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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Männer verurteilen. Manche von ihnen sind ebenfalls nur Opfer, ihre eigenen Gefangenen. Es ist schwer, sich von sexuellen Klischees zu befreien, wenn unsere gesamte Gesellschaftsordnung darauf basiert.«
    Valenti nickte. Darüber würde er intensiver nachdenken müssen. »Also werden Sie nicht wegfahren?« fragte er und brachte damit das Gespräch zum Ausgangspunkt zurück.
    Frankie schüttelte den Kopf.
    »Dann muß ich Ihnen noch etwas gestehen, da wir gerade dabei sind ...« Er suchte nach dem richtigen Ausdruck.
    »... uns unsere Herzen auszuschütten?«
    »Ja. Ich bin nicht immer das gewesen, was man einen guten Menschen nennt. Ich habe ...« Wieder suchte er nach dem richtigen Wort. »... mit Leuten zu tun gehabt, die man nicht gerade als ehrenwert bezeichnen würde.«
    »Was sagen Sie da, Tony?« Frankie beugte sich vor.
    Valenti seufzte. Er wollte nicht zu weit gehen und ihr Dinge erzählen, die ihr noch mehr Angst einflößten. Er mochte Frankie. Er fühlte sich wohl in ihrer Gegenwart und bewunderte den Mut, mit dem sie ihren Weg ging. Und Alis Freundschaft wollte er auf gar keinen Fall verlieren. Auf keinen Fall wollte er riskieren, daß Frankie ihm sagte, er solle sich von Ali fernhalten - wenn alles glatt ging, wenn er heil aus der Sache mit Ricca und Shaw herauskam und daran festhalten konnte, was er sich hier geschaffen hatte. Was sollte er also jetzt sagen?
    »Ich will sagen«, fuhr er schließlich fort, »daß ich Ihrem Ex schon früher begegnet bin. Er ist - verzeihen Sie den Ausdruck - ein Stück Scheiße. Aber das wußten Sie ja schon. Was Sie vielleicht nicht wissen, ist die Tatsache, daß er Kontakte zu ein paar ziemlich schweren Jungs hat. Ich meine, im Normalfall - also, wenn ein Mann seine Exfrau belästigt - kann man vielleicht so verfahren, wie Sie es sich vorstellen. Doch Ihr Ex ... Er hat seine Finger im Drogengeschäft, Frankie, und er war nicht allein, als er zu Ihnen und Ali kam.«
    »Sie machen mir angst.«
    »Das ist auch begründet«, murmelte Valenti. »Denn es ist ein brutales Geschäft.«
    »Gott, wenn Ali jemals etwas zustößt ...« Frankie sank schwach in ihren Sessel zurück. Sie fühlte, wie ihr Widerstand dahinschmolz. Sie schaute in Tonys ernstes Gesicht. Er machte es ihr aber auch schwer. Da war etwas an ihm - sie erahnte nicht nur die Geheimnisse, die er in sich trug, sondern auch eine innere Stärke, um die sie ihn beneidete. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, weil er so war, wie er war und wie er sich gab, und natürlich auch wegen seiner Freundschaft zu Ali. Was aber, wenn diese Zuneigung nur dem Wunsch entsprang, sich wieder an einen Mann anlehnen zu können?
    »Wie ... wie weit waren Sie in dieses ... brutale Geschäft verwickelt?«
    »Was immer ich damals gemacht habe ... ich habe mich daraus zurückgezogen«, wich Valenti aus. »Glauben Sie mir bitte, Frankie! Aber ich will Ihnen etwas anderes sagen: Was ich in diesem Geschäft gelernt habe, hat Ali gestern abend davor bewahrt, Ihrem Ex in die Hände zu fallen.«
    Frankie nickte. Weder Ali noch Valenti waren mit Einzelheiten zu den Vorfällen am gestrigen Abend herausgerückt. Frankie wollte die ganze Wahrheit wissen; nur schien jetzt nicht der geeignete Moment dafür zu sein. Da war mehr als nur die Sache mit Earl - dessen war sie sich sicher.
    Sie richtete sich auf. »Ich werde trotzdem nicht gehen.«
    »Dann lassen Sie mich Ihnen wenigstens helfen, wie es zwischen Freunden oder Nachbarn üblich ist - ohne jegliche Bedingungen.«
    »Ich werde aber nicht hierbleiben. Wir kehren in unser eigenes Haus zurück.«
    »Das ist in Ordnung. Aber Sie werden mich sofort anrufen, wenn sich irgendwas tut?«
    »Gott, natürlich werde ich mich melden. Wir sollten auch die Polizei rufen - jetzt, ehe Earl zurückkommt.«
    »Und was soll die Ihrer Meinung nach tun?«
    Frankie dachte darüber nach. Wenn man Earl nicht gerade bei einem krummen Ding erwischte, blieb ihr vielleicht nur die Möglichkeit, einen Gerichtsbeschluß zu erwirken, daß er sich von ihnen fernzuhalten hatte. Aber wieviel das nutzte, wußte sie selbst aus leidvoller Erfahrung in der Vergangenheit.
    »Wenn Earl aber doch wiederkommt ...?«
    »Dann rufen Sie mich. Ich wohne nur zwei Minuten von Ihnen entfernt, und außerdem ist mein Freund Tom die ganze Woche über da. Gott weiß, was alles passieren kann, ehe die Polizei auf Ihren Anruf reagiert.«
    Frankie nickte langsam. »Schön, dann rufe ich Sie an.«
    Braves Mädchen, hätte Valenti am liebsten gesagt,

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