Grünes Gift
stöhnte Beau. »Das tut mir wirklich leid. Es passiert auf einmal so viel, daß ich gar nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht! Wie wär’s, wenn ich dich als Entschuldigung heute abend zum Essen in dein Lieblingsbistro einlade?«
»Wir waren doch gestern erst aus«, wandte Cassy ein. »Hast du denn gar nichts für die Uni zu tun? Außerdem habe ich uns vom Chinesen etwas mitgebracht.«
»Wir machen, wozu du Lust hast, meine Kleine«, säuselte Beau. »Ich fühle mich so mies, weil ich dich heute nachmittag habe hängenlassen. Bitte laß mich meinen Fehler wiedergutmachen.«
»Wenigstens siehst du ein, daß du Mist gebaut hast«, entgegnete Cassy. »Das ist ja schon etwas.« Dann schaute sie den Hund an, der noch immer reglos dahockte.
»Was hat eigentlich dieses Monster in unserer Wohnung zu suchen?« fragte sie. »Mußt du für jemanden auf ihn aufpassen?«
»Nein«, erwiderte Beau. »Das ist mein Hund, und er heißt King.«
»Du willst mich auf den Arm nehmen, stimmt’s?« fragte Cassy.
»Nein«, erwiderte Beau und erhob sich. Er ging zu King und kraulte ihn hinter den Ohren. King reagierte mit einem freudigen Schwanzwedeln und leckte Beau mit seiner riesigen Zunge die Hand. »Ich dachte mir, wir könnten uns von ihm beschützen lassen.«
»Vor wem oder was müssen wir uns denn beschützen lassen?« wollte Cassy wissen. Sie war völlig perplex. »Ganz allgemein eben«, wich Beau aus. »Ein Hund wie dieser hat ein viel besseres Gehör und einen erheblich besseren Geruchssinn als wir.«
»Meinst du nicht, wir hätten uns vorher über eine derartige Anschaffung unterhalten sollen?« fragte Cassy. Ihre Angst schlug allmählich in Wut um.
»Wir können ja jetzt darüber reden«, schlug Beau mit unschuldiger Miene vor.
»Ich glaube, ich höre nicht richtig!« schnaubte Cassy wütend. Sie schnappte sich die Tüte mit dem Essen und ging in die Küche, wo sie die Pappkartons auspackte und Teller aus dem Schrank holte. Dabei knallte sie absichtlich laut die Türen zu. Sie nahm Besteck aus der Schublade neben der Spülmaschine und warf es geräuschvoll auf den Tisch.
»Das ist doch kein Grund zur Aufregung«, versuchte Beau sie zu beruhigen. Er stand inzwischen im Türrahmen. »Ach nein?« fragte Cassy. Obwohl sie dagegen ankämpfte, stiegen ihr Tränen in die Augen. »Du hast gut reden! Ich bin ja wohl nicht diejenige, die sich total seltsam benimmt, mitten in der Nacht spazierenfährt oder mit einem Hund nach Hause kommt, der so groß ist wie ein Büffel!« Beau ging in die Küche und versuchte Cassy in die Arme zu nehmen. Doch sie stieß ihn weg und rannte schluchzend ins Schlafzimmer.
Beau folgte ihr und nahm sie in den Arm. Diesmal wehrte sie sich nicht. Eine Weile ließ er sie weinen und sagte nichts. Schließlich drehte er ihr Gesicht zu sich und sah ihr in die Augen.
»Bitte entschuldige auch die Sache mit dem Hund«, bat er. »Ich hätte wirklich mit dir darüber reden sollen. Aber mir gehen im Moment so viele Dinge durch den Kopf, daß ich einfach nicht daran gedacht habe. Die Leute von Nite haben mich noch einmal angerufen. Ich fahre hin und stelle mich vor.«
»Wann haben sie dich angerufen?« fragte Cassy, während sie sich die Tränen aus den Augen wischte. Vielleicht gab es ja doch eine plausible Erklärung für sein seltsames Verhalten. »Heute«, erwiderte Beau. »Es klingt wirklich vielversprechend.«
»Für wann haben Sie dich denn eingeladen?« fragte Cassy.
»Für morgen«, antwortete Beau.
»Morgen schon!« rief Cassy erstaunt. Es passierte alles viel zu schnell. Kein Wunder, daß Beau völlig überdreht war. »Wolltest du mir denn gar nichts davon erzählen?«
»Natürlich wollte ich das«, erwiderte Beau. »Und du willst allen Ernstes diesen Hund behalten?« fragte Cassy. »Was machst du denn mit ihm, wenn du dein Vorstellungsgespräch hast?«
»Ich nehme ihn mit«, erwiderte Beau ohne zu zögern. »Du willst ihn mitnehmen?«
»Warum nicht? Er ist ein wunderbarer Hund.« Cassy brauchte einen Augenblick, um diese überraschende Antwort zu verarbeiten. Ihrer Meinung nach war es, gelinde gesagt, ziemlich unangebracht, was Beau vorhatte. Ein Hund war mit ihrem Lebensstil einfach nicht vereinbar. »Und wer soll mit ihm rausgehen, wenn du in der Uni bist? Wer füttert ihn? Wer sich einen Hund anschafft, übernimmt eine Menge Verantwortung.«
»Ich weiß, ich weiß«, entgegnete Beau und hob seine Hände, als ob er nachgeben wollte. »Ich verspreche, daß ich mich um ihn kümmern
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