Grünmantel
Groschen.
»Klar, jetzt kann ich mich an dich erinnern. Hast du Zeit für ’nen Drink?«
»Wenn’s dir nichts ausmacht, Earl. Ich hab vielleicht ’nen Tag hinter mir - du weißt, einen von diesen Tagen, an denen nichts, aber auch gar nichts klappt.«
Earl nickte verständnisvoll. »Was machst ’n jetzt so die ganze Zeit?«
»Ich bin vor ein paar Jahren von Toronto hierhergezogen und arbeite in der Computerbranche als Berater.«
»Wie ist’n da die Bezahlung?«
»Ich verdiene schönes Geld, kann mich nicht beklagen. Ich habe ein Haus draußen im Westend und bin inzwischen verheiratet. Joy erwartet unser erstes Kind.«
Earl mimte Begeisterung. »He, das ist toll. Geht doch nichts über ’ne Fami ...«
»Und jetzt paß auf«, unterbrach ihn Goldman. »Ich mußte heute bis spät in den Abend arbeiten. Aber Joy kauft mir das nicht ab. Was zum Teufel soll ich tun - auf sie hören oder auf meinen Boss? Also sage ich mir, scheiß drauf, und bleib in der Stadt. Ich gehe nicht nach Hause, bis ich bis zum Rand abgefüllt bin. Wenn sie mir weiter mit ihrer Eifersucht auf’n Geist geht, mache ich tatsächlich irgendwann ’ne Tussie an, damit sie endlich ’nen Grund für ihr Gemaule hat.«
»Also, ich weiß nicht«, meinte Earl. »Laß dir von jemand ’nen guten Rat geben, der alles hingeschmissen hat. Ich vermisse Frankie und Alice immer noch, weißt du. Ich gäbe alles dafür, um die Sache noch mal hinzubiegen.«
Er seufzte tief und hoffte insgeheim, daß er nicht zu dick auftrug. Schließlich hatte Goldman in Toronto die Wohnung über ihnen bewohnt und erinnerte sich vielleicht noch an die zahllosen Kräche und Auseinandersetzungen. Zudem war er mit Frankie eng befreundet gewesen und hatte viel Zeit mit ihr verbracht. Vielleicht hatten sie sogar hinter seinem Rücken miteinander gevögelt.
Earl bemerkte Goldmans Blick und zog rasch eine ernste Miene. »Hast du sie vielleicht mal getroffen? Wie ich hörte, sind sie nach Ottawa gezogen.«
Goldman schien unangenehm berührt und schüttelte schnell den Kopf. Für Earls Begriffe zu schnell. Er merkte, daß sich der Kerl jetzt wieder an die Vorfälle in Toronto erinnerte. Vielleicht erinnerte er sich auch daran, daß es sich nicht auszahlte, mit Earl Shaw Spielchen zu treiben.
»Ich ... äh ... ich habe sie nicht mehr gesehen, seit ihr zwei euch getrennt habt«, behauptete Goldman zögernd. »Bist du auf der Suche nach ihr?«
Bingo, dachte Earl. Er weiß was.
»Also, ich hätt sicher nix dagegen, mal vorbeizuschauen und ihnen ’nen schönen Tag zu wünschen -ganz besonders Alice, doch ich glaube nicht, daß Frankie besonders scharf darauf ist, mich zu sehen. Ist wahrscheinlich besser, wenn wir uns nicht übern Weg laufen.«
Goldman nickte. »Menschen verändern sich.«
»Wie wahr. Also, Bob, was willst ’n trinken?«
Goldman schaute auf die Uhr. »Ist schon ziemlich spät. Ich muß mich auf den Weg machen. Aber es war schön, dich mal wiederzusehen, Earl.«
»Worauf du einen lassen kannst. Kann ich dich wirklich nicht noch zu ’nem Glas überreden, Bob?«
Goldman stand auf und schüttelte den Kopf. Dann ging er mit unsicheren Schritten zur Tür.
»Häng dich an ihn dran«, sagte Earl zu Howie, als Goldman auf die Straße hinaustrat. »Ich hole den Wagen. Wir treffen uns in zehn Minuten Ecke William und York. Kapiert?«
»Klar doch, Earl.«
Howie stand auf und mischte sich unter die Fußgänger. Ist nicht viel los mit Howie, dachte Earl, als er zum Wagen ging. Doch eins mußte man ihm lassen - wenn er jemanden verfolgte, klebte er an ihm wie eine Klette.
»He, Bob!«
Goldman drehte sich um und sah, wie Earls Freund ihm nachlief. Der kleinere Mann hielt die linke Hand hoch und wedelte mit einer Brieftasche - ganz so, als hätte Goldman sie vergessen. Die rechte Hand steckte in der Jackentasche.
Warum zum Teufel mußte ich Earl auch anquatschen? fragte sich Goldman. Frankie hatte ihm oft genug erzählt, welch ein Mensch Earl geworden war - von seiner Brutalität und den Typen, mit denen er ständig herumhing -, und Goldman kannte auch den Grund, warum Earl Frankie suchte. Der Wintario-Gewinn.
»Ich denke, du hast was vergessen«, sagte Howie, als er neben ihm stand.
»Ich glaube nicht ...«
Howie trat dicht an ihn heran und drückte ihm den Lauf der Pistole in die Seite. »Du weißt, was das ist?« fragte er leise.
Goldman nickte.
»Schön. Wir beide warten jetzt oben an der Ecke auf Earl - dann gibt’s keine Probleme, klar?«
»Hören Sie,
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