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Grünes Gift

Titel: Grünes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sich im Halbdunkel einen Weg zu bahnen. Auf dem Boden lagen überall Dosen, Flaschen und Lebensmittel herum. Die Apotheke war durch ein Metallgitter vom Supermarkt abgeteilt. Mitten im Gitter klaffte ein großes Loch; die Kettenfräse lag noch auf dem Boden.
    Jesse hielt die spitzen Drahtenden so auseinander, daß Nancy hindurchsteigen und feststellen konnte, was noch da war.
    »Wie sieht es aus?« rief Jesse ihr von der anderen Seite des Gitters zu.
    »Die Narkotika sind weg«, erwiderte Nancy. »Aber das ist nicht so schlimm. Die antiviralen Mittel und die Antibiotika sind noch da. Ich brauche etwa zehn Minuten, dann habe ich alles zusammen.«
    Jesse wandte sich an Cassy. »Kommen Sie! Wir suchen in der Zeit die Lebensmittel zusammen.«
    Sie gingen zurück in den Eingangsbereich und holten sich Einkaufskörbe. Dann streiften sie durch die Gänge. Cassy wählte aus, Jesse spielte den Träger.
    Sie waren gerade in der Pastaabteilung angelangt, als Jesse auf dem glitschigen Boden ausrutschte. Die aus einer zerbrochenen Flasche ausgelaufene Flüssigkeit hatte den Vinylfußboden in eine Rutschbahn verwandelt.
    Cassy packte ihn am Arm und konnte ihn gerade noch vor dem Sturz bewahren. Doch auch als er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, rutschte er immer wieder aus, so daß er schließlich gezwungen war, breitbeinig weiterzustaksen. Er sah aus wie ein Slapstick-Komiker.
    Cassy bückte sich und sah sich die Flasche an. »Kein Wunder, daß es hier so glatt ist. In der Flasche war Olivenöl. Seien Sie vorsichtig!«
    »Ich bin die Vorsicht in Person«, entgegnete Jesse. »Wie, glauben Sie, hätte ich sonst dreißig Jahre als Bulle überlebt?« Er grinste und schüttelte den Kopf. »Ist es nicht seltsam? Ich hatte mir wirklich gewünscht, vor meiner Pensionierung noch einen großen Knüller zu erleben. Aber auf das, was wir jetzt durchmachen, war ich wirklich nicht gefaßt.«
    »Keiner war auf so eine Katastrophe gefaßt.« Sie gingen um das Regal und standen in dem Gang mit den Getreideflocken. Cassy mußte sich ihren Weg durch einen Berg von Packungen und Schachteln bahnen, unter anderem mußte sie einen großen Pappkarton beiseite räumen. Plötzlich erschrak sie so sehr, daß ihr der Atem stockte. Jesse war sofort an ihrer Seite. »Was ist los?« fragte er.
    Cassy zeigte auf eine hüttenartige Konstruktion aus Pappkartons, aus deren Mitte das Gesicht eines kleinen Jungen lugte. Er war höchstens fünf Jahre alt und von oben bis unten schmutzig.
    »Ach du meine Güte!« platzte Jesse heraus. »Was macht der denn hier?«
    Cassy beugte sich instinktiv zu dem Jungen hinunter und wollte ihn auf den Arm nehmen, doch Jesse hielt sie zurück.
    »Nicht!« warnte er. »Es ist zu gefährlich, solange wir nichts über ihn wissen.«
    Cassy wollte Jesses Arm abschütteln, doch er ließ nicht locker. »Es ist doch nur ein kleines Kind«, sagte sie. »Der Junge hat Angst.«
    »Aber wir wissen nicht…«, entgegnete Jesse. »Wir können ihn unmöglich hier zurücklassen«, fiel Cassy ihm ins Wort.
    Zögernd ließ Jesse ihren Arm los. Cassy bückte sich und holte das Kind aus seiner Pappkartonhütte. Der Junge klammerte sich sofort an ihr fest und schmiegte sein Gesicht an ihren Hals.
    »Wie heißt du?« fragte Cassy ihn, während sie ihm sanft über den Rücken strich. Sie war überrascht, mit welcher Kraft er sich an ihr festhielt.
    Cassy und Jesse sahen sich an. Sie dachten beide das gleiche. Wie würde sich dieser unerwartete Zwischenfall auf ihre ohnehin schon verzweifelte Situation auswirken?
    »Okay«, sagte Cassy zu dem Jungen. »Es ist alles in Ordnung. Bei uns bist du in Sicherheit. Aber du mußt uns deinen Namen verraten, damit wir mit dir reden können.« Das Kind beugte sich langsam zurück.
    Cassy lächelte den Jungen an und wollte ihm gerade ein paar weitere beruhigende Worte sagen, als sie registrierte, daß er sie angrinste, als wäre er in Trance. Noch mehr schockierten sie seine Augen. Die Pupillen waren riesengroß und glühten, als ob sie von innen beleuchtet würden.
    Plötzlich spürte sie, wie ein Gefühl des Abscheus in ihr aufkam. Sie bückte sich und stellte das Kind auf den Boden. Sie wollte den Jungen noch am Arm festhalten, doch er war unheimlich stark und riß sich von ihr los. Im Nu war er in Richtung Eingang verschwunden.
    »He!« rief Jesse hinter ihm her und lief ebenfalls los. »Komm zurück!«
    »Er ist infiziert«, schrie Cassy.
    »Ich weiß«, erwiderte Jesse. »Deshalb will ich ja verhindern,

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