unserem Teleskop aus?« fragte Fenton entgeistert. »Ich verstehe überhaupt nichts mehr.« Carlton legte seine Hand auf Fentons Schulter. »Das können Sie auch nicht verstehen«, entgegnete er. »Aber ich verspreche Ihnen, daß Sie es bald verstehen werden,
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