Grünes Gift
woraufhin Rocko sich sofort den Kopf abtastete. Seine Kopfhaut brannte höllisch. In seinem Gesicht spiegelten sich Wut, Schmerz und Erniedrigung. Er drehte sich um und ging zu seinen schockierten Mannschaftskameraden zurück.
»Igitt«, sagte Beau und wischte sich die Hände ab. »Der schmiert sich aber ekliges Zeug in die Haare.«
Pitt und Tony waren genauso geschockt wie die Spieler aus Rockos Mannschaft. Ungläubig starrten sie Beau an. Beau bückte sich und griff nach Kings Leine. Als er wieder hochkam, registrierte er die fassungslosen Mienen seiner Freunde.
»Was ist denn mit euch los?« fragte er.
»Wie hast du das geschafft?« fragte Pitt zurück.
»Wie hab’ ich was geschafft?«
»Na, wie bist du so leicht mit Rocko fertig geworden?« Beau tippte sich gegen die Stirn. »Mit Köpfchen«, erwiderte er. »Der arme Rocko kann nur auf seine Muskelpakete setzen. Muskeln können zwar hin und wieder durchaus von Vorteil sein, doch verglichen mit Intelligenz vermögen sie nicht viel auszurichten. Aus genau diesem Grund sind es die Menschen, die diesen Planeten beherrschen und die aus dem natürlichen Selektionsprozeß als Sieger hervorgegangen sind.« Beau wandte sich ab und sah über den Rasen hinweg zur Bibliothek. »Oh«, rief er, »sieht so aus, als ob ich los müßte.« Pitt folgte seiner Blickrichtung und sah in etwa hundert Metern Entfernung ein paar ziemlich geschäftsmäßig aussehende Typen. Diesmal waren es sechs: vier Männer und zwei Frauen. Sie kamen direkt auf sie zu, jeder von ihnen hatte eine Aktentasche in der Hand.
»War doch ein Superspiel«, sagte Beau zu seinen beiden Mitspielern. Sie klatschten kurz ihre Hände gegeneinander. »Unser Gespräch müssen wir dann wohl auf ein anderes Mal verschieben«, wandte er sich zum Abschied an Pitt. Beau zog an der Leine, woraufhin King sich schwerfällig erhob und seinem neuen Herrchen über den Rasen zu der improvisierten Konferenz hinterhertrottete.
Pitt sah Tony entgeistert an, der nur mit den Achseln zuckte und feststellte: »Ich wußte gar nicht, daß Beau so stark ist.«
»Wie, zum Teufel, kann eine Leiche verschwinden?« wollte Jesse von Dr. Curtis Lapree wissen. »Ist so etwas schon mal vorgekommen?« Jesse und Vince waren zur Leichenhalle gefahren und standen jeder auf einer Seite des leeren Kühlfachs, in dem sich die Leiche von Charlie Arnold befunden hatte.
»Leider ja«, gestand Dr. Lapree. »Es passiert zwar Gott sei Dank nicht oft, aber es ist auch nicht das erste Mal. Die letzte Leiche ist vor über einem Jahr verschwunden. Damals wurde der Leichnam einer jungen Frau entführt. Sie hatte sich umgebracht.«
»Hat man die Leiche irgendwann wiedergefunden?« fragte Jesse.
»Nein«, erwiderte Dr. Lapree.
»Haben Sie uns den Vorfall damals gemeldet?« wollte Jesse wissen.
»Um ehrlich zu sein - ich weiß es nicht«, gab Dr. Lapree zu. »Der Chef der Gesundheitsbehörde hat sich um die Sache gekümmert und sich direkt mit dem Polizeipräsidenten in Verbindung gesetzt. Der Vorfall war natürlich für alle ziemlich peinlich, deshalb wurde er schnell unter den Teppich gekehrt.«
»Und was haben Sie bisher in unserem Fall unternommen?« fragte Jesse.
»Das gleiche«, erwiderte Dr. Lapree. »Ich habe es dem Chef der Gerichtsmedizin gemeldet, und der hat sich mit dem Chef der Gesundheitsbehörde in Verbindung gesetzt. Bevor Sie irgend etwas unternehmen, wenden Sie sich am besten an Ihren Vorgesetzten. Wahrscheinlich hätte ich Sie nicht einmal über das Verschwinden der Leiche informieren dürfen.«
»Verstehe«, entgegnete Jesse. »Danke für Ihr Vertrauen. Haben Sie denn irgendeine Ahnung, warum jemand eine Leiche entführt?«
»Im Gegensatz zu anderen Leuten weiß ich als Gerichtsmediziner, wie viele durchgeknallte Typen durch die Gegend laufen«, erwiderte Dr. Lapree. »Es gibt sicher auch welche, die auf Leichen stehen.«
»Und Sie glauben wirklich, daß die Leiche von Charlie Arnold aus diesem Grund verschwunden ist?« fragte Jesse. »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, gestand Dr. Lapree.
»Das Verschwinden der Leiche macht uns Sorgen«, erklärte Jesse. »Es bestärkt uns in der Annahme, daß der Mann ermordet wurde.«
»Vielleicht wollte der Täter mögliche Spuren verwischen«, ergänzte Vince.
»Schon denkbar«, entgegnete Dr. Lapree. »Aber ich hatte die Leiche doch schon obduziert. Wie sollte er da noch Spuren verwischen?«
»Im Prinzip haben Sie recht«, stimmte Jesse ihm zu. »Aber Sie wollten doch noch
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