Grünes Gift
wollte, daß ich gestochen werde.«
»Ich werde auf der Hut sein«, versprach Cassy. »Und äußerst diskret vorgehen.«
»Okay«, willigte Sheila ein. »Versuchen Sie es! In der Zwischenzeit werde ich die Flüssigkeit einer ersten Analyse unterziehen.«
»Was sollen wir mit den schwarzen Scheiben anfangen?« fragte Jesse.
»Die Frage ist wohl eher, was sie mit uns anfangen werden«, erwiderte Pitt. Er hatte sich über das Mikroskop gebeugt und starrte gebannt auf die Scheibe.
Kapitel 12
9.00 Uhr
E s war ein herrlicher Morgen, am tiefblauen Himmel war kein Wölkchen zu sehen. Die in der Ferne emporragenden dunkelvioletten Bergzacken wurden von der Morgensonne golden angestrahlt und sahen aus wie Amethystkristalle. Vor dem Eingangstor hatte sich eine erwartungsvolle Menschenmenge versammelt. Es waren Menschen aller Altersklassen und aus den unterschiedlichsten Bereichen; ob Mechaniker oder Raketenkonstrukteur, ob Hausfrau oder Vorstand einer Aktiengesellschaft, ob High-School-Schüler oder Universitätsprofessor - es war alles dabei. Alle wirkten glücklich und strotzten nur so vor Energie und Gesundheit. Es herrschte eine feierliche Atmosphäre.
Beau trat, von King begleitet, aus dem Haus, stieg die Treppe hinab, ging zwanzig Meter den Weg entlang und drehte sich dann um. Was er sah, erfüllte ihn mit tiefer Zufriedenheit. Über Nacht war ein riesiges Transparent angefertigt worden, das jetzt die Vorderseite des Hauses zierte. Darauf stand: »Institut für einen Neubeginn - Herzlich willkommen!« Beau ließ seinen Blick über das Anwesen schweifen. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden hatte er unglaublich viel erreicht. Zum Glück brauchte er, von ein paar kurzen Nickerchen abgesehen, kaum noch Schlaf. Sonst hätte er in so kurzer Zeit niemals so viel geschafft.
Im Schatten der Bäume und auf den vom Sonnenlicht gesprenkelten Wiesen liefen Hunde der verschiedensten Rassen umher. Die meisten waren recht groß, keiner war angeleint. Erfreut registrierte Beau, daß sie äußerst aufmerksam waren und erstklassige Wachhunde abgaben.
Beflügelten Schrittes ging er zurück auf die Veranda, wo Randy auf ihn wartete.
»Es ist soweit«, stellte Beau fest. »Wir können loslegen.«
»Was für ein Tag für unsere Erde«, entgegnete Randy. »Lassen wir die erste Gruppe herein«, sagte Beau. »Sie sollen im Ballsaal anfangen.«
Randy zog sein Handy aus der Tasche, wählte und wies einen seiner Mitarbeiter an, das Tor zu öffnen. Kurz darauf drang durch die frische Morgenluft lautes Jubelgeschrei zu den beiden empor. Von ihrem Standpunkt aus konnten sie das Eingangstor nicht sehen, doch das Gejohle der Hereingelassenen war nicht zu überhören.
Freudig erregt drängte die Menschenmenge auf das Haus zu und bildete vor der Veranda einen Halbkreis. Wie ein römischer Heeresführer streckte Beau die Hand aus, und die aufgeregte Meute wurde mit einem Schlag mucksmäuschenstill.
»Herzlich willkommen!« rief er. »Dies ist der Neubeginn! Sie alle wissen, daß wir dasselbe Ziel und die gleiche Vision haben. Jedem von uns ist klar, was zu tun ist. Also - packen wir es an!«
Die Menge brach in lauten Jubel aus und applaudierte. Beau wandte sich Randy zu, der über das ganze Gesicht strahlte und ebenfalls klatschte. Auf einen Wink von Beau betrat Randy das Haus. Beau folgte ihm.
»Was für ein erhebender Augenblick«, sagte Randy, während sie den prunkvollen Ballsaal ansteuerten. »Es ist so, als wäre jeder von uns Bestandteil eines einzigen großen Organismus«, stimmte Beau ihm zu und nickte. Die beiden betraten den riesigen, sonnendurchfluteten Raum und blieben an der Seite stehen. Hinter ihnen drängte die erste Gruppe in den Saal. Wie auf ein Kommando begannen sie, den Raum auseinanderzunehmen.
Cassy seufzte erleichtert, als die Tür der Seilers aufging und Jonathan vor ihr stand. Sie hatte schon befürchtet, sofort Nancy Seilers gegenüberzustehen.
»Miss Winthrope!« rief Jonathan. Er war überrascht und erfreut zugleich.
»Du erkennst mich also auch außerhalb der Schule«, stellte Cassy fest. »Ich bin wirklich beeindruckt.«
»Natürlich erkenne ich Sie«, platzte Jonathan heraus. Es kostete ihn einige Mühe, seine Augen nicht über ihren Körper wandern zu lassen. »Kommen Sie doch herein.«
»Sind deine Eltern zu Hause?« fragte Cassy. »Nur meine Mutter«, erwiderte Jonathan. Sie musterte sein Gesicht. Mit seinem strohblonden Haar, das ihm in die Stirn fiel, und seinen schüchtern hin- und
Weitere Kostenlose Bücher