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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Mädchen?« fragte Bannon und schaute sich um. »Es war hier?«
    Ali nickte. »Aber es ist schon wieder weg. Mally sagte, dieser Pfad führt uns entweder zum Stein oder zum Dorf. Verstehst du vielleicht, was sie damit meint, Tony?«
    Valenti schüttelte den Kopf. »Ich habe mir, ehe wir losgingen, noch einmal ganz genau die Karte angeschaut. Das hier ist der Black Creek. Nach Südosten erstreckt sich Hügelland bis zum Snake Mountain hoch, nach Norden Marschland. Aber nirgends waren Häuser oder ein Dorf verzeichnet.«
    »Wie lange sind wir jetzt gelaufen?« fragte Ali.
    »Fünfunddreißig, vierzig Minuten.« Bannon sah Valenti an. »Schaffst du es noch ein Stück weiter?«
    Valenti nickte. »Sicher. Mir geht’s gut. Ein Stein - ein Dorf. Herr im Himmel, was meint sie denn damit?«
    Ali grinste. »Es gibt nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.«
    »Also los, lüften wir das Geheimnis.«
    Ali und Bannon blinzelten sich zu. Diesmal blieb Ali bei den Männern.

    Es dauerte beinahe noch weitere vierzig Minuten, bis sie die Gabelung des Pfades erreichten. Der Pfad verlief weiterhin in Windungen und schien manchmal sogar Kehrschleifen zu bilden. Ringsum wuchsen jetzt fast nur noch Zedern. Die Lichtungen, die sie überquerten, waren von großen Wacholderbüschen gesäumt.
    »Nach links geht es zum Stein«, sagte Ali. »Rechts führt der Weg zum Dorf.«
    »Ich bin für das Dorf«, meinte Valenti. »Ich möchte diesen Tommy kennenlernen.«
    Bannon nickte zustimmend. Auch Ali war einverstanden, obwohl sie gern erfahren hätte, was es mit diesem Stein auf sich hatte. Sie folgten der rechten Abzweigung. Nach ungefähr fünf Minuten mündete der Pfad auf einem weiten, leicht ansteigenden Feld. Sie erreichten den sanften Grat - und schauten plötzlich in ein kleines Tal.
    »Meine Güte!«, rief Valenti aus.
    Die beiden anderen schwiegen, waren aber ebenso überrascht. Unter ihnen lag eine kleine Ansammlung von Hütten, die einem Bildband über altertümliche britische Dörfer entnommen zu sein schienen. Die Gebäude waren aus groben Feldsteinen und Holz gebaut und mit Stroh gedeckt - mit Ausnahme der Scheunen und einer Hütte, die den Hängen des Snake Lake Mountain zur Linken am nächsten lag.
    »Das ergibt doch keinen Sinn«, sagte Ali schließlich. »Wieso gibt es hier ein Dorf, und keiner weiß was davon?«
    »Woher wollen wir wissen, daß niemand es kennt?« fragte Valenti. »Mit wie vielen Menschen haben wir denn bisher darüber gesprochen?«
    »Stimmt auch wieder«, räumte Ali ein.
    Sie blieben noch eine Weile stehen und schauten auf das kleine Dorf hinunter. Bei den Hütten war Bewegung, Leben. Wahrscheinlich Leute, die in ihren Gärten arbeiten, dachte Ali. An den Hängen auf der anderen Seite des Dorfes sah sie Schafe weiden.
    »Was ist?« meinte Bannon. »Gehen wir runter?«
    Valenti wechselte einen Blick mit Ali, und gemeinsam stiegen sie den sanften Hang zum Dorf hinunter.

KAPITEL SECHS
    Als Brenda Maxwell am Montagmorgen erwachte, lag Lance nicht mehr neben ihr. Sie dachte an die letzte Nacht, als sie das Grab für Dooker ausgehoben hatten und Lance lange in gebeugter Haltung davor stehengeblieben war. Er wäre wahrscheinlich nicht mehr schlafen gegangen, wenn sie ihn nicht beim Arm genommen und ins Haus und über die Treppe nach oben geführt hätte.
    Sie hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, wo er sein mochte. Sie stand auf, schlüpfte in ihren Bademantel und ging nach unten. Durch das Küchenfenster sah sie ihn am Rand ihres Grundstücks stehen - vor dem frisch aufgeworfenen Erdhügel, Dookers Grab.
    Acht Jahre lang sind Lance und der Hund unzertrennlich gewesen, dachte sie. Die verschiedenen Jobs, die Lance in dieser Zeit verrichtete, hatten sie keine Minute trennen können. Abschleppdienst, Landrodung, Hausbau - alles Jobs für Ungelernte, aber zumindest hatte Lance damit die dürftige Sozialhilfe etwas aufbessern können. Das Bauernhaus, in dem sie wohnten, gehörte früher Lance’ Vater. Jetzt hatten sie es von der Bank gemietet. Der übrige Grund und Boden war nach und nach verkauft worden, doch keiner wollte das alte Haus haben. Und keiner wollte die Maxwells.
    Es war nicht immer so gewesen, doch die Zeiten änderten sich, und was sollte man schon machen? Sie hatten ihre Probleme miteinander. Geldsorgen. Die ständige Arbeitssuche. Sie bemühten sich, die Dinge am Laufen zu halten. Aber der neuerliche Wandel von Lance paßte nicht in dieses schon gewohnte Schema. In ihren Illustrierten hatte

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