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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Windungen durch den Wald. Ungefähr eine Meile von der Stelle, an der die Straße bei Tonys Haus endete, traf er auf einen Bach. Ali blieb stehen und betrachtete zweifelnd die Geröllbrocken, die man als Trittsteine benutzen konnte.
    Der Pfad führte auf der anderen Seite des Baches weiter, der hier offenbar am schmalsten war, soweit Ali das erkennen konnte. Er war an dieser Stelle höchstens sieben Fuß breit. Weiter ober- und unterhalb verbreiterte sich das Bachbett auf acht oder neun Fuß, und dort gab es auch keine Steine. Ali fragte sich, ob Tony in der Lage war, hier den Bach zu überqueren. Sie beschloß, selbst auf die andere Seite zu gehen, um festzustellen, wie schwierig es sein würde.
    Es zeigte sich, daß die Steine fast wie zu einem Muster angeordnet waren. Man trat auf den ersten, und genau dort, wo der andere Fuß hinschwang, lag schon der nächste. In wenigen Augenblicken stand Ali auf der anderen Seite.
    Das ist aber komisch, dachte sie und hockte sich auf den Boden, um auf Tony und Tom zu warten. Wenn man auf die Steine hinuntersah, erschien es gar nicht so einfach, den Bach zu überqueren. Es war fast wie bei einer optischen Täuschung.
    Ali beugte sich vor, um die Steine näher in Augenschein zu nehmen. Plötzlich hörte sie hinter sich ein Rascheln im Gebüsch. Furcht stieg in ihr hoch, und sie drehte sich langsam um. Ihre Furcht schwand auch dann nicht ganz, als sie Mallys schmales Fuchsgesicht aus den Zweigen der Weiden, die auf dieser Seite des Baches wuchsen, auf sie herabschauen sah.
    »Hallo, Ali. Was tust du da?« Mally blieb, wo sie war, und die breite Hutkrempe beschattete ihre Augen.
    »Mally!« Ali lächelte mühsam. »Ich habe gehofft, dich zu treffen. Ich wollte sehen, wo du wohnst.«
    »Ich wohne hier.«
    Ali sah sich nach allen Seiten um und ließ den Blick an Mally vorbei zum dichten Waldrand hinüberschweifen, sah aber nur Zedern, Ahorn, Pinien, Eichen. »Hier?« fragte sie.
    Mally lächelte. »Ja, hier - im Wald.« Sie schüttelte den Kopf, als sei es ihr unverständlich, warum es Ali schwerfiel, eine solch simple Erklärung zu begreifen.
    »Ja, aber ...«
    »Wohin gehst du?« unterbrach Mally sie. »Zu dem Obelisken oder zum Dorf?«
    »Ich wußte ja nicht mal, daß es hier draußen etwas gibt - ich meine, außer dem Wald und dir. Und deinem Freund Tommy.«
    »Ich kenne Tommy kaum«, behauptete Mally. »Ich gehöre dem Mond, verstehst du, während er einem Mysterium gehört.«
    »Einem Mysterium?«
    »Dem Hirsch. Der Musik.«
    »Ach so«, meinte Ali zögernd, obwohl Mallys Worte eigentlich überhaupt nichts erklärten. Sie wollte noch etwas sagen, als Mally wie ein erschrecktes Reh den Kopf hob und den Pfad entlangspähte.
    »Da kommen ein paar Männer«, flüsterte sie und kroch tiefer zwischen die Zweige.
    »Alles in Ordnung. Das sind nur Tony - den du ja schon kennst - und ein Freund von ihm, Tom Bannon.«
    »Ich kann nicht bleiben.«
    »Niemand wird dir etwas tun«, versprach Ali.
    Mally lächelte und zeigte dabei die Zähne. »Ich weiß. Doch ehe ich mich dem Fremden zeige, möchte ich wissen, wie er auf die Musik reagiert.«
    »Aber ...«
    »Geh nach links, wo der Pfad sich gabelt, wenn du zum Stein willst. Rechts geht’s zum Dorf.«
    »Aber was hat es auf sich mit dem Stein, mit dem Dorf?«
    »Auf Wiedersehen, Ali!«
    »Mally, so warte doch!«
    Aber das wilde Mädchen war schon verschwunden.
    Ali wollte ihm nachlaufen, überlegte es sich aber dann anders.
    Seufzend drehte sie sich um und sah Tony und Tom näher kommen.

    »Ich weiß nicht.« Valenti betrachtete die Trittsteine. »Gehen ist eine Sache - wenn ich langsam gehe, ist es okay. Aber Springen - das ist was anderes.«
    »Versuch’s doch einfach, Tony. Du wirst staunen, wie einfach es ist.«
    »Du hast gut reden.«
    »Du benimmst dich wie ein kleines Kind.«
    Valenti sah Bannon an, fand aber auch hier keine Unterstützung. »Okay. Ich versuch’s ja schon.«
    Ali beobachtete sein Gesicht, als er auf den ersten Stein trat und den nächsten suchte. Auf die Konzentration des ersten Augenblicks folgte die Freude über die Leichtigkeit, mit der er den Bach überquerte. In wenigen Augenblicken stand er am anderen Ufer. Bannon folgte ihm, und auch ihm war die Überraschung vom Gesicht abzulesen.
    »Was habe ich dir gesagt?« rief Ali fröhlich.
    Valenti lächelte. »Also schön. Diesmal hast du recht gehabt.«
    Ali versetzte ihm einen leichten Stoß gegen die Schulter. »Du hast Mally verpaßt.«
    »Dein wildes

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