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Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Titel: Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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Ich billige die Müllwagenaktion nicht, akzeptiere
     sie als Notwehr und werde, obwohl mein Beamteneid mich in Konflikt bringt, schweigen. Ich versichere Ihnen, auch ich habe
     Freunde, Einfluß, eine gegen meine Neigung, doch offenbar nicht gegen meine Begabung, jetzt schon fast dreißig Jahre währende
     makellose Dienstzeit hat mir hochgestellte Freunde verschafft, die den Vollzugsstopp beschleunigen werden. Nur: verschaffen
     Sie mir Zeit.«
    Bogakov, der inzwischen den Stadtplan gemeinsam mit Tunç studiert hatte, sah die einzige Möglichkeit in einem Umweg, einer
     fingierten Panne, notfalls einer Pause in einer stillen Seitenstraße. Jedenfalls wurde Scholsdorff die Zeit versprochen. Noch
     bevor Schirtenstein zu sprechen |442| beginnen konnte, unterbrach er sich selbst durch ein heftiges Schscht, Schscht – Leni sang wieder.
    Wie dein Leib so schön geschwellt
    Golden reift der Wein am Hügel
    Ferne glänzt des Weihers Spiegel
    Und die Sense klirrt im Feld
    Pelzers Kommentar dazu, nachdem zunächst eine lediglich durch Lottes spöttisches Gekicher unterbrochene, fast weihevolle Stille
     geherrscht hatte: »Es stimmt also, sie ist tatsächlich von ihm schwanger.« Womit bewiesen werden könnte, daß selbst hohe Poesie
     einen popularisierbaren Mitteilungswert hat.
    Der Verf. brach hier zum erstenmal, bevor er die festlich gestimmte Gesellschaft verließ, seine Neutralität, indem auch er
     sein Scherflein in den Leni-Fonds einzahlte.
     
    Nachdem er am folgenden Tag schon gegen halb elf morgens durch Scholsdorff vom Gelingen des Aufschubs informiert worden war,
     las er am übernächsten Tag in einer Lokalzeitung unter der Überschrift »Müssen es Ausländer sein?« folgenden Bericht: »War
     es Sabotage, Zufall, eine Wiederholung des umstrittenen Müll-Happenings, oder was war es, daß gestern früh kurz vor sieben
     ein von einem Portugiesen gefahrener Wagen der Müllabfuhr, der um diese Zeit drei Kilometer westlich in der Brucknerstraße
     hätte Dienst tun sollen; daß ein zweiter von einem Türken gefahrener Wagen der Müllabfuhr, der fünf Kilometer östlich in der
     Kreckmannstraße hätte Dienst tun sollen, an der Ecke Oldenburger und Bitzerathstraße zusammenstießen? Und wie kam es, daß
     ein dritter, von einem Deutschen gefahrener Wagen der Müllabfuhr, das Einbahn-Schild mißachtend, ebenfalls in die Bitzerathstraße
     hineinfuhr und dort eine Laterne rammte? Wirtschaftskreise, |443| die in dieser Stadt Rang und Namen, die um diese Stadt Verdienste haben, haben der Redaktion Nachrichten zukommen lassen,
     denen gemäß es sich hier um eine geplante Aktion handeln muß. Denn, wie merkwürdig: der türkische und der portugiesische Fahrer
     wohnen beide in einem übel beleumundeten Haus der Bitzerathstraße, das gestern im Einvernehmen mit dem Sozialdezernat und
     der Sittenpolizei geräumt werden sollte. ›Gönner‹ einer gewissen Dame, der man nachsagt, sie gehöre dem Gunstgewerbe an, haben
     durch unverhältnismäßig hohe ›Darlehen‹ die Räumung verhindert, die durch das unbeschreibliche Verkehrschaos (siehe Foto)
     sabotiert wurde. Die beiden ausländischen Fahrer, die von den Botschaften ihres Landes als politisch unzuverlässige Elemente
     bezeichnet wurden, sollte man vielleicht doch einmal unter die Lupe nehmen. Hat man nicht neuerdings öfter erfahren, daß Ausländer
     sich zuhälterisch betätigen, und wir wiederholen – wie ein ceterum censeo – die Frage: Müssen es immer Ausländer sein? Der offenbar skandalöse Fall wird weiterhin untersucht. Ein bisher Unbekannter,
     der sich unter fadenscheinigen Vorwänden als ›Existentialist‹ bei den obengenannten Wirtschaftskreisen eingeschlichen und
     dem man gutgläubig gewisse Auskünfte gegeben hatte, wird als Urheber der Aktion vermutet. Der Sachschaden beträgt nach vorläufigen
     Schätzungen ungefähr sechstausend Mark. Was das mehrstündige Verkehrschaos an ausgefallener Leistung gekostet haben mag, kann
     kaum geschätzt werden.«
    Der Verf. flog nicht aus Feigheit, nein aus Sehnsucht – nein, nicht nach Rom, nach Frankfurt, von dort fuhr er mit dem Zug
     nach Würzburg, wohin Klementina strafversetzt worden ist, nachdem man auch sie verdächtigt hat, ihm gegenüber Indiskretionen
     in Sachen Rahel Ginzburg begangen zu haben. Sie – Klementina – erwägt inzwischen nicht nur mehr, sie hat sich entschlossen,
     die |444| Haube auszuziehen, ihr kupferrotes Haar voll zur Geltung zu bringen.
     
    Es sollte hier vielleicht

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