Grünmantel
nicht in einer Connection, ohne Anhang - und wollte eine Konzession. Du weißt, wovon ich rede? Von Drogen. Nun, dem padrone gefällt das gar nicht, und er schickt einen Vetter, um dem Kerl das klarzumachen. Nur - der Vetter kommt nicht mehr wieder. Ein paar Tage später finden sie seine Überreste an einem Haken in einem Lagerhaus des padrone . Man hatte ihn bei lebendigem Leib gehäutet, verdammt! Mario erzählte mir, er sei noch warm gewesen, als sie ihn abschnitten - der Junge hat noch ’ne ganze Zeit lebend dort gehangen ...« Valenti schüttelte den Kopf. »Jetzt wird die Sache richtig ernst. Das Problem ist, dieser Kerl, dieser Pusher, geht nie ohne ’ne ganze Horde von Bodyguards aus, und der padrone will kein Blutbad, nur um diesen Burschen auszuknipsen. Einer seiner Leute hat dann die glorreiche Idee: ›Da draußen auf der Straße laufen doch ’ne Menge Kinder rum - und wer achtet schon auf ’n Kind?‹«
Valenti sah zu Bannon hinüber. Dieser nickte, um zu zeigen, daß er zuhörte.
»Niemand. So ist das nun mal. Nicht der Kerl, auch nicht seine Muskelmänner. So habe ich meinen ersten Kontrakt bekommen. Mario hat ihn aufgesetzt. Ich habe die Knarre in der Tasche und spiele mit ’ner Gruppe Kinder Ball. Der Ball rollt auf den Wagen des Burschen zu, und ich laufe hinterher, um ihn zu holen. Sein Leibwächter im Wagen achtet nicht auf mich - Jesus, ich bin doch noch ’n Kind, oder? Also laufe ich direkt zum Wagen, gebe zwei Schüsse ab - und weg bin ich.«
»’ne beschissene Art, so was von ’nem Kind erledigen zu lassen.«
»He, das war doch das einzige Geschäft, von dem ich auch in Zukunft etwas verstehen sollte.« Valenti blieb stehen, um sein Argument zu unterstreichen, und Bannon drehte sich nach ihm um. »Ich bin nicht irgendso ’n Cowboy, der coltschwingend durch die Gegend läuft. Ich habe nie ’ne Sache zweimal auf dieselbe Art erledigt. Ich war gut in meinem Job und hatte auch nie Probleme mit dem padrone - da gab’s keine Mißverständnisse, capito? Da mußte es schon knüppeldick kommen, ehe er jemand auf die Abschußliste setzte.«
»Das habe ich aber anders gehört«, erinnerte ihn Bannon.
Valenti nickte. »Sicher, die Dinge änderten sich allmählich. Der padrone wurde alt; vielleicht hatte er den Überblick verloren. Ich weiß es nicht. Aber meistens bestanden die Aufträge, die ich für die Magaddino-Familie zu erledigen hatte, nur im Reden, verstehst du? Ich wurde zu ’nem Burschen geschickt - entweder schuldete er Geld oder ’nen versprochenen Gefallen, vor dem er sich dann zu drücken versuchte. Was auch immer es war, in den alten Tagen passierten nicht viele Morde. Das war nicht gut fürs Geschäft.«
»Wer kann schon Ärger gebrauchen?« nickte Bannon.
»Genau. Wer kann den schon gebrauchen? Doch wie die Dinge jetzt stehen ...« Valenti schüttelte den Kopf. »Ich sage dir, ich schlage die Zeitung auf oder sehe mir die Nachrichten an und kann nicht glauben, was ich da sehe. Ich spreche nicht von dem Mist im Nahen und Mittleren Osten - ich meine die merkwürdigen Typen da draußen. Serienkiller nennen sie sie. Was sind das für Kerle, die nur aus Spaß morden? Ich kann ja verstehen, wenn ’n Bursche wütend wird und dabei ’n bißchen durchknallt, und ich verstehe das auch, wenn’s ums Geschäft geht. Doch was für ’n Kerl mordet aus Spaß?«
Bannon schüttelte den Kopf und tippte mit dem Finger gegen die Schläfe.
»So ist es.« Valenti schaute nach vorn. Ali war nicht mehr zu sehen. »Gehen wir weiter, sonst ist Ali schon wieder auf dem Rückweg.«
Bannon fiel in sein Schrittempo ein.
Ali hatte sich wie ein junger Hund gebärdet, der an seiner Leine zerrt. Schließlich hatte Valenti sie vorausgeschickt. »Geh schon vor und sieh dir die Gegend an. Wir kommen nach.«
Sie war davongerannt und freute sich an dem Gefühl der Freiheit, das ihr der Wald vermittelte. Nach einem kurzen Sprint wurde sie langsamer, schaute in Erdlöcher und nahm alles ringsum neugierig in sich auf. Ein Schimmern erregte schließlich ihre Aufmerksamkeit, doch es war nur das Silberpapier einer Zigarettenschachtel, zu einem kleinen Ball zusammengedrückt. Da war die lange Reihe der Ameisen, die im Einheitstempo über den Pfad liefen, viel interessanter. Ali schob das Unterholz zur Seite, um zu sehen, wo sie herkamen, rümpfte aber die Nase, als sie das tote Backenhörnchen entdeckte. Sie ließ die Zweige zurückschnellen und eilte weiter den Pfad entlang.
Er verlief in zahllosen
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