Grünmantel
Geld, Ali. Er will das Geld haben, das wir in der Lotterie gewonnen haben, und ich glaube, er schreckt vor nichts zurück, um es zu bekommen.«
Sie lehnte sich den Kopf gegen die Nackenstütze und trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Dann setzte sie sich abrupt auf. »Wir müssen uns beeilen.«
»Willst du irgendwohin?«
»Nicht ich - wir. Ich habe Joy versprochen, daß ich ihr bei dem Begräbnis heute nachmittag und am Abend ein wenig zur Seite stehe. Obwohl das weiß Gott das letzte ist, wonach mir nach unseren Erlebnissen gestern der Sinn steht.«
»Mom, ich will nicht.«
»Du wirst es aber müssen, denn ich lasse dich nicht noch einmal hier allein - besonders nachdem Earl irgendwo da draußen nur auf eine Gelegenheit wartet, uns weh zu tun.«
»Ich könnte doch zu Tony rübergehen ...«
Frankie schüttelte den Kopf. »Wir belästigen Tony schon viel zuviel.«
»Er hat bestimmt nichts dagegen, Mom. Ich weiß, daß er nichts dagegen hätte.«
»Ali, er hat einen Freund zu Besuch. Glaubst du wirklich, sie hätten dich gern die ganze Woche bei sich?«
»Mit Tom bin ich bis jetzt prima klargekommen«, protestierte Ali.
»Ja, auch zu mir war er sehr nett. Aber wir sollten ihre Gutmütigkeit nicht überstrapazieren.«
»Tony hat aber gesagt, ich könne jederzeit zu ihm kommen ...«
»Ali, ich habe nein gesagt.«
»Ich gehe nicht mit. Ich habe keine Lust, den ganzen Tag in ’ner blöden Leichenhalle herumzuhängen. Ich kenne doch überhaupt keine dieser Leute.«
»Ali, ich will mich nicht mit dir streiten.«
»Ich auch nicht. Ich will nur nicht mitgehen. Könnten wir nicht wenigstens Tony anrufen und ihn fragen, ob er was dagegen hat, daß ich rüberkomme? Ich könnte ja meine Hausaufgaben oder ein Buch mitnehmen. Ich bliebe auch nur im Gästezimmer und würde nicht stören.«
Frankie fuhr sich über die Stirn. Sie begriff zu gut, was in Ali vorging. Auch sie hatte keine ausgesprochene Sehnsucht danach, den Rest des Tages mit den Trauergästen zu verbringen. Andererseits wollte sie Tony nicht noch mehr behelligen. Sie mußten einfach lernen, das Problem mit Earl selbst in die Hand zu nehmen, auch wenn das bedeutete, daß sie Ali für eine Zeitlang nicht mehr allein zu Hause lassen konnte. Es war zwar Ali gegenüber nicht fair, aber auch nicht ihr selbst gegenüber. Der Teufel soll dich holen, Earl. Warum mußtest du unbedingt zurückkommen?
»Mom?«
Seufzend drehte Frankie sich zu ihrer Tochter um. Ihre Unterhaltung mit Tony kam ihr wieder in den Sinn - all diese Gründe, warum es so wichtig war, daß sie mit ihren Problemen selbst fertig wurden. »Ich verspreche dir, daß ich nichts anstellen oder ihnen lästig fallen werde«, bettelte Ali.
»Und was ist, wenn sie vielleicht weggehen wollen?«
»Dann gehe ich nicht rüber. Dann begleite ich dich. Aber wir könnten doch wenigstens erst mal fragen.«
Frankie zögerte kurz und nickte dann. »Also gut, Ali. Wir werden ihn fragen. Aber ich rufe ihn an, und wenn er nein sagt, gibt’s keine Diskussionen mehr, verstanden?«
»Einverstanden.«
»Klar«, sagte Valenti. »Überhaupt kein Problem.«
»Ich frage nur ungern, aber ...«
»Nein, wirklich - ich freue mich, daß Ali rüberkommt. Tom mag sie auch sehr, und wir hatten ohnehin nicht vor, irgendwohin zu gehen.«
»Also, wenn das wirklich stimmt ...«
»Ich versichere Ihnen, Frankie, daß ich es Ihnen sagen würde, wenn es anders wäre. Soll ich sie abholen?«
»Nein, ich bringe sie vorbei, wenn ich in die Stadt fahre.«
Ali strahlte. »Ich wußte, er würde nicht nein sagen.«
»Ich muß mich jetzt umziehen.« Frankie mußte lächeln. Alis gute Laune wirkte ansteckend. Sie musterte ihre Tochter. »Du könntest auch eine Dusche vertragen und dir ein paar andere Sachen anziehen.«
»Bin schon unterwegs.«
Frankie schüttelte den Kopf. »Moment mal, Schätzchen. Ich gehe als erste ins Bad.«
»Tom ist hier, um mir bei dem Problem zu helfen, über das wir gestern abend gesprochen haben«, sagte Valenti zu Ali.
Die drei saßen hinter dem Haus im Freien. Der Himmel war zwar bewölkt, doch hatte es bis jetzt nicht geregnet. Valenti und Bannon saßen auf Gartenstühlen, während Ali auf den Stufen zur Veranda hockte. Ali warf Bannon einen raschen Blick zu, der seinerseits den Gastgeber stirnrunzelnd ansah.
»Ist schon in Ordnung«, beruhigte Valenti seinen Gast. »Ali und ich haben kaum Geheimnisse voreinander, stimmt’s, Ali?«
Das Mädchen nickte.
»Tatsache ist aber, daß
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