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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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eine Sache - und dazu irgendwie romantisch wie in einem Bogart-Film oder so Doch jetzt redeten sie über die Realität.
    Aber wenn sie jetzt kniffe, erführe sie nichts mehr über so viele Dinge. Über den Hirsch, über die Musik.. Außerdem war Tony ihr Freund, und Freunde ließ man nicht im Stich, wenn es ernst wurde.
    Sie lächelte ihm zu. »Worauf warten wir noch?«
    »Würdest du auch glauben, daß ein Kaninchen lesen kann?«
    Ali hob eine Hand. »Bitte, Tony, erspar uns deine schlechten Scherze.«
    »Okay, okay. Ich gehe nur kurz ins Haus, um ein paar Dinge zu holen. Dann können wir aufbrechen.«
    »Gut, aber wenn du nicht in fünf Minuten zurück bist, ziehen wir ohne dich los«, drohte Ali.
    Valenti schickte einen ratlosen Blick zu Bannon hin über. Aber der lachte nur.
    »Komm«, wandte er sich an Ali, »wir warten an Ende der Straße auf ihn.«
    Ali folgte ihm. Die Aufregung, was sie möglicherweise vorfänden, wenn sie in den Wald eindrängen war zu groß, um ihre angeborene gute Laune nicht wie der zu wecken. Als Valenti sie wenig später einholte hatte sie ihre kritische Selbstbeobachtung aufgegeben und ihre Ängste vergessen.

    Es erschien Lance nicht gerecht, daß Dooker da unter diesem Haufen Dreck im Hinterhof lag. Es ergab einfach keinen Sinn. Dooker war kein Hund, die einfach so nur herumlag. Er war ein Macher. Der verdammte Köter war noch nie ruhig gewesen, hatte immer dieses oder jenes aufgestöbert. Hatte Kaninchen und Murmeltiere gejagt. Hatte sie am Nacken gepackt und sie einmal heftig geschüttelt, was ihnen das Genick brach. Hatte sie schnell und leicht getötet.
    Es konnte doch nicht sein, daß so ein Hund tot war. Dooker war bestimmt wieder irgendwohin ausgebüchst - spielte mal wieder ’n Spielchen mit seinem Herrchen. Sah ganz so aus, als sollte Lance ihn suchen.
    Lance nickte zur eigenen Bestätigung und fuhr zu einem bestimmten Platz, wo sie beide viel Zeit zusammen verbracht hatten. Er lag an einer Seitenstraße, und in der Nähe floß ein Bach. Die Zweige der Bäume am Ufer hingen tief über das Wasser herunter, und in der Nähe gab’s ’ne Menge Felder mit vielen langsamen Murmeltieren, die nur darauf warteten, im Genick gepackt zu werden.

KAPITEL VIER
    Die Sonne schien ihm ins Gesicht, und Howie Peale erwachte. Er drehte sich auf die Seite - auf seine verwundete Schulter. Der Schmerz zwang ihn, sich schnell wieder auf den Rücken zu rollen.
    Über sich sah er auf eine niedrige Zimmerdecke. Er bewegte den Kopf, um den Rest des Raumes zu inspizieren. Wo zum Teufel ...? Die morschen Holzwände, das Regal voll alter Reader’s Digest-Ausgaben, die Ankleide mit dem gesprungenen Spiegel und beladen mit Deodorants, Make-up und Parfümfläschchen verwirrten ihn nur noch mehr. Besonders nach dem Traum, aus dem er gerade erwacht war.
    Er hatte in einem alten zerbeulten Ford irgendwo mitten im Busch gesessen. Der Wagen war nur noch Schrott, hatte nicht mal einen Motor, doch er saß hinter dem Steuer und tat so, als führe er. Ein Wagen wie dieser hatte in dem unkrautüberwachsenen Hof hinter dem Haus seiner Eltern gestanden, und er saß oft darin und hing seinen Tagträumen nach, in denen er von Al Capone bis zum Rennfahrer in einem Grand Prix jede Person verkörperte. Aber das lag nun schon Jahre zurück, während er in seinem jüngsten Traum als Erwachsener in diesem Wagen saß und ihm der Geruch nach abgewetztem Leder und altem Eisen in die Nase stach.
    Aber das war ja alles noch in Ordnung. Damit hätte er klarkommen können, keine Frage. Doch da stand dieses Riesenvieh von einem Hirsch, das sie am Abend zuvor angegriffen hatte, vor dem alten Ford und stierte ihn durch die gesprungene Windschutzscheibe an. Er erkannte die Mordlust in den Augen des Tiers - den gleichen Ausdruck, den er in Earls Augen bemerkt hatte, als er diesen Blödmann ins Jenseits befördert hatte.
    Der Hirsch umrundete den Wagen und blieb auf der Fahrerseite stehen. Howie wußte noch genau, wie er aufs Gas gestiegen war - als ob ihn der alte Ford, ohne Motor und auf Holzblöcken aufgebockt, vor dem Hirsch in Sicherheit bringen konnte. Er trat immer wieder auf das Pedal - und dann galoppierte das Biest mit gesenktem Kopf auf ihn zu, wurde größer und größer und rammte die Seite des Ford mit einem ohrenbetäubenden Krachen.
    Howie saß wie erstarrt, umklammerte das Lenkrad und sah gebannt zu, wie der Hirsch einen neuen Anlauf nahm ...
    Und dann war er plötzlich nicht mehr in dem Wagen, sondern stand auf einer

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