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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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hatte schon viele gesehen - zumindest im Zoo. »Er war so groß wie ’n Elch.«
    »Vielleicht war’s ’n Elch«, meinte Sherry.
    Howie schüttelte den Kopf. »Nee, das war schon ’n richtiger Hirsch. Er war plötzlich da und rammte uns, während wir auf so ’nem Feldweg irgendwo südlich von hier parkten. Passiert das hier öfter?«
    »Was - daß Hirsche Autos angreifen?« fragte Lisa zurück.
    Howie nickte.
    »So was höre ich jetzt zum ersten Mal.«
    »Oben in den Rockies habe ich schon mal gesehen, wie Longhorn-Rinder einen Wagen einkreisten. Aber sie haben ihn nicht angegriffen«, meinte Sherry.
    »Und dann war da diese seltsame Musik«, fuhr Howie fort und suchte nach einer verständlichen Beschreibung. »Sie klang so ... so bedrohlich.«
    Die beiden Frauen warteten darauf, daß er fortfuhr. Als er schwieg, lachte Lisa.
    »Nimmst du öfter Drogen?« fragte sie.
    »Was? Nein, ich meine, ich war in dem Moment nicht high.« Er hatte sagen wollen, daß die Musik irgendwie mit dem Angriff des Bocks in Zusammenhang stand. Er wußte nur nicht, wie er damit herauskommen sollte, ohne wie ein Idiot zu klingen.
    »Nun, vielleicht sollten wir uns jetzt was gönnen«, schlug Lisa vor. »Wie ist Ihre Meinung, Dr. Mallon?«
    »Ich würde ’n paar gute, tiefe Züge aus ’nem Hasch-Joint verschreiben«, nickte Sherry.
    Lisa sah Howie an. »Was ist mit dir, Matrose?«
    »Klingt vielversprechend.«
    Er hatte sich zwar ’n bißchen unbeholfen angestellt, die Sache zur Sprache zu bringen, aber wenigstens hatte er es nicht im Beisein von Earl getan. Weiß der Himmel, wie Earl reagiert hätte. Jetzt, als Howie drüber nachdachte, hielt er selbst es nicht mehr für besonders klug, daß er überhaupt darüber gesprochen hatte. Doch die Erinnerung an die Musik hatte ihn dazu verleitet, und er war entschlossen, dorthin zurückzugehen und sie noch einmal zu hören. Es lag etwas darin, das sollte ihm weh tun, das wollte ihm immer noch weh tun. Ihm war nicht klar, woher er das wußte, aber er wußte, daß es stimmte. Trotzdem mußte er dorthin zurückkehren.
    »Hier, Howie.« Sherry reichte ihm den Joint. »Nimm ’nen Zug.«
    Lächelnd nahm er den Joint und verdrängte seine seltsamen Gedanken. Zum Teufel damit. Er würde sich später darüber den Kopf zerbrechen. Just im Moment hatte er zwei bildhübsche Hasen bei sich, rauchte Dope und hatte vielleicht auch noch ’n bißchen Spaß in Aussicht. Der Bock und die Musik konnte warten - und Earl auch, wenn er es recht bedachte.
    Er sog an dem Joint, inhalierte den Rauch tief in die Lungen und betrachtete die beiden Frauen. Vielleicht hatte er Schwein, daß ihm eine davon einen blies. Jesus, vielleicht hatte er noch mehr Schwein, und beide bliesen im Duett. Er grinste und spürte, wie sein Schwanz unter dem Tisch steif wurde. Er nahm noch einen tiefen Zug, ehe er den Joint weitergab.

KAPITEL FÜNF
    »Du bist wohl total verrückt geworden, in Gegenwart des Kindes von diesen Dingen zu reden«, meinte Bannon leise.
    Valenti sah nach vorn, wo Ali zwischen den Büschen schon fast nicht mehr zu sehen war. Sie folgten dem Weg, der inzwischen zu einen schmalen Pfad geschrumpft war. Offenbar aber benutzt ihn jemand regelmäßig, dachte Valenti, sonst wäre er längst von Unkraut überwachsen. Aber wer? Nur ein paarmal hatte er hier Leute gesehen. Sie kamen in einem zerbeulten Kombi, den sie in der Nähe seiner Einfahrt auf der Straße parkten - meist ein älterer Mann mit einem jüngeren Paar und drei oder vier Kindern, in ärmlichen Kleidern, aber sauber.
    Das letzte Mal waren sie im Herbst gekommen. Valenti vermutete aufgrund der Rucksäcke und Pakete, die sie mitschleppten, daß sie nur zum Picknick herausgekommen waren. Oder sollten sie etwa die Sachen jemandem gebracht haben, der irgendwo dort draußen lebte? Vielleicht diesem Tommy, der die Musik machte? Oder Mally?
    »Ich sage dir, das bringt nur Schwierigkeiten«, brummte Bannon.
    »Ali ist ein gutes Kind«, erwiderte Valenti. »Mit ihr wird’s keine Probleme geben.«
    Bannon schüttelte den Kopf. »Für sie ist das alles im Moment nicht real. Eher wie ’n Spiel oder ’n Film oder so was. Doch was ist, wenn ihr klar wird, daß du wirklich in der Familie warst, wenn ihr klar wird, was die Familie eigentlich ist?«
    »Ich denke, sie versteht das.«
    »Unsinn. Sie ist doch noch ’n Kind.«
    »Ich war erst dreizehn, als ich meinen ersten Auftrag erledigte.«
    »Mit dreizehn?«
    »Yeah. Da tauchte ein Bursche in der Nachbarschaft auf -

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