Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)
oben auf die Seite und legt los. Wenn man richtig im Schreibfluss ist, unterbricht man sich, nimmt ein zweites Blatt, schreibt wieder den gewählten Aspekt auf das Blatt, schreibt los und unterbricht sich mitten im Schreibfluss. Das führt man insgesamt dreimal aus.
Warum funktioniert es?
Freewriting klingt fast zu einfach, um gut sein zu können, doch es funktioniert tatsächlich. Das Schreiben besteht aus drei Funktionen: Die expressive Funktion, das Ausdrücken von etwas, kommt zum Tragen wenn der Text nahe an gesprochener Sprache ist. Die poetische Funktion ist das Darstellen von Inhalten in sprachlichen Bildern. Die transaktionale Funktion des Schreibens erklärt den Lesern einen Inhalt. Der britische Erziehungswissenschaftler James Britton fand heraus, dass ein Sachtext umso besser geschrieben wird, wenn zuvor die poetischen und expressiven Funktionen des Schreibens angesprochen wurden, zum Beispiel mit einer Schreibübung wie dem Freewriting.
Der Schreibforscher John R. Hayes entdeckte, dass wir, wenn wir einen Satz zu schreiben beginnen, das Satzende noch nicht kennen. Der Gedanke entwickelt sich also erst während und durch das Schreiben. Je bewusster durchdacht, um nicht z u sagen „zerdacht“ der Gedanke ist, desto langweiliger und trockener fällt der Text aus. Unzensiertes Schreiben ermöglicht originelle, lebendige Ideen. Das ist ein weiterer Erklärungsansatz, warum das Freewriting eine Erfolg versprechende Schreibtechnik ist.
Die eigene Schreibstimme nutzen
Wenn man mit dem Schreiben anfängt, fragt man sich oft, wie man bloß an eine tolle Schreibstimme kommt. Kann man sie trainieren wie einen Muskel? Und auch, wenn man schon länger schreibt, gibt es immer wieder Tiefs, in denen man entweder überzeugt ist, gar keine eigene Stimme zu besitzen oder nur über ein misstönendes Etwas zu verfügen, dem Äquivalent einer rostigen Gießkanne im Vergleich zu den Posaunen der anderen Schreiber.
Die Summe unserer Ausdrucksfähigkeit
Sich allzu viele Sorgen über die eigene Schreibstimme zu machen ist eigentlich sinnlos. Jeder hat eine, sie ist die Summe unserer Ausdrucksfähigkeit. Mit „jeder“ ist wirklich jeder Mensch gemeint, man braucht nicht Schriftsteller zu sein, um über eine eigene Stimme zu verfügen. Das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass wir von Menschen, die wir kennen, nur einen Auszug eines Textes zu lesen brauchen, ein Stück Brief auf dem Schreibtisch, ein kurzer Blick auf eine E-Mail, um erkennen zu können, wer das geschrieben hat. Das liegt nicht nur am Inhalt, sondern eben auch am verwendeten Vokabular, am Satzbau, am Gebrauch der Grammatik einschließlich der sogenannten Fehler, am Humor usw. Noch deutlicher wird die Existenz einer eigenen Stimme, wenn uns jemand erzählt, ein Dritter , den wir kennen, habe dies oder jenes gesagt. Sobald wir das Zitat hören wissen wir entweder, „Das kann er nicht gesagt haben, denn er drückt sich nicht so aus.“ Oder aber „Ja, das klingt genau nach ihm.“
Den Mensch hinter den Worten zeigen
Schön und gut, man hat also eine eigene Ausdrucksweise, aber warum scheint diese zu versickern, sobald es um richtige, wichtige Texte geht? Zunächst muss man sich bewusst machen, dass wir mit unserer Schreibstimme oft nicht zufrieden sind, weil sie uns so unendlich vertraut ist. Wir scheinen immer gleich zu klingen und finden das langweilig, während andere Stimmen ungewöhnlich und aufregend klingen. Das ist in der Regel nur ein Wahrnehmungsproblem, aber natürlich ist es auch möglich, dass die Schreibstimme tatsächlich nicht gut klingt. Häufig liegt es daran, dass ein unsicherer Autor sich hinter den Worten zu verstecken versucht, indem er nicht mit der eigenen Stimme schreibt, sondern eine fremde nachahmt. Man möchte so klingen wie eine Lieblingsautorin oder man traut sich nicht, etwas eigenständiger, freier, ungewöhnlicher auszudrücken und verwendet stattdessen eine konventionelle, ausgestanzte Sprache – der Text wird leblos, er kann gut aufgebaut sein, doch ihm fehlt etwas. Man hört den Menschen hinter den Wörtern nicht mehr.
Methoden, um die eigene Schreibstimme zu nutzen
Die eigene Schreibstimme zu benutzen hat auch etwas damit zu tun, ehrlich und wahrhaftig zu schreiben, also authentisch zu sein. Deswegen fördert freies, unzensiertes und unüberplantes Schreiben die eigene Stimme zutage. Man muss sie sich nicht antrainieren, weil sie schon da, aber man kann sich darin
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