Grünmantel
verkniff es sich aber im letzten Moment. Frankie hätte das sicher nicht gefallen. Außerdem - wer war er schon, daß er sich erlauben konnte, so mit ihr zu reden? Sie wollte die Sache durchstehen, und das auf ihre eigene Weise. Egal, ob Mann oder Frau - einen Menschen, der so etwas vorhatte, konnte man nur bewundern.
»Es wird schon alles gutgehen«, sagte er nur.
»Weiß Gott, das hoffe ich.« Frankie wußte, sie würde über vieles nachdenken müssen.
In diesem Moment kam Ali mit Bannon zurück, der ein halbes Dutzend Bücher mitschleppte, die Ali ihm geliehen hatte.
»Wollen Sie zum Mittagessen hierbleiben?« fragte Valenti.
Frankie nickte und lächelte mühsam. Als sie sah, wie ihre Tochter fröhlich im Zimmer herumsprang und sich angeregt mit Bannon unterhielt, empfand sie plötzlich eine solch tiefe Furcht, daß ihre Brust schmerzte. Wenn Ali etwas zustieße ... Nein, rief sie sich zur Ordnung. Daran darfst du nicht einmal denken.
KAPITEL ZWEI
Broadway-Joe Fucceri gefiel die Idee mit dem Treffen nicht sonderlich - und noch weniger, als er mit zwei seiner Jungs das Restaurant betrat und drinnen mindestens drei Männer von Mario bemerkte. Der vierte lungerte draußen vor der Tür herum. Sie waren unmöglich zu übersehen - aber das sollte offenbar auch so sein. Die Tatsache, daß er keinen von ihnen kannte, machte Joe Sorgen. Auch war ihm nicht entgangen, daß sie sich in einer Gegend trafen, in der es zahlreiche Off-Broadway-Theater gab. Das Gebot der Stunde also: ganz ruhig bleiben!
Der Silberfuchs erwartete ihn in einer Sitzecke im hinteren Teil des Lokals. Er sah aus wie immer. Das breite Lächeln, das silbern schimmernde Haar. Broadway-Joe dirigierte seine Bodyguards an die Theke und trat allein zu der Nische, wo der Silberfuchs auf ihn wartete.
»He, Mario«, begrüßte er ihn und setzte sich zu ihm an den Tisch. »Weiß die Einwanderungsbehörde, daß du in der Stadt bist?«
Mario zuckte die Schultern. »Come te la sei passata?« Wie geht’s?
»Gar nicht schlecht«, meinte Broadway-Joe und wedelte nichtssagend mit der Hand. »Wir haben ’n paar Schwierigkeiten, aber Schwierigkeiten gibt’s immer. Nichts, womit wir nicht fertig werden.« Er nahm die Speisenkarte und studierte sie. »Du wolltest mich sprechen?«
»Hab da ’ne Sache, über die du mal nachdenken könntest. Würdest mir damit ’nen Gefallen tun.«
»Muß ja ’ne ziemliche wichtige Sache sein, daß du extra deswegen eingeflogen bist.«
»Für mich ist sie wichtig - und für dich ’ne Kleinigkeit.«
»Also gut, darin laß mal hören.«
Mario betrachtete ihn einen Moment lang. Er hatte absichtlich auf einem Treffen von Angesicht zu Angesicht bestanden, denn darin war er wirklich gut - im Lesen von Gesichtern. »Es geht um Tony. Tony Valenti.«
»Das ist doch schon ’n alter Hut«, brummte Broadway-Joe.
»’n alter Hut - weil ihr kein Interesse mehr an ihm habt oder weil er immer noch auf der Abschußliste steht?«
»Um ehrlich zu sein, Mario - ’s ist von beidem etwas, wenn du verstehst, was ich damit sagen will. Da ich weiß, daß du nicht blöd genug bist, um mit ’nem Mikro zu unserem Treffen zu kommen, können wir ja offen reden. Mir ist bekannt, daß Tony nichts mit dem Mord am Don zu tun hatte. Was soll ich also mit ihm?«
»In der Szene heißt es, daß der Kontrakt auf ihn immer noch steht.«
»Aber nur aus geschäftlichen Gründen. Wir sind nicht mehr hinter ihm her. Kein Interesse.«
»Nicht mal, wenn ihr ihn geliefert bekommt?«
»Ich wußte noch gar nicht, daß der Silberfuchs auch ’n Kopfgeldjäger ist.«
Marios Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ich bin nicht dreitausend Meilen hergeflogen, um mir so ’ne Scheiße anzuhören.«
»Wozu bist du dann hergekommen?«
»Ich wollte dich darum bitten, den Kontrakt auf Tony zurückzuziehen. Du könntest zum Beispiel sagen, ihr hättet ihn erledigt oder sonstwas. Mir egal, wie ihr das macht. Aber setzt den Kontrakt außer Kraft.«
Broadway-Joe schüttelte den Kopf. »Was ich da höre, gefällt mir überhaupt nicht, Mario. Mir gefallen auch deine Typen da nicht, ich mag diese ›Off-Broadway‹-Scheiße nicht -, und ich mag keine Drohungen.«
»Ich habe dich nur um einen Gefallen gebeten, Joe.«
»Sicher, aber dahinter höre ich ganz deutlich ein ... ›Sonst ...‹.«
Mario zuckte die Schultern.
»Wir waren mal Freunde«, fuhr Broadway-Joe fort. »Wir waren eine Familie, Mario. Aber jetzt weiß ich nicht mehr, wer du wirklich bist. Du hast mir
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